Sozialrechtliche, finanzielle und organisatorische Unterstützungsmöglichkeiten in Österreich

Autor:  Kerstin Krottendorfer, Zuletzt geändert: 25.09.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e227442

In Österreich sind sozialrechtliche Unterstützungsmöglichkeiten anders als in Deutschland geregelt. Diese Seiten informieren ausschließlich über Hilfen in Österreich. Sie finden hier Informationen zu arbeitsrechtlichen Möglichkeiten, Behindertenausweis und Vertragsfahrten.

Arbeitsrechtliche Möglichkeiten für Eltern

Stationäre Aufnahmen sowie ambulante Termine aufgrund der Erkrankung Ihres Kindes können hinsichtlich Ihrer beruflichen Tätigkeit eine Herausforderung darstellen. Im Folgenden finden Sie unterschiedliche Möglichkeiten zur Freistellung von Ihrer beruflichen Tätigkeit, damit Sie Ihre Tochter/Ihren Sohn begleiten können.

Pflegeurlaub/-freistellung

Eltern können unter bestimmten Rahmenbedingungen Pflegeurlaub nehmen beziehungsweise sich freistellen lassen. Im Überblick:

  • Anspruch auf Pflegeurlaub/-freistellung haben Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen oder beim Arbeitsmarktservice gemeldet sind.
  • Pflegeurlaub/-freistellung kann pro Arbeitsjahr im Ausmaß von einer Wochenarbeitszeit in Anspruch genommen und für die notwendige Betreuung und Pflege zu Hause, aber auch für die Begleitung ins Krankenhaus (bis zum 10. Lebensjahr) eingesetzt werden.
  • Wenn die Begleitung bei Kindern über das 10. Lebensjahr hinaus ins Krankenhaus aus objektiven Gründen notwendig ist, können auch Kinder, die älter als 10 Jahre sind, von ihren Eltern begleitet werden. Hierfür kann eine Bestätigung vom Krankenhaus zur Vorlage beim Arbeitgeber/dem Arbeitsmarktservice notwendig sein.
  • Wenn Sie Pflegeurlaub/-freistellung zur Begleitung Ihres Kindes in Anspruch nehmen wollen, benachrichtigen Sie ehestmöglich ihre/n Arbeitgeber/in bzw. den/die zuständigen Berater/in beim Arbeitsmarktservice.
  • Ist die erste Woche Pflegeurlaub ausgeschöpft und Ihr Kind jünger als 12 Jahre, kann bei Bedarf eine zweite Pflegeurlaubswoche (erweiterter Pflegeurlaub) in Anspruch genommen werden.

Wenn eine längere medizinische Behandlung bei Ihrem Kind notwendig ist, gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten einer länger andauernden beruflichen Freistellung - die Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit oder die Pflegekarenz/Pflegekarenzteilzeit:

Familienhospizkarenz/ Familienhospizteilzeit

Die Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit bedeutet eine Herabsetzung, Änderung oder Freistellung von der Normalarbeitszeit für ArbeitnehmerInnen zur Begleitung schwerkranker Angehöriger.

Ein Antrag auf Genehmigung von Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit ist von dem/der Arbeitnehmer/in bei dem/der Arbeitgeber/in oder beim Arbeitsmarktservice schriftlich einzubringen. Wenn kein Konsens zustande kommt, kann der/die ArbeitnehmerIn trotzdem fünf Tage nach Bekanntgabe die Karenz antreten, bis gerichtlich darüber entschieden wird.

Die ArbeitnehmerInnen sind während der Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit kranken- und pensionsversichert. Weiterhin besteht während und vier Wochen nach der Familienhospizkarenz ein Kündigungsschutz.

Die Beantragung der Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit erfolgt mit einem Antragsformular beim Sozialministeriumsservice Graz (für ganz Österreich). Unterlagen wie Einkommensbestätigungen von allen im Haushalt lebenden Personen, Bestätigung über die Vereinbarung der Karenz mit dem Arbeitgeber oder Arbeitsmarktservice und der Familienbeihilfenbescheid müssen mitgeschickt werden.

