Welche Auswirkungen kann diese schwere Zeit auf die Partnerschaft haben?

Autor:  Iris Lein-Köhler, Barbara Grießmeier, Zuletzt geändert: 23.08.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e241478

Die schwere Erkrankung Ihrer Tochter/Ihres Sohnes und die damit verbundenen Veränderungen im Familienalltag wirken sich auch auf Ihre Partnerschaft aus, denn Sie sind nicht nur als Eltern, sondern auch als Paar ein Team und gemeinsam in Ihrer Familie die wichtigsten Erwachsenen.

Die meisten Menschen wünschen sich nichts sehnlicher, als eine Partnerschaft zu haben, die durch „dick und dünn“ trägt und viele Eltern fragen sich, ob ihre Beziehung den neuen Belastungen Stand halten wird. Ein „Wir-Gefühl“ aufrechtzuerhalten, sich gegenseitig zu stärken und zu unterstützen, um dem Kind/den Kindern einen sicheren Rahmen zu geben, ist eine große Herausforderung für alle Eltern eines krebskranken Kindes/Jugendlichen: Im Nachhinein berichten viele, dass sie diese Zeit zusammengeschweißt habe - andere jedoch haben diese Zeit als Krise erlebt, der ihre Partnerschaft kaum gewachsen war.

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Oft muss der Vater aus dem Schlafzimmer ausziehen

Paare, die vor der Erkrankung ihres Kindes eng verbunden waren und offen über alles reden konnten, finden leichter Wege, ein gutes Team zu bleiben. Eltern, die schon länger mit ihrer Beziehung nicht mehr glücklich waren, wo der intensive Austausch zum Erliegen gekommen ist oder es nur noch das „gemeinsame Projekt Kinder“ gibt, haben es deutlich schwerer.

Es ist vollkommen natürlich, dass Paaraktivitäten in den Hintergrund geraten, wenn Kinder in der Familie aufwachsen und die Aufmerksamkeit ihrer Eltern brauchen. Im Verlauf jeder Beziehung gibt es Zeiten intensiver Zweisamkeit und Phasen, in denen die Alltagsorganisation viel Zeit beansprucht und die Partnerschaft davon zehrt, dass man sich gut kennt und aufeinander verlassen kann.

Zeiten von Krankheit oder andere Belastungen (wie drohender Arbeitsplatzverlust, Jobwechsel oder Umzüge) führen zwangsläufig zu Stress und dazu, dass Paare sich neu abstimmen müssen: Das geht meist nicht ohne Auseinandersetzungen, Konfliktklärungen und Kompromisse. Wenn Sie solche Zeiten schon miteinander durchgestanden haben, können Sie jetzt auf diese Erfahrungen zurückgreifen – auch wenn die lebensbedrohliche Erkrankung Ihrer Tochter/Ihres Sohnes wahrscheinlich mit einem nie gekannten Ausmaß an Sorge verbunden ist.

Eine Liebe, die schwere Zeiten übersteht, ist eine der wertvollsten Erfahrungen, die Paare durchleben können. Zentrale Themen des Zusammenlebens rücken in anstrengenden Phasen in den Vordergrund und plötzlich wird sichtbarer, was wirklich wichtig ist:

  • Was verbindet uns?
  • Wie gut können wir uns aufeinander verlassen?
  • Wie gut gelingt es uns, mit Stärken und Grenzen umzugehen?
  • Wie können wir mit Ängsten umgehen und über Gefühle sprechen?
  • Wie unterstützen wir uns gegenseitig?

Es ist ja nicht das erste Mal, dass Sie Ihre Beziehung an neue Bedingungen anpassen müssen: Bereits mit der Geburt des ersten Kindes haben Sie Aufgaben neu verteilt, Rollen neu gelernt und knappe Zeitfenster für Zweisamkeit gesucht. Wenn Sie mehrere Kinder haben oder Ihre Tochter/Ihr Sohn schon etwas älter ist, können Sie wahrscheinlich auf noch mehr Erfahrungen zurückgreifen, die Sie als Eltern und Paar schon mit Veränderungen gemacht haben.

Natürlich ist es eine viel größere Herausforderung für die Paarbeziehung, wenn ein Kind lebensbedrohlich erkrankt und Sie über einen langen Zeitraum die Organisation des Familienalltags unter den Bedingungen der Behandlung stemmen: Hier können unterschiedliche Herangehensweisen von Vater und Mutter die Kommunikation miteinander erschweren. Häufig bleibt kaum noch Zeit für die Eltern als Paar. Oft ist zwar Arbeitsteilung sinnvoll: Eine/r übernimmt überwiegend die Begleitung des erkrankten Kindes und der/die andere hält den Familienalltag daheim am Laufen und/oder sorgt für die finanzielle Absicherung – doch so können sich Eltern bald in zwei verschiedenen „Welten“ wiederfinden, die sich in nur wenigen Punkten überschneiden.

Auf jeden Fall werden die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Krebserkrankung eines Kindes jede/n Einzelne/n und die Beziehung zueinander verändern: im besten Fall hin zu Wachstum und Reife. Im Folgenden wird beschrieben, wie PartnerInnen unter hoher Belastung durch die Erkrankung eines Kindes (weiter) gut miteinander kommunizieren, anstehende Herausforderungen gemeinsam angehen und Beziehungsstress geringhalten können.

In Partnerschaften, die aus unterschiedlichen Gründen schon längere Zeit unter Druck stehen, haben es beide besonders schwer, gemeinsame Bewältigungswege zu finden: Deshalb wird in einem weiteren Teil beschrieben, was Eltern in unzufriedeneren Beziehungen möglicherweise erleben und worauf es ankommt, um diese Zeit trotzdem zu bestehen und für ihr Kind da zu sein.

Wie können Sie gut miteinander im Kontakt sein?

Erinnern Sie sich noch an die erste Zeit, als Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin kennengelernt haben? Wahrscheinlich haben Sie damals tage- und nächtelang miteinander geredet und sich dabei von alltäglichen Themen zu immer intimeren und persönlicheren Inhalten vorgewagt. Sie haben sich Dinge erzählt, die Sie sonst niemandem anvertraut haben und waren zutiefst berührt, wenn Sie sich verstanden und angenommen gefühlt haben. Die Nähe, die dabei entstanden ist, war vermutlich die Basis für Ihre heutige Beziehung.

In der Zwischenzeit haben Sie ein oder mehrere Kinder bekommen, der Alltag fordert seinen Tribut, es gab Streit und sicherlich sind auch Verletzungen zwischen Ihnen vorgefallen – andererseits sind Sie einander auch immer vertrauter geworden und haben sich als Elternpaar eingespielt. All dies hat wahrscheinlich dazu geführt, dass sie wesentlich weniger miteinander sprechen als in Ihrer Anfangszeit als Paar. Häufig geht es dann in Gesprächen um Organisatorisches oder Absprachen in Alltagsdingen und seltener darum, was Sie im Inneren fühlen oder befürchten. Vielleicht sind Momente der Nähe kostbar geworden oder Sie haben sich als Paar im Familienalltag etwas aus den Augen verloren – vielleicht haben Sie aber auch ganz bewusst Rituale entwickelt, die Ihre Partnerschaft nähren und stärken.

Möglicherweise ist die Geschichte Ihrer Partnerschaft aber auch ganz anders: Sie haben sich getrennt und sind „nur noch“ gemeinsam Eltern für Ihre Kinder oder Sie sind eine neue Partnerschaft eingegangen und Sie selbst oder Ihr Partner/Ihre Partnerin haben Kinder mit in die Beziehung gebracht.

Tipps, um gut miteinander im Kontakt zu sein:

Wie können Sie – insbesondere in der Krise mit einem schwerkranken Kind – in gutem Kontakt zueinander bleiben oder wieder dazu zurückfinden und so gemeinsam diese Zeit bestehen? So banal es klingen mag: indem Sie miteinander sprechen!

Versuchen Sie, sich mindestens einmal pro Woche ausführlich auszutauschen: Reden Sie dabei nicht nur über Organisatorisches, sondern vor allem darüber, wie es Ihnen geht, was Sie fühlen und befürchten, was Sie brauchen und was Sie sich vom anderen wünschen.

Durch Schweigen aus Zeitnot, Angst vor Auseinandersetzungen oder Rücksicht auf die/den andere/n; zu große Anspannung und Unsicherheit oder weil Sie sowieso zu wissen glauben, was der/die andere fühlt und denkt, kommt es leicht zu Missverständnissen – besonders dann, wenn sich das Leben gerade krass verändert hat: Immer mehr negative Gefühle und Spannungen können sich ansammeln.

