Vieles ist anders: Das „alte“ Leben kommt nicht wieder

Autor:  Barbara Grießmeier, Iris Lein-Köhler, Zuletzt geändert: 26.09.2022 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e260953

Vielleicht sehnen Sie sich danach, dass Ihr Leben nach der Therapie Ihres Kindes genau da weitergeht, wo es vor der Diagnose aufgehört hat - doch dieses Leben wird so nicht wiederkommen. Sicher gibt es einige Aspekte, die sich während der Erkrankung nicht verändert haben und wo Sie sich in Vertrautes einbinden und an Bewährtes anknüpfen können.

In vielen Bereichen Ihres Lebens geht es allerdings um einen „Neustart“ nach der umwälzenden Erfahrung der lebensbedrohlichen Erkrankung Ihres Kindes. Damit dieser Neuanfang gelingen kann, ist es nötig, schrittweise vorzugehen und zunächst eine Bestandsaufnahme Ihrer wichtigsten Beziehungen zu machen, sich dann von den Dingen zu verabschieden, die nicht mehr möglich sind und letztlich guten Mutes den Blick nach vorne zu richten.

Neustart braucht Bestandsaufnahme

Bevor Sie damit beginnen, sich wieder der Welt um sich herum zuzuwenden und erste Schritte in den Alltag nach der Erkrankung Ihres Kindes zu gehen, kann es sinnvoll sein, sich bewusst zu machen, wo Sie nach dieser anstrengenden Zeit als Mutter oder Vater stehen und welche Aufgaben in den einzelnen Bereichen möglicherweise auf Sie zu kommen. Dies betrifft in erster Linie Ihre Beziehungen zu Ihrer Familie und Ihrem sozialen Umfeld. Die folgenden Bereiche können hierfür wichtig sein:

Für jede Mutter und jeden Vater war die Beziehung zum kranken Kind/Jugendlichen in den vergangenen Monaten von großer Fürsorge und Intensität geprägt: Ihr gesamtes Augenmerk war darauf gerichtet, für das Wohlbefinden Ihrer Tochter/Ihres Sohnes zu sorgen, gemeinsam mit ihr/ihm Tage und Nächte in der Klinik zu verbringen und hautnah alles mitzuerleben, was die Behandlung mit sich brachte. Wahrscheinlich wurden Sie in vielen Bereichen nachsichtiger, haben dem Kind Wünsche erfüllt und alles getan, damit es ihm gut ging. So sind Sie eine „Notgemeinschaft“ eingegangen, wurden ein eingespieltes Team, haben eigene Rituale und Beschäftigungen entwickelt und Ihre Beziehung miteinander hat eine besondere Tiefe bekommen.

Nach dem Ende der Therapie geht es für Sie als Eltern nun vor allem darum, Ihre Tochter/Ihren Sohn wieder aus der Krankenrolle zu entlassen, aktiv ihre/seine altersgerechte Entwicklung und Selbständigkeit zu fördern und dabei nicht Ihre eigenen Ängste in den Vordergrund zu stellen. Manchmal wird es Ihnen nicht leicht fallen, das richtige Maß zwischen „fordern“ und „überbehüten“ zu finden. Sie dürfen dennoch Vertrauen haben, dass Sie auch diesen Abschnitt gemeinsam mit Ihrem Kind meistern werden.

Wenn Ihre Tochter/Ihr Sohn bereits im Jugendalter ist, war diese gemeinsame Zeit vielleicht besonders wertvoll für Sie, da die meisten Jugendlichen während der Behandlungszeit eine besonders enge Bindung zu den Eltern pflegen. Manche Eltern empfanden dies wie eine „geschenkte“ Zeit, in der sie noch einmal für ihre Tochter/ihrem Sohn sorgen konnten. Hier ist es besonders wichtig, die jungen Menschen wieder in die altersgemäße Ablösung zu entlassen und sich als Eltern zurückzuziehen.

Wenn Sie sich als Sorgeberechtigte die Betreuung des kranken Kindes und der Geschwister mehr oder weniger „aufgeteilt“ hatten, ist es wahrscheinlich, dass sich die Beziehung der Kinder zum jeweils für sie hauptverantwortlichen Elternteil vertieft hat. Insbesondere, wenn Kleinkinder darunter sind, ist es möglich, dass sie gegenüber Mutter oder Vater, die/der erst jetzt wieder mehr für sie da sein kann, anfangs etwas „fremdeln“. Es braucht Zeit, Geduld, Einfühlungsvermögen und einen intensiven Austausch der Eltern untereinander, um die Familie allmählich wieder zusammenzuführen.

