Therapieabschlussgespräch

Autor:  Barbara Grießmeier, Iris Lein-Köhler, Zuletzt geändert: 23.08.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e256163

Nach dem Abschluss der Intensivtherapie nehmen sich die ÄrztInnen Ihres Kindes ausführlich Zeit, um einerseits gemeinsam mit Ihnen die zurückliegenden Monate der Therapie zu reflektieren und andererseits zu besprechen, wie es nun konkret weitergeht. In diesem Gespräch wird die Zeit der Diagnosestellung nochmals aufgerollt, die einzelnen Schritte der Behandlung betrachtet und der Erfolg der Therapie genau erklärt. Manchmal, vor allem bei soliden Tumoren, werden am Ende der Therapie nochmals bildgebende Untersuchungen durchgeführt, so dass man das „Vorher-Nachher“ gut nachvollziehen kann. Wenn es für Sie wichtig ist, bitten Sie darum, diese Bilder sehen zu dürfen.

In diesem oft interdisziplinär geführten Gespräch (beispielsweise unter Beteiligung einer Pflegefachkraft, einer VertreterIn des Psychosozialen Teams und/oder der ambulanten Nachsorge) gibt es auch Raum für das, was möglicherweise anders gelaufen ist, als gewünscht oder zu Beginn der Therapie besprochen: wie ungeplante Klinikaufenthalte, schwere Nebenwirkungen und anderes. Und Sie haben hier auch die Möglichkeit, Lob oder auch Kritik anzubringen oder Ihre Sorgen bezüglich der Zukunft zu besprechen.

Nach den Anstrengungen und Belastungen der letzten Monate möchten Sie wahrscheinlich einfach nur hören, dass sich der ganze „Stress“ gelohnt hat und Ihre Tochter/Ihr Sohn jetzt wirklich ganz gesund ist und ob er/sie „genug“ Therapie erhalten hat, um dauerhaft gesund zu bleiben. Ihr wichtigstes Anliegen an diesem Punkt der Behandlung ist wahrscheinlich die Frage, was Sie selbst tun können, um einen möglichen Rückfall zu verhindern.

Vielleicht wollen Sie auch wissen, wie hoch die statistische Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs bei der Erkrankung Ihres Kindes ist. Wenn es darüber Aussagen gibt, sollten Sie bedenken: Die Zahlen aus Statistiken geben an, bei wie vielen Kindern mit einer vergleichbaren Diagnose in der Vergangenheit die Krankheit wiedergekommen ist. Sie geben aber keine Auskunft darüber, ob die Krankheit genau bei Ihrem Kind wieder kommen kann oder wird. Das bedeutet: Ob Ihr Kind gesund bleibt oder nicht, entscheidet sich nicht dadurch, ob und wie viele andere Kinder in der Vergangenheit gesund geworden sind. Hinter der Frage zur Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls steht ja meist der Wunsch nach einer Bestätigung, dass Ihr Kind ganz bestimmt nicht dazu gehören wird: Diese Sicherheit kann Ihnen leider auch die erfahrenste Ärztin/der beste Arzt nicht geben.

Dennoch gilt: „Nachsorge ist Vorsorge“. Wenn Sie die regelmäßigen Nachsorgetermine einhalten, tragen Sie entscheidend dazu bei, dass eventuelle Veränderungen frühzeitig erkannt werden (Früherkennung). Leider können Sie sonst nichts Bestimmtes tun, um einen möglichen Rückfall zu verhindern und das kann unbefriedigend sein. Doch die ÄrztInnen werden Ihnen versichern, dass sie auch im Falle eines Rezidivs weiterhin alles tun werden, um Ihrem Kind zu helfen.

Wie kann man mit dieser Unsicherheit leben? Wie können Sie trotzdem zurück in Ihren Alltag finden, auch wenn es keine Garantie dafür gibt, dass die Krankheit für immer wegbleibt? Die Beantwortung dieser Frage gehört sicher zu den schwierigsten Herausforderungen nach Abschluss der Behandlung jeder Krebserkrankung und kann nur individuell „gelebt“ werden.

Ein wesentlicher Teil des Abschlussgesprächs werden die Nachsorgemaßnahmen sein, die das Therapieprotokoll Ihres Kindes vorsieht. Mit diesen Untersuchungen wird einerseits zu bestimmten Zeitpunkten regelmäßig überprüft, dass die Krankheit auch weiterhin nicht nachweisbar ist und andererseits danach geschaut, ob Ihr Kind etwa an Spätfolgen der Therapie leidet, die eine bestimmte Behandlung/Therapie oder individuelle Förderung notwendig machen.

Die Häufigkeit dieser Nachsorgetermine nimmt im Laufe der Zeit immer mehr ab: In der ersten Zeit nach Ende der intensiven Therapie bleibt Ihr Kind noch vergleichsweise engmaschig in der onkologischen Nachsorgeambulanz betreut. Dann werden diese Abstände größer und Haus-, Fach- oder KinderärztInnen werden wieder wichtige Ansprechpersonen bei gesundheitlichen Problemen.

Die Frage „Wann kann/darf mein Kind wieder alles machen?“ lässt sich nicht allgemein beantworten. Wenn sich die Blutwerte nach dem letzten Zelltief (Aplasie-Phase) nach Ende der Chemotherapie weitgehend normalisiert haben, darf Ihre Tochter/Ihr Sohn normalerweise wieder zurück in den Alltag mit Kindergarten, Schule, Ausbildung und Pflege ihrer/seiner Hobbies. Wie „schnell“ diese Rückkehr gelingt, ist aber meist weniger medizinisch begründet, sondern abhängig vom Befinden und den individuellen Bedürfnissen der Kinder/Jugendlichen. Bei den meisten PatientInnen ist dieser Übergang ein längerer Prozess, der sich über Wochen oder gar Monate hinziehen kann: Oft zeigt sich, dass sich die Kinder nach vielen Monaten im Krankenhaus oder zu Hause auf der Couch doch erst wieder an die Anforderungen des Alltags gewöhnen müssen.

Die ÄrztInnen werden Ihr Kind dazu ermutigen, selbst herauszufinden, was ihm/ihr hier gut tut, ohne sich zu überfordern. Auch der Psychosoziale Dienst in der Klinik oder die psychosozialen MitarbeiterInnen der Nachsorgeeinrichtung stehen Ihnen und Ihrer Tochter/Ihrem Sohn noch bei allen Fragen und Anliegen im Zusammenhang mit dem Übergang in die Normalität als AnsprechpartnerInnen zu Verfügung.