Nur wenn Sie Gefühle und Bedürfnisse äußern, können Spannungen gelöst oder Belastungen gelindert werden. Auch Nähe und ein Gefühl von Geborgenheit beim Partner/bei der Partnerin können so wieder entstehen oder bestehen bleiben. Zufriedene Paare wenden sich einander zu und empfinden für ihren Partner/ihre Partnerin Wärme, Wohlwollen und Zärtlichkeit. Sie bestärken sich gegenseitig, suchen nach Übereinstimmungen und erleichtern die Verständigung durch Interesse am anderen, durch Akzeptanz, Respekt und Humor. Sie lassen sich unterstützen und engagieren sich beide gleichermaßen für die Familie, die Paarbeziehung und die Suche nach alltagstauglichen Problemlösungen.

Es lohnt sich, auf all das zurückzugreifen, was Sie verbindet, aufeinander zuzugehen und im Austausch miteinander zu schauen, was Sie Beide hier und heute brauchen.

Um gut miteinander im Gespräch zu bleiben ist es wichtig, dass Sie

  • sich öffnen, auch wenn das manchmal Überwindung kostet
  • von sich sprechen, von Ihren eigenen Gefühlen, Gedanken und Bedürfnissen
  • konkrete Situationen und Verhaltensweisen ansprechen
  • Ihre Wahrnehmung benennen, wie es Ihnen damit geht und was Sie sich konkret vom anderen wünschen
  • beim aktuellen Thema bleiben und alte Wunden in Ruhe lassen

Im Bedürfnis, über die aktuelle Situation und die eigenen Gefühle zu sprechen, kann es allerdings große Unterschiede zwischen PartnerInnen geben, die schon immer dagewesen sein können und jetzt sichtbarer werden oder aus der aktuellen Belastungssituation heraus entstehen. Auch wenn Sie selbst es als entlastend und hilfreich empfinden, mit einer MitarbeiterIn des Psychosozialen Teams, anderen Eltern oder einer Freundin/einem Freund über Ihre Erfahrungen zu sprechen, kann es für Ihre/n Partner/in anders sein: Vielleicht ist es für sie/ihn passender, stattdessen Sport zu treiben und sich dabei alles durch den Kopf gehen zu lassen.

Versuchen Sie in jedem Fall, einander den Raum zu geben, den die/der andere braucht, um sich mitzuteilen und mit ihren/seinen Gefühlen gehört zu werden. Die Nähe eines Menschen, den wir von Herzen lieben, ist in Krisenzeiten eine große Wohltat.

Wenn PartnerInnen sich einander anvertrauen und sich austauschen, geht es erst einmal um das „Sich-Mitteilen“, den Austausch von Erlebnissen, Gefühlen, Wahrnehmungen und Überlegungen. Das Interesse der/des anderen an der eigenen Person zu spüren und auf Verständnis hoffen zu dürfen, ist die Voraussetzung dafür, dass Sie sich öffnen können.

Meist werden im Gespräch die eigenen Gedanken und Gefühle geordnet und erst aus dem Gehört- und Verstandenwerden heraus kann dann der Blick auf nächste Schritte oder Lösungsansätze gerichtet werden. Dafür braucht es ein Gegenüber der/die einen anhört, gut hinhört und mitfühlt. Ein guter Zuhörer/eine gute Zuhörerin zeichnet sich aus durch:

  • volle Aufmerksamkeit für die/den Sprechende/n
  • interessiertes Hinhören und Nachvollziehen dessen, was der/die andere sagt (Blickkontakt, sich der/dem anderen zuwenden, wiederholen, was verstanden wurde)
  • offenes Nachfragen und überprüfen, ob Sie verstanden haben, was der Partner/die Partnerin Ihnen mitteilen will (Fragen stellen, die zum Weitersprechen anregen: „Wie ist das für Dich?“, „Was genau meinst Du damit?“)
  • die Fähigkeit, der/dem anderen zu zeigen, dass Sie sie/ihn verstanden haben, auch wenn es für Sie selbst anders ist (mitfühlen, ernstnehmen, Offenheit würdigen)
  • Bereitschaft zur Rückmeldung der ausgelösten Gefühle („Was fühle ich, wenn ich das höre?“)

Die meisten Menschen sehnen sich danach, vertrauten Menschen mitzuteilen, was sie bewegt und sich darin verstanden zu fühlen.

Seien Sie vorsichtig in dem, was Sie vom und über die/den anderen zu wissen glauben: In einer hochbelasteten Situation zeigen sich möglicherweise neue Seiten. Vielleicht erleben Sie, dass Ihr Partner/Ihre Partnerin sich einfühlsamer, zugewandter und haltgebender zeigt oder mehr Alltagsaufgaben übernimmt, als Sie erwartet haben. Andererseits kann sich aber auch offenbaren, dass sich Ihr Mann/Ihre Frau mit der Erkrankung Ihres Kindes und den Herausforderungen der Behandlungszeit schwerer tut, als gedacht: Manchmal reagiert eine/r viel emotionaler, als Sie das kennen oder zieht sich mehr zurück.

Krisen verstellen leicht den Blick für das Positive: Richten Sie Ihr Augenmerk immer wieder gemeinsam auf das, was schon geschafft ist oder wie tapfer Ihre Tochter/Ihr Sohn durch die Behandlung geht. Lassen Sie nicht zu, dass Enttäuschung über Ihre/n Partner/in, Resignation, „Sich-im-Stich-gelassen-fühlen“ und Niedergeschlagenheit die Oberhand gewinnen. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie jeden Tag damit beschließen, sich drei gute Momente dieses Tages vor Augen zu führen und/oder aufzuschreiben.

Vergegenwärtigen Sie sich immer wieder, welche Stärken und Potenziale Ihre Partnerin/Ihr Partner hat, was Sie an ihm/ihr schätzen und was Sie schon alles gemeinsam gemeistert haben.

Sich verletzlich zu zeigen, erfordert Mut und Vertrauen: Viele fürchten Unverständnis, Zurückweisung, für „schwach“ gehalten zu werden oder sich noch schlechter zu fühlen, wenn man darüber spricht. Es lohnt sich trotzdem, sich so zu zeigen, wie einem zumute ist: So können Sie von Ihrem Partner/Ihrer Partnerin Liebe und Zuneigung erfahren und die aufgewühlten Gefühle etwas beruhigen. Im Gegenzug kann diejenige/derjenige Verständnis und Liebe geben, die/der die Gefühle der/des anderen anerkennt und würdigt. Das schafft Verbundenheit und stärkt die Paarbeziehung.

Unter Anspannung sind die meisten Menschen dünnhäutiger und nehmen kritische Aussagen eher persönlich. Behalten Sie Bewertungen und gute Ratschläge besser für sich. Wenn Sie gerne etwas für Ihre Partnerin/Ihren Partner tun wollen, dann stellen Sie doch einfach einmal die Frage: „Was wünscht du dir im Moment von mir? Was brauchst du?“ und akzeptieren Sie, wenn die Antwort „Danke, gerade nichts.“ oder „Ich brauche mal meine Ruhe.“ lautet.

Wenn Sie sich in Ihren „schwachen Momenten“ verstanden und gehalten fühlen, können Sie sich beruhigen und daraus die Kraft zum Weitermachen schöpfen.

Es ist völlig normal, dass Sie und Ihre Partnerin/Ihr Partner nicht in allen Punkten einer Meinung sind – insbesondere dann, wenn so vieles auf einmal neu verstanden, geordnet und organisiert werden muss: Sie sollen gemeinsam schwierige Entscheidungen treffen, Prioritäten setzen und den Umgang mit Zeit und Geld neu regeln.

Hin und wieder zu streiten, ist notwendig und kann dazu beitragen, Meinungsverschiedenheiten zu klären, Gefühlen Ausdruck zu verleihen, die Grenzen der/des anderen kennenzulernen, Möglichkeiten für Veränderungen auszuloten und Probleme zu lösen.