Während der Behandlung des kranken Kindes war es nicht zu vermeiden, dass Sie Ihren anderen Kindern weniger Aufmerksamkeit schenken konnten und diese oft zurückstecken mussten. Es war für Sie als Eltern oft schwer, diese „Ungleichbehandlung“ auszuhalten, auch wenn Sie wussten, dass Sie daran nichts ändern konnten. Nach dem Ende der Therapie fordern Ihre anderen Kinder nun möglicherweise vermehrt Ihre Aufmerksamkeit. Das wird Ihnen vielleicht manchmal schwerfallen, da Ihre Gedanken zunächst weiter vorrangig beim kranken Kind sind und Sie noch nicht so recht wissen, wie Sie eine „Neuverteilung“ Ihrer Zuwendung so gestalten können, dass Sie allen Bedürfnissen gerecht werden können. Geben Sie sich Zeit für gemeinsame Aktivitäten und pflegen Sie das Zusammensein.

Manchmal haben Ihre Kinder neue Bezugspersonen hinzugewonnen und es ist gar nicht so leicht für Sie, zu sehen und anzuerkennen, dass sie dort gut „aufgehoben“ waren. Vielleicht empfinden Sie Bedauern darüber, dass Sie sich nicht selbst um Ihre Kinder kümmern konnten, wichtige Ereignisse im Leben der Geschwister nicht hautnah miterleben oder manche Entwicklungsschritte nicht begleiten konnten. Vielleicht fühlen Sie sich traurig oder sogar schuldig deswegen oder sind eifersüchtig auf diejenigen, die den Kindern näher waren. Es ist oft nicht leicht, sich solche Gefühle selbst zuzugestehen. Vielleicht sind Ihre anderen Kinder jetzt gar nicht so begeistert davon, wieder weniger Zeit bei der Freund/in oder Nachbar/in zu verbringen. Hier geht es jetzt darum, diese neuen Beziehungen in Ihr gemeinsames Leben einzubauen und neu zu gewichten.

Dies betrifft auch die Tatsache, dass (fast) alle Geschwister während der Zeit der Erkrankung selbständiger geworden sind und mehr Eigenverantwortung übernommen haben. Gestehen Sie den Geschwistern diese Entwicklungen zu und freuen Sie sich für sie und mit Ihnen, dass sie die harte Zeit so gut gemeistert haben! Eine „Wiedergutmachung“ in dem Sinne, dass Sie versäumte Zeit mit den Kindern nachholen könnten, kann es nicht geben; aber insbesondere mit jüngeren Kindern dürfen Sie den lange vermissten Körperkontakt ausführlich genießen!

Für alle Eltern eines schwerkranken Kindes stand die Beziehung zur Partnerin/zum Partner während der Behandlungszeit des Kindes unter einer ganz besonderen Belastung: Auf der einen Seite ging es während dieser Zeit darum, die Versorgung aller Kinder und den Familienalltag unter stark erschwerten Bedingungen aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig mussten die Bedürfnisse als Paar meist stark zurückstehen und die emotionalen Reaktionen und Auseinandersetzungen mit der Krankheit konnten nicht in allen Punkten miteinander geteilt werden.

Wenn Eltern am Ende der Therapie auf diese Zeit zurückschauen, werden viele feststellen, dass Sie diese harte Zeit gemeinsam doch gut gemeistert haben. Vielleicht haben Sie ganz neue Seiten an Ihrer Partnerin/Ihrem Partner entdeckt, Sie haben sich gut unterstützt gefühlt und konnten die anstehenden Aufgaben gut untereinander aufteilen. Allerdings ist jetzt auch der Zeitpunkt, um das Erlebte gemeinsam zu reflektieren und miteinander wieder persönlicher ins Gespräch zu kommen.

Manche Paare jedoch mussten feststellen, dass es starke Unterschiede im Umgang mit der Erkrankung gab und gibt und diese Unterschiede waren/sind schwer auszuhalten. In vielen Fällen haben Mutter und Vater die Aufgaben so verteilt, dass meist die Mutter mit dem kranken Kind in der Klinik war und der Vater den „Rest“ zu Hause am Laufen hielt. So entstanden manchmal fast Parallelwelten für beide, zwischen denen nur wenig Austausch erfolgte oder möglich war.