Regeln für „konstruktives Streiten“:
  • Sprechen Sie von konkreten Situationen oder Anlässen und vermeiden Sie Verallgemeinerungen („Könntest Du bitte Deine Sachen im Wohnzimmer aufräumen“ statt „Du lässt immer alles herumliegen.“).
  • Beziehen Sie Ihre Kritik nicht auf die Persönlichkeit oder den Charakter des Partners/der Partnerin („Ich sehe, dass Du Dich aufregst und das beunruhigt mich.“ Statt „Sei nicht so hysterisch.“).
  • Sprechen Sie in einem normalen Ton und mit normaler Lautstärke. Vermeiden Sie einen abwertenden, zynischen oder sarkastischen Tonfall.
  • Achten Sie auf eine positive Ausstrahlung in Ihrer Mimik und in Ihrer Gestik (vermeiden Sie Stöhnen oder „Augenverdrehen“).
  • Halten Sie Blickkontakt und versuchen Sie, die Argumente zu verstehen.
  • Versuchen Sie, eventuelle Versäumnisse und Fehler zuzugeben oder Ihre Schuld einzugestehen.
  • Streiten Sie auf Augenhöhe: Sie sollten sich nicht unterwerfen oder über die Partnerin/den Partner stellen (keine Abwertung, keine Bloßstellung, kein Ausnutzen von Schwächen des Gegenübers, keine Provokation).
  • Vermeiden Sie indirekte negative Äußerungen (Witze über Partner/Partnerin, negative oder abwertende Bemerkungen über nahestehende Personen der Partnerin/des Partners).
  • Unterlassen Sie verallgemeinernde Kritik („Immer machst Du…“; „Nie machst Du.“; „Immer muss ich…“).
  • Weisen Sie die/den anderen nicht zurück durch schnelle Rechtfertigungen oder das Ablehnen von Verantwortung.

Wenn Sie bemerken, dass Sie in Streit geraten, prüfen Sie zuerst, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um die Meinungsverschiedenheit zu klären: Wer hungrig, übermüdet oder unter Zeitdruck ist, kann in der Regel nicht konstruktiv streiten.

Wenn Sie zusammenkommen, um Dinge miteinander zu klären, beachten Sie folgende Punkte:

  1. Sprechen Sie nur über ein Thema und bleiben Sie dabei.
  2. Diskutieren Sie über die Sache und nicht darüber, wer Recht hat.
  3. Zeigen Sie Respekt gegenüber der Partnerin/dem Partner („Ich merke, dass Du enttäuscht bist…“; „Ich kann nachvollziehen, dass Du das so siehst.“)
  4. Machen Sie eine längere Pause, wenn es im Gespräch „zu heiß“ wird, die Diskussion sich im Kreis dreht oder Sie in Gefahr geraten, etwas zu sagen, was Sie später bereuen.
Literatur:

Moeller LM: Die Wahrheit beginnt zu zweit. Das Paar im Gespräch. Rohwolt Hamburg 2011

Gens K, Pasztor S: Ich höre was, was du nicht sagst – gewaltfreie Kommunikation in Beziehungen. Jungfermann 2008

Wie können Sie die Herausforderungen meistern und gemeinsame Lösungen finden?

Wahrscheinlich hatten Sie vor der Erkrankung Ihrer Tochter/Ihres Sohnes einen eingespielten Alltag, in dem die Verantwortlichkeiten geklärt waren: In manchen Familien arbeiten beide Eltern Vollzeit und teilen sich die Familienaufgaben, in anderen trägt eine/r die Hauptverantwortung für Haushalt und Kinder und die/der andere sorgt für finanzielle Sicherheit. Vielleicht hatte jede/r sein eigenes Freizeitprogramm (beispielsweise Sport, Chor) oder Sie unternahmen viel als Familie gemeinsam.

Nun sind Sie dazu herausgefordert, neu zu überlegen, wer welche Aufgaben übernimmt und wer an welchen Stellen zurücksteckt, um die Begleitung Ihres Kindes durch die Therapie bestmöglich zu gewährleisten und gleichzeitig das Leben daheim aufrechtzuerhalten.

Häufig liegt die Hauptbelastung der Betreuung und Begleitung des erkrankten Kindes bei den Müttern: Sie übernehmen die pflegerischen Aufgaben daheim, fahren mit der Tochter/dem Sohn in die Klinik und überwachen das Krankheitsmanagement. Das Leben des Elternteils, die/der diesen Teil hauptverantwortlich übernimmt, verändert sich total: Meistens muss sie/er im Beruf pausieren oder kürzertreten, sich medizinisches Wissen und pflegerische Fähigkeiten aneignen, die Abläufe in der Klinik managen und kann so deutlich weniger Zeit im gewohnten Umfeld daheim verbringen. Das ist enorm fordernd und oft mit starken Gefühlen von Ohnmacht, Angst und Überforderung verbunden, die dünnhäutig und reizbar machen können.

Doch auch der andere Part ist anstrengend und möglicherweise ungewohnt: Die/der „Familienmanager/in daheim“ muss möglicherweise neben der Berufstätigkeit noch viele neue Aufgaben im Haushalt und/oder der Versorgung der Geschwister übernehmen.

Beiden Eltern bleibt in der Regel kaum Zeit für Freunde, Hobbys, Sport und Erholung.

Es kann sein, dass ein Elternteil immer mehr Zeit mit dem kranken Kind verbringt und ihren/seinen Blick nur noch darauf gerichtet hat. Das kann dazu führen, dass der/die andere sich nicht mehr ausreichend wahrgenommen, vom unmittelbaren Geschehen um das erkrankte Kind ausgeschlossen und in die Versorger-Rolle gedrängt fühlt.

Wenn es nicht gut gelingt, eine von beiden Partnern als fair empfundene Aufgabenteilung zu vereinbaren, kann das die Partnerschaft sehr stark belasten. Dazu gehört auch, dass es nicht immer leichtfällt, Verantwortung für bestimmte Bereiche abzugeben, die einem selbst leicht von der Hand gehen. Es ist eine Herausforderung, dem/der anderen zuzutrauen, die entsprechenden Aufgaben zu bewältigen und der/dem anderen seine/ihre eigene Art und Weise zuzugestehen (beispielsweise wie eine/r den Haushalt führt, die Geschwister versorgt oder mit dem Behandlungsteam zusammenarbeitet).

Wahrscheinlich hat der/die Berufstätige mehr Außenkontakte, mehr Erfolgserlebnisse und mehr Ablenkung – während die/der andere sich in der Klinik besser zurechtfindet, andere Familien dort besser kennenlernt, dem erkrankten Kind näher ist und die Unterstützungsangebote des Behandlungsteams leichter in Anspruch nehmen kann. So oder so scheint „das Gras auf der anderen Seite des Zauns“ manchmal „grüner“ zu sein: Gefühle von Neid, Eifersucht, Schuld oder des Alleingelassenseins können zu erheblichen Spannungen führen.

Um sich nicht als Paar aus den Augen zu verlieren, brauchen Sie beide immer wieder einen guten Austausch und das Gefühl, vom anderen wahrgenommen und geschätzt zu werden.
Es kann zum gegenseitigem Verständnis beitragen und verhindern, dass die Alltagswelten zu weit auseinandertriften, wenn Sie sich zumindest punktuell (beispielsweise am Wochenende) die Begleitung Ihrer Tochter/Ihres Sohnes zu stationären Aufenthalten teilen.

Man kennt es: Es ist spät, man hatte einen langen Tag und dann entdeckt man irgendeine Kleinigkeit, die der Partner/die Partnerin vermeintlich falsch oder auch einfach nicht gemacht hat. Jetzt ist die Versuchung groß, zu meckern. Anstatt am (wahrscheinlich ebenfalls) erschöpften anderen herumzukritisieren, verschieben Sie das besser auf eine vereinbarte Konfliktlösezeit: Das heißt, bis dahin lassen Sie das Thema ruhen. Höchstwahrscheinlich hat sich ein Großteil des Ärgers bis dahin schon verflüchtigt, weil Sie verstanden haben, dass Sie oder der/die andere bloß müde und gereizt waren. Wenn noch etwas offengeblieben ist, sprechen Sie zu einem vereinbarten Zeitpunkt darüber – wenn der Ärger bis dahin verraucht ist, nutzen Sie den Termin für eine kleine „Auszeit zu zweit“, die beiden wohltut.

Mit der Problemlösezeit stellen Sie nicht nur sicher, dass Sie sich nicht über unnötige Kleinigkeiten zanken, sondern Sie sorgen auch dafür, dass Sie ruhig und sachlich über die Situation sprechen und eine Lösung/einen Kompromiss finden können.

Sie kennen sich schon eine ganze Weile und wissen einiges über die Stärken und Empfindlichkeiten Ihrer Partnerin/Ihres Partners und sie/er weiß von Ihren. Gerade in schwierigen Zeiten hilft es, danach zu schauen, dass jede/r ihre/seine Stärken einsetzen kann, um die Herausforderungen möglichst gut gemeinsam zu bewältigen.

Wenn eine/r Aufgaben übernimmt, die ihr/ihm nicht so liegen, empfiehlt es sich, „ein Auge zuzudrücken“ und die/den anderen ihre/seine eigene Art finden zu lassen, damit umzugehen. Die Verführung, Dinge selber zu machen, die einem leicht von der Hand gehen, mag groß sein - aber nun ist auch die Zeit, dass jede/r neue Fähigkeiten entwickelt: In vielem gibt es kein „richtig“ oder „falsch“. Eine gute Aufgabenbewältigung ist ausreichend und muss nicht „perfekt“ sein.

Die Fülle der Herausforderungen des Alltags mit einem krebskranken Kind/Jugendlichen zu bewältigen, ist für eine Familie allein kaum zu schaffen: Holen Sie sich Unterstützung aus dem Familien- und Freundeskreis und lassen Sie sich von den MitarbeiterInnen des Psychosozialen Teams zu externen Unterstützungsmöglichkeiten beraten (beispielsweise zu Haushaltshilfe, Kinderbetreuung).

Lebenskrisen führen nicht selten auch zu Krisen in der Paarbeziehung und sind nicht an sich schon ein Zeichen dafür, dass mit ihr etwas nicht mehr stimmt. Im Verlauf jeder Beziehung sind laufend Neuanpassungen erforderlich, wenn das Gleichgewicht vorübergehend ins Schwanken geraten ist.

Bei vorhersehbaren kritischen Lebensereignissen (Geburt des ersten Kindes, Selbständigwerden der Kinder, beruflicher Neubeginn) ist deutlich, dass sie zur persönlichen Weiterentwicklung und Reifung des Paares und jedes einzelnen beitragen, wenn sie gut gemeistert werden.

Anders ist es bei unvorhersehbaren Krisen: Die unerwarteten Schulschwierigkeiten eines Kindes, die Außenbeziehung eines Partners oder eine chronische Erkrankung können die Partnerschaft gefährden und die Stabilität des Familiensystems bedrohen. Man wünscht nichts sehnlicher, als davon verschont zu bleiben und wird man davon getroffen, möchte man solche Zeiten schnellstmöglich hinter sich lassen, um den Zustand von vor der Krise wiederherzustellen. Aber die Erfahrung zeigt: Auch diese Krisen können zu Chancen von Weiterentwicklung werden, sowohl der einzelnen Partner als auch des Paares.

Die schwere Erkrankung eines Kindes kann dazu führen, dass PartnerInnen ganz neue Fähigkeiten entwickeln, andere Seiten aneinander kennen- und schätzen lernen, neuen Reichtum in ihrer Beziehung finden und einander Halt geben. Aber natürlich können sich auch Grenzen der/des einzelnen zeigen.

Fragen, die sich angesichts vorhersehbarer wie unvorhersehbarer kritischer Lebensereignisse für Paare stellen und deren Beantwortung weiterbringen kann, lauten beispielsweise:

  • Zu welcher Entwicklung fordert uns diese Krise heraus?
  • Was ist also die ‘Botschaft’ dieser Krise an mich, an uns?
  • Was erfahren wir Neues über uns selbst und über einander?
  • Was macht uns stark?

Wie können Sie als Paar mit Stress umgehen?

Die meisten Paare können durchaus angemessen miteinander sprechen und auch Probleme gut lösen – sonst hätten sie sich vermutlich schon lange getrennt. Doch häufig gehen diese Kompetenzen unter hoher Belastung erstmal verloren. Stress möglichst gut bewältigen zu lernen (jede/r für sich und gemeinsam als Paar), ist daher auch für die Aufrechterhaltung von Kommunikation und Problemlösefähigkeiten zentral: Hier unterscheiden sich zufriedene von unzufriedenen Paaren.

Beispielsweise sprechen viele Paare unter Stress seltener und weniger offen miteinander, weil sie glauben, vor lauter „Todos“ dafür keine Zeit zu haben oder zu angespannt sind, als dass ein ruhiges Gespräch möglich wäre. So häufen sich Missverständnisse, enttäuschte Erwartungen und unangenehme Gefühle: Die Partner machen sich mehr Vorwürfe, sind unzufriedener miteinander, werten sich häufiger ab oder neigen mehr zu Rückzug.

Dabei wünschen sich die meisten Paare, dass sie sich gerade in Belastungssituationen gegenseitig entlasten, indem sie sich mitteilen können, was sie beschäftigt, wie sie sich fühlen und wie es ihnen geht. Ebenso wollen sie Sorgen und Nöte teilen oder die Möglichkeit haben, in Zeiten der Überlastung Aufgaben an den Partner/die Partnerin abzutreten.

Wenn Sie unter Stress geraten, ist für die Beziehung entscheidend, wie hilfreich Sie Ihre/n PartnerIn erleben, wie verlässlich und wie stark an Ihnen interessiert. Dabei geht es auch darum, inwieweit das „Wir-Gefühl“ als Paar zu weniger Stressempfinden beim Einzelnen beitragen kann und so letztlich zu größerem gegenseitigen Vertrauen und engerer Verbundenheit führt.

Stress hat häufig negative Auswirkungen auf eine Partnerschaft,

Unter Stress ist die für den Partner/die Partnerin und die Partnerschaft verfügbare Zeit eingeschränkt, wodurch die gemeinsam verbrachte Zeit – als eine wichtige Grundlage für das Funktionieren der Beziehung – fehlt. Paare, die belastungsbedingt (beispielsweise, wenn eine/r lange Klinikaufenthalte des Kindes/Jugendlichen begleitet) wenig Zeit miteinander verbringen, haben weniger Möglichkeiten zum Austausch, zu tieferen, emotionalen Gesprächen und befriedigenden sexuellen Begegnungen.

Sorgen, Ängste, Konflikte, organisatorische Probleme und intime Themen lassen sich nicht zwischen Tür und Angel ansprechen, sondern brauchen gemeinsamen Raum und Zeit. Sie benötigen die körperliche Gegenwart und volle emotionale Aufmerksamkeit Ihrer Partnerin/Ihres Partners, um das Vertrauen zu haben, dass Sie gehört und verstanden werden.

Häufig beschränkt sich in belasteten Zeiten die Kommunikation verständlicherweise auf alltagspraktische Themen: „Wer bringt die Geschwister zur Oma?“, „Wann fährt wer mit dem Kind in die Klinik?“, „Wer erledigt den Einkauf?“, „Wer telefoniert mit der Krankenkasse?“ Lob, Anerkennung, Bewunderung und Zustimmung kommen dabei häufig zu kurz – der Tonfall wird gereizter, die Missverständnisse häufen sich, Ärger aufeinander und Enttäuschungen nehmen zu.

Außerdem steigt in der Behandlungszeit das Ausmaß der Erschöpfung der/des einzelnen allmählich an: Das führt möglicherweise zu Gereiztheit, Rückzug oder Schweigen. Viel hängt also auch davon ab, wie gut es der/dem Einzelnen gelingt, für sich selbst zu sorgen, seine persönliche Belastung zu managen und sich darauf einzustellen, dass das offene Gespräch ein wesentlicher Schutzfaktor für die Beziehung in schwierigen Zeiten und damit für den Fortbestand der ganzen Familie ist.

Zu wenig Schlaf in den Kliniknächten, pausenlose Überlastung und fehlende Möglichkeiten zur Entspannung können dazu führen, dass gesundheitliche oder psychische Beschwerden zunehmen: Die Migräne verschlimmert sich, Früherkennungstermine werden versäumt, das Rückentraining im Fitness-Studio vernachlässigt. Wenn Sie sich nicht ausreichend fit fühlen und von den täglichen Herausforderungen der Behandlungszeit Ihres Kindes überfordert sind, leidet ihre eigene Gesundheit und die sowieso schon vorhandenen Einschränkungen in Bezug auf gemeinsame Unternehmungen mit der Partnerin/dem Partner (Sport, Kultur, Treffen mit Freunden, Sexualität) weiten sich aus.