In einigen Fällen ist die Unzufriedenheit mit der Partnerin/dem Partner so groß geworden, dass die Beziehung auf der Kippe steht und Sie eine Trennung erwägen. Treffen Sie, im Zustand der Erschöpfung direkt nach dem Ende der Therapie noch keine solch weitreichenden Entscheidungen. Lassen Sie sich Zeit, sprechen Sie viel miteinander, prüfen Sie die gemeinsame Basis: Eine Trennung nach der anstrengenden Zeit wird Sie erneut stark herausfordern und eine Erholung erschweren.

Sollten Sie solche Gedanken haben, suchen Sie Rat und Unterstützung bei MitarbeiterInnen des Psychosozialen Dienstes, der psychosozialen Nachsorgeeinrichtung oder einer Familienberatungsstelle.

Wenn die Eltern eines kranken Kindes getrennt sind, war die Zeit der Behandlung eine besondere Herausforderung. Mutter und Vater waren verstärkt gezwungen, sich miteinander über die Art der Versorgung auszutauschen. Vielleicht haben Sie neue Modelle der Sorge um das Kind ausprobiert und dabei versucht, die Trennungsgründe in den Hintergrund zu stellen. Je nachdem, wie gut Mutter und Vater bereits vor der Erkrankung die Versorgung des gemeinsamen Kindes/der gemeinsamen Kinder absprechen und regeln konnten, war auch die Behandlungszeit mit mehr oder weniger Konflikten verbunden.

In vielen Fällen ist es getrenntlebenden Eltern gelungen, in der Sorge um das Kind einen angemessenen Umgangsstil miteinander zu finden. Bei anderen haben sich Konflikte miteinander verstärkt. Manch eine Mutter und manch ein Vater ist unzufrieden und enttäuscht darüber, dass sich der andere Elternteil dem kranken Kind gegenüber nicht so verhalten hat, wie sie/er sich das gewünscht hätte. Nach der Erfahrung und dem Stress mit der Erkrankung gelingt es einigen Eltern, sich wieder mehr annähern und besser zu verständigen; andere erleben eher die Bestätigung, dass die Trennung richtig war.

Nach dem Ende der Therapie kann es für Sie als Eltern sinnvoll sein, sich noch einmal zu erinnern, wer Sie und Ihre Familie in dieser anstrengenden Zeit unterstützt und begleitet hat. Zu Beginn gab es sicher viele Menschen aus Ihrem Umfeld, die Ihnen praktische und/oder emotionale Hilfe angeboten haben. Im Laufe der Zeit haben Sie erfahren, auf wen Sie wirklich in der Not zählen und zurückgreifen können. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich bei diesen Personen ausdrücklich zu bedanken und ihnen zu sagen, wie hilfreich sie für Ihre Familie waren.

Viele Eltern berichten auch, dass sich manche Freundschaften und Kontakte „verschoben“ haben und sich vermeintlich gute FreundInnen zurückgezogen oder mit nicht hilfreichen Kommentaren die Situation eher schwerer gemacht haben; wohingegen andere Menschen aus dem weiteren Umfeld zu neuen und wichtigen Bezugspersonen geworden sind. Vielleicht ist es an der Zeit zu prüfen, welche Freundschaften und Kontakte Sie weiterhin pflegen und zu welchen Menschen aus Ihrem Umfeld Sie eher auf Distanz gehen wollen.

In der Klinik haben Sie andere Familien kennengelernt, die wie eine „Familie auf Zeit“ für Sie geworden sind. Prüfen Sie, mit welchen Menschen aus dieser „Notgemeinschaft“ Sie weiterhin freundschaftlich verbunden bleiben und wo Sie eher wieder Ihre eigenen Wege gehen wollen. Dies betrifft auch Ihre Verbindungen in den sozialen Netzwerken: Es ist in Ordnung, wenn Sie sich aus der einen oder anderen Chatgruppe wieder verabschieden und dafür verstärkt Kontakte aus Ihrem „normalen“ Umfeld pflegen.

Am Ende der Therapie dürfen Sie sich darauf besinnen, welche neuen (auch positiven) Erfahrungen Sie in dieser Zeit gemacht haben:

Sie haben gelernt,

  • in der schweren Zeit als Familie zusammenzuhalten
  • bekannte und neue Strategien im Umgang mit Stress erfolgreich anzuwenden
  • mit wildfremden Menschen ein Zimmer zu teilen und tolerant zu sein
  • sich mit Menschen auf der Station zu arrangieren, mit denen Sie früher kein Wort gewechselt hätten
  • medizinische Informationen zu verstehen und danach zu handeln
  • mit ÄrztInnen zu sprechen und Ihre Anliegen und Fragen in der Klinik zu formulieren
  • dass Sie viel mehr aushalten können, als Sie je gedacht haben
  • um Hilfe zu bitten und Unterstützung anzunehmen
  • wann Sie wirklich an Ihre Grenzen kommen und wie Sie darauf reagieren können
  • wie kostbar die gemeinsame Zeit mit Ihrem Kind und der Familie ist
  • wie wohltuend ein einfaches „Guten Morgen“ nach einer durchwachten Nacht sein kann
  • wie gut sich ein paar Schritte an der frischen Luft nach einem langen Tag in der Klinik anfühlen können