Wenn auf gesundheitliche oder psychische Risikofaktoren der Partnerin/des Partners Rücksicht genommen werden muss, erhöht das die Belastung der/des anderen und destabilisiert das Gleichgewicht in der Beziehung. Jede/r ist also gefordert, auf seine Gesundheit zu achten und den notwendigen Ausgleich nicht als „Luxus“ anzusehen. Mehr zum Umgang mit Stress finden Sie hier.

Unter Stress fällt es schwerer, seine positiven Seiten zu zeigen: Man reagiert häufiger gereizt, sarkastisch, dominant oder rücksichtslos. Dies führt bei der/dem anderen möglicherweise zu Enttäuschung, Ärger, Ernüchterung und Frustration.

Jede/r sollte in ihrer/seiner Weise in die gemeinsame Suche nach einem möglichst erträglichen Umgang mit den Herausforderungen und die eigene (und gegenseitige) Regulation der Emotionen investieren. Wertschätzung und Einfühlungsvermögen sind dabei besonders wichtig, damit das Gefühl, „an einem Strang“ zu ziehen, gestärkt wird und die schwierigen Zeiten partnerschaftlich bewältigt werden können: So können Sie aufeinander zählen, einander vertrauen und sich gegenseitig Halt und Stütze sein.

Was PartnerInnen voneinander brauchen und füreinander tun können

Wie eine Pflanze gewässert und gedüngt werden muss, um am Leben zu bleiben, braucht auch eine Paarbeziehung ständig Nahrung, um wachsen, blühen und reifen zu können. Wahrscheinlich sind Sie und Ihre Partnerin/Ihr Partner so vollauf beschäftigt damit, den Alltag zu organisieren, sowie Ihr krankes Kind (und seine Geschwister) zu versorgen, dass Sie einander manchmal aus dem Blick verlieren und Sie sich „zu zweit allein“ fühlen.

Manchmal halten (besonders in angespannten Zeiten) Paare im Umgang miteinander vieles für selbstverständlich und sprechen nicht mehr über ihre gegenseitigen Erwartungen, Hoffnungen, Sorgen und Wünsche. Sie glauben, „das alles“ müsse „irgendwie von selbst“ laufen: Jedoch besteht ohne guten Kontakt zueinander und engen Austausch miteinander die Gefahr, dass Sie sich voneinander entfernen und Ihre Beziehung leidet.

Es kommt Ihnen vielleicht wie eine Zumutung vor, dass Sie sich auch noch darum kümmern sollen - aber es lohnt sich, immer wieder kurz innezuhalten und sich zu fragen, ob es etwas gibt, das Ihrer Partnerin/Ihrem Partner guttut, Ihren Zusammenhalt stärkt und Momente der Nähe ermöglicht. Sie beide bilden ein Team, das der sichere Rahmen für das Aufwachsen Ihrer Kinder und die Bewältigung der Krebserkrankung Ihrer Tochter/Ihres Sohnes ist.

Tipps für ein gutes Miteinander und Füreinander:

Partnerschaften funktionieren am besten, wenn beide Partner gleichgestellt sind – das bedeutet, dass seine Interessen und Gefühle genauso ernst genommen werden wollen wie ihre. Die Grundlage einer guten Beziehung ist deshalb Respekt: Respektieren Sie gegenseitig Ihren Charakter, Ihre Berufe, Ihre Art der Fürsorge für die Familie und alles andere, was Ihnen wichtig ist. Sorgen und Ängste, Träume und Wünsche wollen nicht belächelt oder ignoriert, sondern unterstützt werden.

Oft sind es schon Kleinigkeiten, die dazu beitragen können, dass Sie sich einander verbundener und näher fühlen. Hier finden Sie einige Ideen:

  • Bringen Sie Ihrer Partnerin/Ihrem Partner eine Kleinigkeit vom Einkaufen oder auf dem Heimweg von der Arbeit mit: beispielsweise ihr/sein Lieblingsgetränk oder Lieblingsgebäck.
  • Kochen Sie Ihrer Partnerin/Ihrem Partner einen Kaffee oder Tee und bringen Sie ihn ans Bett oder ans Sofa, wenn sie/er gerade mal kurz die Beine hochgelegt hat.
  • Massieren Sie Ihre Frau/Ihren Mann, wenn sie/er erschöpft oder angespannt ist.
  • Küssen Sie sich bei Begrüßung und Abschied und atmen Sie gegenseitig Ihren Duft.
  • Lesen Sie Ihrer Partnerin/Ihrem Partner etwas vor, wenn sie/er nicht einschlafen kann.
  • Schicken Sie regelmäßig (beispielsweise in Ihrer Mittagspause oder vor dem Schlafengehen, wenn Sie nicht am gleichen Ort sind) kleine Nachrichten: Ein Herz per Handynachricht kann ein schönes Zeichen sein, dass Sie aneinander denken.
  • Kochen Sie etwas Leckeres oder bestellen Sie bei einem Lieferdienst, damit die/der „Familienkoch/Familienköchin“ mal „frei“ hat.
  • Machen Sie ein ehrliches Kompliment.
  • Bedanken Sie sich dafür, dass sie/er an Ihrer Seite ist.
  • Ermöglichen Sie, dass Ihre Frau/Ihr Mann einmal im eigenen Bett ausschlafen kann (besonders nach vielen unruhigen Kliniknächten nacheinander).
  • Nehmen Sie Ihre Partnerin/Ihren Partner in den Arm und spüren Sie einander.

Sprechen Sie darüber, wie Sie Ihre Zeit aufteilen und wer was vorübergehend aufgibt/zurückstellt, um mehr Zeit mit Ihrem kranken Kind oder Ihren anderen Kindern zu verbringen. Auch wenn die Kinder Vorrang haben und Sie manchmal nicht wissen, wie Sie alles schaffen sollen: Gesprächszeit zu zweit ist kein Luxus.

Versuchen Sie, nicht nur über finanzielle und organisatorische Probleme zu sprechen, sondern auch über Gefühle, Wünsche und Hoffnungen als Eltern eines an Krebs erkrankten Kindes und als Paar, das miteinander durchs Leben geht und diese harte Zeit miteinander durchsteht. Teilen Sie auch Erlebnisse, die Ihnen gut getan haben, interessante Nachrichten aus „der Welt draußen“ und schöne Momente (erzählen Sie beispielsweise von dem beeindruckenden Regenbogen, den Sie gesehen haben oder dem frisch gefallenen Schnee) – das tut Ihnen beiden wohl.

Möglicherweise haben Sie unterschiedliche Ansichten zu verschiedenen Themen oder dazu, wie Sie mit der jeweiligen Situation umgehen wollen. Wenn Sie regelmäßig darüber sprechen und so besser verstehen, was die/den andere/n bewegt, können Sie Ärger und Enttäuschungen vermeiden: Vielleicht können Sie sich auf Punkte einigen, die Sie im Familienalltag unbedingt beibehalten wollen und andere, die Sie vorübergehend loslassen.

Zeiten für sich als Paar zu haben, verlangt außerdem Organisationstalent und die Bereitschaft, Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen: Sei es, dass Sie sich mit anderen in ähnlicher Lebenssituation zusammentun, um sich gegenseitig zu entlasten; sei es, dass Sie die Großeltern wieder stärker für die Betreuung der Kinder einbeziehen oder dass Sie jemanden dafür bezahlen, die Kinder zu beaufsichtigen.

Das Bemühen um „Paarzeit“ von beiden Seiten hilft weiter: Das können kleine Rituale sein, wie ein gemeinsames Frühstück am Sonntag oder eine Viertelstunde Zusammensitzen am Abend, um sich gegenseitig zu erzählen, was tagsüber los war. Wenn eine/r tagsüber arbeitet und die/der andere sich um das erkrankte Kind kümmert, braucht es eine gute Partnerschaft, dass man sich daran Anteil haben lässt, wie der Tag jeweils gelaufen ist und was einen beschäftigt oder umtreibt.

Wenn Sie viel zu tun haben, sich geärgert haben oder sehr erschöpft sind, sollten Sie zuhause ansprechen, was Sie gerade anstrengt oder belastet. Manchmal ist es Ihnen vielleicht zu viel, über ihre Sorgen zu reden: Doch meistens reicht schon ein Satz, um dem Partner/der Partnerin oder den Kindern deutlich zu machen, dass die schlechte Laune und die Dünnhäutigkeit nichts mit ihnen zu tun haben, sondern mit der Daueranstrengung oder den Ereignissen des Tages.