Nach dem Ende der Therapie ist es oft sinnvoll, auch einen klaren Blick auf Ihre finanzielle Situation zu werfen. Selbstverständlich hat die Krankenkasse Ihres Kindes sämtliche Behandlungskosten übernommen; aber es gab doch auch eine ganze Reihe an unerwarteten Ausgaben, die das Familienbudget möglicherweise erheblich belastet haben: Dazu gehören Verdienstausfälle bei den Eltern, teure Fahrkosten, mehr Anschaffungen für das Kind oder Kosten für spezielle Lebensmittel.

Für manche Eltern war die Erkrankung und Behandlung Ihres Kindes auch deshalb eine große finanzielle Herausforderung, weil Sie gleichzeitig hohe Verbindlichkeiten wie etwa einen Hausbau bewältigen oder Kredite bedienen mussten. Hier kann es sinnvoll sein, eine wirklichkeitsnahe Planung auf die Beine zu stellen und eventuell eine Schuldnerberatung oder andere Finanzberatungen hinzuzuziehen. Über Möglichkeiten für finanzielle Zuschüsse (beispielsweise aus dem Sozialfond der Deutschen Kinderkrebsstiftung oder aus Spendenmitteln der Elternvereine) informieren Sie die MitarbeiterInnen des Psychosozialen Teams der Klinik oder der psychosozialen Nachsorge bei entsprechend nachgewiesenem Bedarf.

Manche Eltern glauben allerdings auch, dass Ihnen für das erlittene Leid sozusagen eine finanzielle Entschädigung „zustehen“ müsste und versuchen, entsprechende Zuschüsse zu beantragen. Solche spendenfinanzierten Zuschüsse sind ausschließlich für konkrete finanzielle Härten gedacht, ein „Schmerzensgeld für Schicksal“ kann und wird es nicht geben.

Im Rückblick auf die Behandlungszeit stellen viele Eltern fest, dass sich ihre Einstellungen, Haltungen und Erkenntnisse zu bestimmten Lebensfragen verändert haben. Sie berichten beispielsweise, dass sie nun anders darüber denken, was ihnen im Leben wichtig ist und wie sie ihre Zeit und Energie künftig einsetzen wollen. In diesen Veränderungen wird oft der größte Unterschied zu bisherigen Freunden und Bekannten deutlich, die die Erfahrung einer lebensbedrohlichen Erkrankung beim eigenen Kind nicht machen mussten.

Solche Haltungen und Fragen können beispielsweise sein:

  • Das Leben und die Gesundheit Ihrer Kinder sind unendlich kostbar.
  • Der Tod, auch der Tod von Kindern, gehört zum Leben dazu.
  • Demut gegenüber dem Schicksal kann eine neue Erfahrung sein.
  • Wenn das Leben nicht beherrschbar ist – was bedeutet das für Sie?
  • Wer sind Ihre wahren Freunde?
  • Was ist in Ihrem Leben wirklich wichtig?
  • Wie wollen Sie Ihre Zeit einsetzen?
  • Für welche Sorgen (eigene und die der anderen) wollen Sie sich engagieren?

Neustart heißt: Abschied nehmen und Verluste/Veränderungen betrauern.

Wenn Sie damit beginnen, erste Schritte in Ihr „neues“ Leben zu machen, werden Sie merken, dass sich erneut vieles verändert und dass Sie auch einiges zurücklassen müssen. Ein Teil der Erschöpfung und depressiven Verstimmung, die Eltern zu diesem Zeitpunkt erleben, ist oft auf diese erneuten Veränderungen zurückzuführen, die Traurigkeit und Verwirrung hervorrufen können.

In den vergangenen Monaten ist die Klinik Ihr „zweites Zuhause“ geworden und Sie haben dort viele Menschen (sowohl Personal als auch andere Familien) getroffen, die Ihre Situation sehr gut verstanden und zu denen Sie großes Vertrauen entwickelt haben. Viele Eltern berichten, dass die Kontakte zu anderen Eltern in der Klinik für sie wichtiger geworden sind, als die zu ihren sonstigen Freunden. Und sie werden die vertraut gewordenen Menschen aus der Klinik jetzt vielleicht schmerzlich vermissen. Außerdem war die Klinik für Eltern meist ein Ort, an dem sie Hilfe für ihr Kind erfahren und viel Sicherheit erlebt haben.