Statt wortlos im Arbeitszimmer/Hobbykeller zu verschwinden oder laut mit dem Geschirr zu klappern, genügt eine kurze Erklärung: „Seid mir bitte nicht böse, die haben mich heute bei der Arbeit total platt gemacht. Ich brauche jetzt erst mal eine halbe Stunde Ruhe, um wieder etwas runter zu kommen. Das hat nichts mit euch zu tun.“ Dieses Minimum an Offenheit ist extrem wichtig, weil sonst schnell eine Atmosphäre entsteht, in der die/der andere denkt, sie/er hätte irgendetwas falsch gemacht. Wenn Sie etwas ruhiger geworden sind, Abstand gewonnen und Kräfte gesammelt haben, lohnt es sich, wenn Sie sich Zeit nehmen und erklären, was Sie beschäftigt.

In jeder Beziehung sind immer starke Gefühle im Spiel, die von außen nicht unbedingt rational nachvollziehbar sind. Missverständnisse entstehen schneller, je verletzlicher man sich fühlt. Deshalb sollten Sie Ihre Partnerin/Ihren Partner immer ernst nehmen, wenn sie/er Gefühle zeigt: Wenn sie/er weint, ist sie/er beispielsweise wirklich traurig oder fühlt sich hilflos; wenn sie/er ängstlich ist, wirklich voller Sorge und Angst. Versuchen Sie einfühlsam und verständnisvoll zu sein, auch wenn Sie in derselben Situation vielleicht nicht weinen oder sich ängstigen würden.

Oft wechseln sich PartnerInnen in der Intensität ihrer Gefühle ab: Wenn eine/r intensiv leidet, ist oft die/der andere stark und bietet Halt. Meistens hilft es schon, wenn Sie einander wirklich zuhören und verständnisvoll reagieren. Sich auszutauschen ist wichtig, denn jedes Familienmitglied geht auf seine eigene Weise mit der aktuellen Situation um. Dabei ist es sinnvoll, „Ich-Botschaften“ zu nutzen („Ich fühle mich überfordert, weil…“ oder „Ich habe Angst, dass…“). Und auf der anderen Seite können Sie fragen: „Was kann ich/was können wir tun, damit es dir/uns besser geht?“ oder „Was könnte dir/uns jetzt guttun?“.

Paare erwarten Nähe, Vertrautheit und Innigkeit von ihrer Beziehung – und das wahrscheinlich auch, und möglicherweise gerade dann, wenn der Alltag durcheinandergerät, weil das Leben eines Kindes bedroht ist: Einander beistehen, aneinander Halt suchen und in den Armen der/des Anderen Trost finden – darauf hoffen die meisten Paare in schwierigen Zeiten.

Aber Nähe und Intimität stellen sich nicht von selber ein, sondern müssen hergestellt werden. Auch wenn Zeit knapp und Belastungen hoch sind, sollten intime Momente nicht ganz verloren gehen. Rituale können dabei helfen: ein gemeinsamer Spaziergang am Abend, ein Glas Wein auf der Couch ohne Fernseher und Handy oder das Gestalten besonderer „Beziehungs-Tage“ (wie Hochzeitstag).

Allerdings kommt es häufiger vor, dass sich eine/r eher aus intimen Situationen zurückzieht, keinen Sex möchte oder Zärtlichkeiten zurückweist: Wer sich um das erkrankte Kind kümmert und mit diesem viel Körperkontakt hat, ist möglicherweise von Berührungen satt und tut sich schwer damit, auf die Bedürfnisse der/des anderen einzugehen.

Sie sollten sich der Gefahr bewusst sein: Wenn Sie die Nähe zur/zum anderen nicht mehr suchen und spüren, beginnen Sie möglicherweise, Gelegenheiten dafür zu vermeiden. Das kann daran liegen, dass Sie nicht mehr wissen, wie Sie mit Nähe umgehen sollen oder den Gesprächsfaden über Ihre Wünsche und Bedürfnisse verloren haben. Doch wenn Sie einander ausweichen, entfremden Sie sich immer mehr. Lassen Sie sich nicht entmutigen - machen Sie immer wieder Schritte aufeinander zu.

Wenn Sie beide sehr gestresst sind, sagen Sie einander, was Sie gerade so aus der Spur wirft und was Ihnen zu viel ist. Sprechen Sie sich ab, wer welchen Part übernimmt: „Schaffst Du es noch, die Kinder zu beaufsichtigen, dann kann ich den Geschirrspüler ausräumen und das Abendessen vorbereiten.“ Wenn Sie beide Ihren Teil beitragen, ist es leichter, sich auch Freiräume zu geben für Sport und/oder Entspannung. Achten Sie darauf, dass Sie sich Freiräume nehmen und gegenseitig geben, wenn „Auszeiten“ gebraucht werden. Auch wenn jede/r so „nur ein bisschen“ Entlastung und Entspannung findet, ist das besser als nichts.

Die meisten Paare schätzen es sehr, wenn sie zusammen lachen können. Auch in schwierigen Zeiten hilft Humor manchmal über Anspannung hinweg: Egal, ob Sie über sich selbst oder eine vertrackte Situation lachen können – es entlastet beide. Allerdings kann es unpassend sein, wenn Sie Witze machen und Ihre Partnerin/Ihr Partner gerade voller Angst und Sorge ist. Paare, die in schwierigen Momenten auf „Galgenhumor“ zurückgreifen können, finden darin oft Kraft zum Weitermachen und Durchhalten.

Jede/r ist für die eigenen Gefühle, Gedanken und Handlungen selbst verantwortlich. Es entlastet den/die jeweils andere/n, wenn er/sie sich darauf verlassen kann, dass der Partner/die Partnerin für sich selbst sorgt und auf ihre Grenzen achtet.

Wie können Sie mit unterschiedlichen Bewältigungsstrategien zurechtkommen?

Es ist nicht ungewöhnlich, dass zwei Menschen in derselben Situation unterschiedlich reagieren, Erfahrungen auf verschiedene Weise verarbeiten und damit in ganz eigener Weise umgehen. Meistens finden Paare ja auch deshalb zusammen, weil sie an der/dem anderen etwas faszinierend finden, das sie an sich selbst nicht kennen oder vermissen. An Gemeinsamkeiten wächst man weniger – Unterschiedlichkeiten regen zu Veränderungen an und in ihnen steckt das Potential zum Wachstum des/der Einzelnen in der Beziehung.

In einer stabilen Partnerschaft finden beide meistens eine Art Gleichgewicht der Stärken und Grenzen und so ist das Paar viel belastbarer, kreativer und handlungsfähiger als eine/r allein. In entspannten Zeiten profitieren beide davon und können sich Aufgaben entsprechend sinnvoll teilen.

In jedem Fall ist die Tatsache, dass Sie und Ihr Partner/Ihre Partnerin die Erkrankung Ihrer Tochter/Ihres Sohnes möglicherweise unterschiedlich erleben und damit umgehen, an sich kein Anzeichen für eine Bedrohung der Partnerschaft: Sie brauchen beide Zeit, um neue Routinen zu entwickeln und die/den anderen in den Blick zu nehmen.

Es kann natürlich zu Problemen in Ihrer Kommunikation kommen und die Sicherheit, dass Sie sich immer aufeinander verlassen können, weil Sie ganz ähnlich empfinden, kann erschüttert werden. Sprechen Sie darüber mit einer/m MitarbeiterIn des Psychosozialen Teams, die/der viele Familien durch die Therapiezeit begleitet und Erfahrung damit hat, Elternpaare zu beraten und dabei zu unterstützen, sich besser zu verständigen oder einander Halt zu geben.

Ganz konkret unterscheiden sich Paare, die Eltern eines schwer kranken Kindes sind, oft in folgenden Punkten:

  • Intensität der Informationssuche
  • Umgang mit Gefühlen
  • Umgang mit Konflikten
  • Fähigkeit, im Alltag zu funktionieren (beispielsweise zur Arbeit zu gehen)
  • Art und Weise der Haushaltsorganisation
  • Art und Weise der Kinderbetreuung
  • Gesprächsbereitschaft über Belastendes

Diese Unterschiede sind einerseits hilfreich, weil sie es ermöglichen, dass beispielsweise eine/r zur Arbeit geht und die finanzielle Sicherheit der Familie aufrechterhält. Andererseits sind aber beide darauf zurückgeworfen, sich selbst zu fragen: „Was brauche ich?“, „Wie kann ich das aushalten?“, „Wie kann ich klarkommen?“ und Antworten bei sich selbst zu suchen.

Es kann irritieren und das Gefühl des Zusammenhalts schwächen, wenn der Partner/die Partnerin anders reagiert als erhofft oder erwartet. So beispielsweise,

Wenn die lebensbedrohliche Erkrankung eines Kindes in das Familienleben einbricht und Ängste/Sorgen groß sind, suchen PartnerInnen aneinander Halt und sind meist sehr verunsichert, wenn sich das Erleben der bedrohlichen Situation und der Umgang damit unterscheiden. Zu erleben, dass die/der andere nicht genauso empfindet, wie man selbst, kann irritieren und ängstigen.

Unterschiedliche Wahrnehmungen können aber im besten Fall auch dazu beitragen, verschiedene Aspekte in den Blick zu nehmen: sozusagen „die beiden Seiten einer Medaille“ zu sehen.

Vielleicht können Sie als Paar auf frühere Erfahrungen mit belastenden Zeiten zurückgreifen und kennen sich gut genug, dass Sie verstehen, was die/der andere braucht. Möglicherweise lernen Sie neue Seiten aneinander kennen: Eine Lebenskrise hält oft die Lupe über Beziehungen und eigene Grenzen und fordert zu Wachstum/Weiterentwicklung heraus.

Dazu kommt, dass Sie zuerst den Alltag neu organisieren müssen: Eine/r ist mit dem Kind im Krankenhaus und die/der andere managt alles zu Hause. Daraus ergeben sich zwangsläufig unterschiedliche Erfahrungen und Wahrnehmungen.

Manchmal geschieht die Rollenverteilung sehr pragmatisch und jede/r meint, die/der andere habe es irgendwie leichter. Dabei sind beide Rollen unter den Vorzeichen der Erkrankung anstrengend, ungewohnt und schwierig zu bewältigen: Oft hilft es, sich abzuwechseln, dann lassen sich Erfahrungen leichter teilen und sie wissen beispielsweise beide, von welchen Personen und welchen Umständen in der Klinik die Rede ist. Gerade wenn Ihr Alltag sich stark unterscheidet, ist der Austausch darüber, was jede/r erlebt hat, enorm wichtig.

Die meisten Paare wünschen sich, Empfindungen miteinander zu teilen und der Partnerin/dem Partner auf der Gefühlsebene nah verbunden zu sein. Insbesondere dann, wenn in einer Paarbeziehung zwei Menschen sehr unterschiedlich mit Angst, Schmerz, Ohnmacht oder Trauer umgehen, kann das in bedrohlichen Situationen zu starken Konflikten führen. Die eine Person sagt beispielsweise: „Ja, ich bin ängstlich, aber es gibt wirklich eine große Gefahr für unsere Tochter/unseren Sohn - die musst du doch auch sehen."
Die andere Person hat aber eine andere Einschätzung (weil sie/er beispielsweise die ermutigenden Sätze zu den Heilungschancen im Ohr hat) und fühlt sich bedrängt oder hilflos gegenüber den Ängsten, die nicht seine/ihre sind. Dass sich dann beide unverstanden fühlen und streiten, ist sehr wahrscheinlich, zumal es ja oft keine eindeutigen Kriterien dafür gibt, wer nun Recht hat und wer Unrecht: Jede/r hat ein Recht auf ihr/sein Erleben.

Ein anderes Konfliktmuster besteht darin, dass sich zwei Menschen sehr ähnlich sind in ihrer Wahrnehmung der als gefährlich erlebten Situationen (beispielsweise was die Umsetzung der Hygieneregeln unter Immunsuppression des Kindes angeht). Sie klammern sich aneinander, bestätigen sich wechselseitig in ihrer großen Vorsicht und steigern sich so in eine Panikstimmung hinein oder treffen Maßnahmen, die das Familienleben zusätzlich einschränken.

Dann können Sie die realen Gefahren nicht mehr realistisch einschätzen und werden gelähmt vor Angst. Hier kann es hilfreich sein, einen Schritt zurückzutreten und gemeinsam nach Informationen zu suchen, um die Bedrohlichkeit der Situation besser beurteilen zu können.

Wenn jede/r für sich den Blick darauf richtet, wie Ängste ausgehalten und reguliert werden können, kann das dafür sorgen, dass Sie Lähmung oder Aktionismus verhindern können. Erinnern Sie sich daran, wie Sie andere Situationen, in denen Sie um Ihr Kind Angst hatten, durchgestanden haben.

Und wenn es in der Beziehung und/oder der Familie nicht „rund“ läuft?

Eine stabile und ausgewogene Paarbeziehung an die Situation anzupassen, dass ein Kind schwer erkrankt, ist herausfordernd, aber meistens erfolgreich. Andere Erfahrungen machen häufig Paare, die schon länger mit ihrer Beziehung unzufrieden waren oder aus anderen Gründen gerade in einer Umbruchphase oder Krise stecken, beispielsweise wenn

  • das Paar gerade erst ein Kind bekommen hat und dieses schwer erkrankt, noch ehe sich die PartnerInnen auf die Elternrollen eingespielt haben
  • das Paar gerade mitten im Hausbau steckt und die Finanzierung eng ist
  • Jobverlust oder Jobwechsel eine zusätzliche Neuausrichtung erforderlich machen
  • sich eine/r nicht ausreichend gut vom anderen unterstützt fühlt
  • im Familienalltag die Paarbeziehung schon länger in den Hintergrund gerückt ist und der Fokus hauptsächlich auf Kindern, Freizeit und Beruf lag
  • eine/r von beiden schon länger über Trennung nachdenkt
  • für Geschwisterkinder gerade ein wichtiger Entwicklungsschritt ansteht: wie Schuleintritt, Schulwechsel, Auszug von daheim
  • die leiblichen Eltern getrennt sind und gerade ein neuer Partner/eine neue Partnerin ins Leben der Familie getreten ist
  • die Familie ein Patchwork-Modell lebt mit zusätzlichen weiteren engen Bezugspersonen wie Stiefeltern und Stiefgeschwistern
  • Mutter und/oder Vater ein Suchtproblem haben
  • das Jugendamt involviert ist
  • es Gewalt in der Familie gibt
  • die Großeltern sich zu sehr einmischen
  • weitere Angehörige gepflegt werden müssen

Die Behandlungszeit Ihrer Tochter/Ihres Sohnes unter solch schwierigeren Vorzeichen als Paar zu bestehen, ist manchmal nicht ohne Unterstützung von außen möglich: sei es durch nahe Menschen aus dem Familien- und Freundeskreis oder durch professionelle Unterstützung vom Psychosozialen Team.

Die Erwartung, dass die Erkrankung eines gemeinsamen Kindes Paare automatisch wieder enger zusammenschweißt oder bestehende Differenzen und Schwierigkeiten der Paarbeziehung „sich einfach in Luft auflösen“, wird selten erfüllt: Meistens werden die konkreten Probleme sichtbarer und bestehende Unterschiede noch schwerer überbrückbar.

Das heißt jedoch nicht, dass jetzt die Zeit für grundsätzlichen Streit und Trennung gekommen wäre. Umsetzbare Lösungen für „hier und heute“ zu suchen, lohnt sich! Stoßen Sie auf grundlegende Differenzen, nehmen Sie diese bewusst wahr und finden Sie jede/r für sich einen Weg, wie Sie damit vorerst weiter zurechtkommen können.

Vielleicht werden Ihre Hoffnungen auf Gemeinsamkeiten bei der Bewältigung dieser schweren Zeit enttäuscht – trotzdem ist schon viel gewonnen, wenn Sie sich vorerst darauf einigen können, dass es da ernsthafte Probleme gibt, die Sie zu gegebener Zeit (nach Ende der anstrengenden Therapiezeit) angehen werden: Sie können einander gerade in einer Krisenzeit nicht ändern (jede/r kann sich nur selbst weiterentwickeln), aber darauf setzen, dass jede/r immer mal wieder „über ihren/seinen Schatten springen“ kann.

Wenn es Ihnen gelingt, sich darauf zu einigen, dass Sie Ihre Tochter/Ihren Sohn jede/r nach besten Kräften begleiten und unterstützen wollen, ist schon eine gute Basis für die Zusammenarbeit gelegt.