Manche Eltern möchten den Abschied von der Klinik bewusst gestalten und bringen beispielsweise Kuchen mit; andere haben dieses Bedürfnis nicht in dieser Weise. Vielleicht kann es passend sein, wenn Sie als Eltern Ihre Dankbarkeit gegenüber den MitarbeiterInnen etwa durch eine Karte zum Ausdruck bringen?

Manche Eltern haben auch gelegentlich mit den MitarbeiterInnen der Kinderkrebsstation gerungen oder Konflikte ausgetragen. Es kann guttun, sich mit einem Klärungsgespräch zu verabschieden, wenn beispielsweise nach dem Ende der Therapie bestimmte Fragen im Umgang miteinander noch offengeblieben sind.

Viele Eltern erleben den Verlust der Unbeschwertheit gegenüber der Zukunft als sehr schmerzlich. Wenn Sie früher ganz selbstverständlich Ihr Leben (und das Ihrer Kinder) geplant haben, so sind Sie jetzt wahrscheinlich deutlich vorsichtiger geworden und „trauen“ sich nicht, bestimmte Pläne zu machen oder zu verfolgen – aus der Sorge heraus, dass die Krankheit vielleicht wieder kommt und dann alles unmöglich wird. Sie haben erfahren, dass eben nicht immer alles gut wird oder gut bleibt. Es wird in der Zukunft sicher zu den großen Herausforderungen gehören, trotz dieses Verlusts an Unbeschwertheit, darauf zu vertrauen, dass das Leben in einem guten Sinne weitergehen kann: Sie haben gelernt, dass man auch dann weiterleben kann, wenn alles anders kommt, als Sie erhofft haben und das wird Ihnen helfen, Schritte in die Zukunft zu wagen.

Neustart heißt: Den Blick nach vorn richten.

Von jetzt an ist es auch wieder Ihre Aufgabe, den Blick nach vorne zu richten und zu sehen, wie Sie unter den neuen Bedingungen Ihr Leben planen und selbst in die Hand nehmen können. Gestehen Sie sich ein angemessen langsames Tempo für den Übergang zu, planen Sie die nächsten Aktivitäten Schritt für Schritt und nicht alles auf einmal. Zudem wird in Ihrem Leben nicht alles „neu“ sein: Machen Sie sich bewusst, welche Gewohnheiten und Aktivitäten Sie allmählich wieder aufnehmen wollen. Die Erfahrung der schweren Erkrankung Ihres Kindes wird Sie noch lange Zeit begleiten und sämtliche Bereiche beeinflussen oder „einfärben“ – sie können daraus aber auch Zuversicht und Selbstvertrauen ziehen.

Besonders wichtig ist es, dass Sie sich wieder Zeit als Paar nehmen und ungestörte Zeiten ohne die Kinder miteinander verbringen: So können Sie gemeinsam Rückschau halten auf das, was Sie zusammen gemeistert haben, dankbar zu sein, dass es Ihrem Kind wieder gut geht und allmählich die Zukunft in den Blick nehmen.

Tun Sie etwas für sich und als Paar: Entspannen Sie miteinander und genießen die Zweisamkeit.

Nehmen Sie sich Zeit, um zu überlegen:

  • Wie wollen Sie weiter leben?
  • Wie soll Ihre Arbeit aussehen?
  • Welche Wünsche haben Sie selbst im Leben?
  • Welche Projekte wollen Sie verfolgen?
  • Welche Freiräume können Sie jetzt für sich schaffen?
  • Welche Interessen und Hobbys wollen Sie pflegen?
  • Mit welchen Menschen wollen Sie Ihre freie Zeit verbringen?
  • Wie können Sie sich um Ihre eigene Gesundheit kümmern?

Manche Mütter oder Väter haben nach der Behandlungszeit das Bedürfnis, sich für andere krebskranke Kinder und deren Familien ehrenamtlich zu engagieren und ihre Erfahrungen in die Mitarbeit im örtlichen Eltern- oder Förderverein einzubringen.

Lassen Sie sich mit dem Start in ein solches Engagement Zeit, bis Sie genügend Abstand zur Erkrankung Ihres eigenen Kindes gewonnen haben; Ihre Kraft und Energie wird dann sicher sehr willkommen sein!