Damit PartnerInnen sich verständigen und ein Thema vertiefen können, sind positive Rückmeldungen aneinander von größter Bedeutung. So können beide weiter aufeinander zugehen. Gehört es allerdings zum Umgang miteinander, sich eher „zu bestrafen“, um auf das Verhalten der/des Anderen Einfluss zu nehmen, kommt leicht eine Negativspirale in Gang und Gespräche/Klärungen werden gemieden.
Beispiele dafür sind:

Vorwürfe und Schuldzuschreibungen führen nicht zur Klärung von Problemen, sondern zu destruktivem Streit und unangenehmen Gefühlen auf beiden Seiten. Eigene Gefühle und Wünsche können dann nicht mehr geäußert werden oder finden kein Gehör.

Vorwürfe erkennt man beispielsweise an:

  • „Du-Botschaften“ („Du machst mich verrückt mit Deiner Angst.“): Man erhebt sich über die/den anderen, indem man sie/ihn beschuldigt, sich falsch verhalten zu haben. Das führt dann bei der Partnerin/dem Partner zu einer Verteidigungshaltung und zu Rechtfertigungen: Der Streit eskaliert, weil es ums „Rechthaben“ geht.
  • Verallgemeinerungen und Übertreibungen: Oft steckt hinter Verallgemeinerungen („Nie kannst Du…“; „Immer machst Du…“) lange aufgestauter Ärger, der die Argumente besonders gewichtig erscheinen lassen soll. Auch das führt zu berechtigtem Widerspruch, weil es so natürlich nicht für jede Situation stimmt. Auf diesem Weg lassen sich kaum Einsicht und Entgegenkommen der Partnerin/des Partners erreichen.
  • Zuschreibung negativer Eigenschaften: „Das ist wieder typisch für Dich.“. So kann zwar Unmut und Enttäuschung ausgedrückt werden, aber gleichzeitig besteht keine Hoffnung auf Verhaltensänderung.
  • Schuldzuschreibungen („Weil Du Dich nicht von der Arbeit frei machen wolltest, musste ich alleine mit der Warterei während der OP klarkommen.“): Wenn dem Partner/der Partnerin die Verantwortung für das eigene Befinden zugeschrieben wird, kommt es oft nur zu einem Austausch von Be- und Entschuldigungen, die nicht weiter bringen.

Wer Streit unbedingt vermeiden will („Wer sich liebt, streitet nicht.“) oder Auseinandersetzungen grundsätzlich als sehr belastend erlebt und konstruktiven Streit nicht kennt, versucht verständlicherweise, schnellstmöglich aus konflikthaften Situationen auszusteigen.

Allerdings führt dieses Verhalten nicht zur Klärung der Situation und damit auch nicht zu erwünschten Veränderungen. Ein abgebrochener Streit (der nicht wegen einer Eskalation auf einen konkreten späteren Termin vertagt wird) lässt beide in Unverständnis und Groll zurück.

Um Konflikte zuzudecken oder abzubrechen werden beispielsweise folgende „Ablenkungsmanöver“ eingesetzt:

  • Themenwechsel
  • das Thema klein reden
  • aussitzen und „Gras über die Sache wachsen lassen“
  • nachgeben „um des lieben Friedens willen“: Häufig die sicherste Methode einen Streit ohne wirkliche Klärung abzubrechen
  • sich dumm stellen und „schwach“ zeigen
  • so tun, als könne man emotionale Themen „sachlich“ bearbeiten

Häufig fällt es schwer, sich klar und direkt auszudrücken: Je allgemeiner man ein Anliegen formuliert, desto weniger „Angriffsfläche“ bietet man scheinbar dem Gegenüber. Allerdings bleiben so die wahren Gefühle, Wünsche und Überzeugungen im Verborgenen:

  • „man“ statt „ich“
  • pseudo-sachlich bleiben oder ironisch zuspitzen
  • darauf warten, dass der/die andere „hellseherische Fähigkeiten“ entwickelt und weiß, was eine/r sich wünscht, ohne dass sie/er es ausspricht
  • um den „heißen Brei“ herumreden auf der einen Seite und nicht durch Nachfragen unterbrechen und konkretisieren auf der anderen
  • gleichzeitig die Rolle der/des Sprechers/der Sprecherin einnehmen wollen – es gibt also keine/n ZuhörerIn und so können beide nicht zueinander finden, reden aneinander vorbei
  • der Zuhörer/die Zuhörerin hält die/den Sprechende/n auf Abstand, indem er/sie beispielsweise keinen Blickkontakt aufnimmt oder ein Pokerface aufsetzt: der/die Sprecherin fühlt sich so nicht wahrgenommen oder für ihre/seine Offenheit sogar bestraft
  • „ich weiß schon, was du sagen willst“: Gesagtes interessiert nicht, langweilt oder der/die Zuhörende glaubt, es besser zu wissen
  • unterbrechen mit dem Ziel, dem/der Sprechenden das Heft aus der Hand zu nehmen und eigenes zu artikulieren
  • sich auf moralische Werte berufen und sich dahinter verstecken (Beispiel: „Lautwerden gehört sich nicht!“)

Kränkungen und Verletzungen können immer geschehen, wenn Menschen einander nahekommen. Der/Die Gekränkte unterstellt dabei häufig eine kränkende Absicht und setzt damit eine Schuld-Verteidigungs-Dynamik in Gang. Es wäre wichtig, zwischen der Motivation hinter einer Aussage oder Handlung und deren Wirkung zu unterscheiden. Wenn eine/r sich gekränkt fühlt, zeigt sich das meistens daran, dass Worte/Handlungen lange nachwirken. Diese Situation sollte dann nochmals angesprochen und geklärt werden: In den meisten Fällen ist sich das Gegenüber gar nicht bewusst, was sie/er ausgelöst hat und nur sehr selten geschah das absichtlich.

Wenn PartnerInnen sich schwer darauf einigen können, wie sie einer Belastungssituation begegnen wollen, kommt es manchmal zu „Machtkämpfen“ darum, wer die besseren Ideen oder das „richtige“ Herangehen hat. Manchmal versuchen sich beispielsweise Eltern darin zu übertreffen, das kranke Kind zu verwöhnen oder gegenüber Außenstehenden zu klagen.

Kompromisse auszuhandeln, gehört zu den Herausforderungen jeder Partnerschaft. Allerdings sind sie nicht hilfreich, wenn sie nur als „kleinster gemeinsamer Nenner“ geschlossen werden. Das kann zu Ärger auf sich selbst und/oder Wut auf die Partnerin/den Partner führen. Erstrebenswerter als ein „Kompromiss um jeden Preis“ ist es, Unterschiede auszuhalten und mit dem Ziel weiter zu verhandeln, einen Konsens zu erzielen.

Viele denken: „Ich muss mich schon permanent bei der Arbeit anstrengen und/oder bei der Versorgung unserer Tochter/unseres Sohnes zusammenreißen - da will ich zuhause endlich mal ich selbst sein und einfach alles rauslassen können.“ Die/Der andere ist aber nicht der „Blitzableiter“. Auch wenn es verführerisch ist, weil es sich für diejenige/denjenigen, die/der all ihren/seinen Ballast beim anderen abwirft, erst einmal befreiend anfühlt: Die/Der andere hat möglicherweise lange daran zu tragen.

In der Anfangszeit Ihrer Beziehung haben Sie sich füreinander „schön“ gemacht und sich darum bemüht, für die/den anderen attraktiv zu sein. Im Alltag lässt dieses Bemühen meist nach. Trotzdem sollten Sie sich nicht gehenlassen, weder in Ihrem Äußeren noch in Ihrem Verhalten.

Ratschläge, wie der/die andere mit Ängsten und Sorgen umgehen sollte, helfen meist nicht weiter. Auch wenn die Lösungsvorschläge gut gemeint sind, schüren Sätze wie: „Nimm dir das doch nicht so zu Herzen.“ oder „Jetzt reiß dich doch einfach mal ein bisschen mehr zusammen.“ die Eskalation. Der/Die Gestresste wird sich nicht verstanden, sondern bevormundet fühlen.
Bei akutem Stress sollte der weniger gestresste Partner versuchen, zu akzeptieren, dass die/der andere gerade sehr mit sich selbst kämpft. Vorschnelle Lösungsvorschläge, Mitleid oder billiger Trost sind keine Hilfe: Es braucht Mitgefühl und Ermutigung.

Tipps zum Stressabbau (145KB)
Autor: Iris Lein-Köhler, Barbara Grießmeier