Die Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit

  • ist nicht an den gemeinsamen Wohnsitz gebunden und hängt nicht von Pflegehandlungen beim Erkrankten ab.
  • kann beim eigenen Kind für fünf Monate beantragt und um weitere vier Monate verlängert werden - Gesamtdauer 9 Monate
  • kann vom Ehepartner/von der Ehepartnerin, den Eltern, Kindern, Enkelkindern, Adoptiv- und Pflegekindern, vom Lebensgefährten/von der Lebensgefährtin und Geschwistern in Anspruch genommen werden.
  • Während der Zeit der Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit erhält der freigestellte Elternteil eine monatliche Zahlung, das sogenannte Pflegekarenzgeld. Die Höhe des Pflegekarenzgeldes beträgt 55% des täglichen Nettoeinkommens inklusive Kinderzuschlag von 0,97 Euro pro Tag für jedes Kind. Wird die Arbeitszeit im Falle der Familienhospizteilzeit reduziert, gebührt das Pflegekarenzgeld aliquot.
  • Bei niedrigem Haushaltseinkommen kann auch aus dem Härteausgleichsfonds des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend eine Leistung bezogen werden.

Pflegekarenz/ Pflegekarenzteilzeit

Pflegekarenz/Pflegekarenzteilzeit bedeutet ebenso eine Herabsetzung, Änderung oder Freistellung von der Normalarbeitszeit für ArbeitnehmerInnen zur Begleitung schwer kranker Angehöriger.

Die Beantragung der Pflegekarenz/Pflegekarenzteilzeit erfolgt mit einem Antragsformular beim Sozialministeriumsservice Graz (für ganz Österreich). Ebenfalls sollen Unterlagen wie Einkommensbestätigungen von allen im Haushalt lebenden Personen, Bestätigung über die Vereinbarung der Karenz mit dem Arbeitgeber oder Arbeitsmarktservice und den Familienbeihilfenbescheid mitgeschickt werden.

Voraussetzungen für die Pflegekarenz/Pflegekarenzteilzeit sind:

  • das Arbeitsverhältnis besteht seit mindestens drei Monaten
  • das Kind/der/die Jugendliche erhält mindestens Pflegegeld der Stufe 1. Liegt noch kein Pflegegeld vor, kann ein beschleunigtes Pflegegeldverfahren - binnen drei Wochen - in die Wege geleitet werden. (Achtung: bei Erwachsenen gibt es andere Regelungen!)
  • Pflegekarenz/Pflegekarenzteilzeit kann vom Ehepartner/von der Ehepartnerin, den Eltern, Kindern, Enkelkindern, Adoptiv- und Pflegekindern, dem Lebensgefährten/von der Lebensgefährtin und Geschwistern in Anspruch genommen werden.
  • Die Pflegekarenz/Pflegekarenzteilzeit kann zwischen 1 - 3 Monaten in Anspruch genommen werden; bei Erhöhung des Pflegegeldes kann die Pflegekarenz/Pflegekarenzteilzeit erneut beantragt werden.
  • Während der Pflegekarenz besteht ein Motivkündigungsschutz. (Eine Kündigung wegen der Inanspruchnahme der Pflegekarenz kann per Gericht angefochten werden.)
  • Ebenso wie bei der Familienhospizkarenz erhält man bei der Pflegekarenz/ Pflegekarenzteilzeit eine monatliche Zahlung, das sogenannte Pflegekarenzgeld. Die Höhe des Pflegekarenzgeldes beträgt 55% des täglichen Nettoeinkommens inklusive Kinderzuschlags von 0,97 Euro pro Tag für jedes Kind. Wird die Arbeitszeit im Falle der Pflegekarenzteilzeit reduziert, gebührt das Pflegekarenzgeld aliquot.
  • Eine Leistung aus dem Härteausgleichsfonds, wie bei der Familienhospizkarenz, gibt es jedoch nicht.

Finanzielle und organisatorische Unterstützungsmöglichkeiten

Im Rahmen der Erkrankung Ihres Kindes kann es sein, dass auf Sie als Familie einige krankheitsbedingte Mehrkosten (beispielsweise Fahrtkosten, Lebensmittel, Medikamente) zukommen. Folgend finden Sie einige Unterstützungsmöglichkeiten, welche Sie während der Behandlung Ihres Kindes in Anspruch nehmen können.

Erhöhte Familienbeihilfe

Die erhöhte Familienbeihilfe wird mittels eines Formulars beim Finanzamt beantragt. Nach Antragsstellung erfolgt eine schriftliche Einladung vom Sozialministeriumservice zu einer ärztlichen Begutachtung.

Ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe besteht, wenn aufgrund der Erkrankung Ihres Kindes eine körperliche oder kognitive Einschränkung von mindestens 50% besteht. Das gilt zum Beispiel dann, wenn eine Behandlung des Kindes in Form einer Chemo- und/oder Strahlentherapie stattfindet. Ob oder in welcher Höhe eine Einschränkung vorhanden ist, wird im Zuge einer ärztlichen Untersuchung vom Sozialministeriumservice festgelegt. Die erhöhte Familienbeihilfe wird monatlich zusätzlich zur „normalen“ Familienbeihilfe vom Finanzamt ausbezahlt.

Pflegegeld

Das Pflegegeld wird mittels eines Formulars bei der Pensionsversicherungsanstalt PVA beantragt. Nach Antragsstellung erfolgt eine ärztliche Begutachtung. Vom Zeitpunkt dieser Untersuchung werden Sie schriftlich verständigt. Im Rahmen der Untersuchung wird die Höhe des Pflegegeldes festgelegt.

  • Der Pflegeaufwand für ein Kind mit einer onkologischen Erkrankung ist während der Zeit der medizinischen Behandlung erhöht, weshalb Pflegegeld beantragt werden kann.
  • Der Anspruch besteht unabhängig von der Höhe des Einkommens, der Ursache der Pflegebedürftigkeit und auch unabhängig davon, wer die Pflegeleistung erbringt.
  • Voraussetzung ist, dass der ständige Pflegebedarf mehr als 65 Stunden monatlich beträgt und voraussichtlich mindestens sechs Monate lang erforderlich ist. Je mehr Stunden pro Monat für die Pflege aufgewendet werden müssen, umso höher ist das Pflegegeld.
  • Die Höhe des Pflegegeldes wird durch eine Untersuchung einer Ärztin/ eines Arztes der Pensionsversicherungsanstalt festgestellt.
  • Während der Krankenhausaufenthalte ruht das Pflegegeld ab dem 2. Tag des stationären Aufenthaltes. Wird bei Kindern und Jugendlichen aber eine Begleitperson stationär aufgenommen, kann ein Antrag auf Weitergewährung gestellt werden (Aufenthaltsbestätigung des stationären Aufenthaltes der Begleitperson muss an die Pensionsversicherung geschickt werden).

Rezeptgebührenbefreiung

Sie werden im Laufe der medizinischen Behandlung Ihres Kindes immer wieder Medikamente benötigen. Die Rezeptgebühr beträgt seit 1. Jänner 2020 6,30 €. Eine Rezeptgebührenbefreiung wird je nach Einkommen gewährt. Die Einkommensgrenzen finden Sie auf der Homepage der jeweiligen Krankenkasse.

Der Antrag auf Rezeptgebührenbefreiung ist mittels Formular bei der jeweiligen Krankenkasse einzureichen. Dabei sind folgende Unterlagen mitzuschicken:

  • Einkommensbelege von allen im Haushalt lebenden Personen
  • Beleg über Alimente
  • Beleg über das Pflegegeld.

Falls Sie über der Einkommensgrenze liegen, ist es möglich, im Laufe des Kalenderjahrs automatisch die Rezeptgebührenbefreiung zu erlangen. Dies trifft zu, wenn bereits zwei Prozent des Jahresnettoeinkommens für Rezeptgebühren ausgegeben wurden.

Behindertenausweis

Die Beantragung erfolgt mittels Antrag österreichweit beim Sozialministeriumservice Linz (für ganz Österreich). Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizulegen:

  • Pflegegeldbescheid
  • Bescheid über die erhöhte Familienbeihilfe
  • medizinische Befunde
  • Passfoto vom Kind/Jugendlichen

Nach Antragsstellung erfolgt eine ärztliche Begutachtung beim Sozialministeriumservice. Über diesen Termin werden Sie schriftlich verständigt.

  • Der Behindertenausweis dient als bundeseinheitlicher Nachweis einer Behinderung und ist auch im Ausland anerkannt. Anspruch auf einen Behindertenausweis haben Personen mit einer mindestens 50%igen Behinderung.
  • Mit einem Behindertenausweis sind beispielsweise Preisermäßigungen/Sonderpreise bei Freizeit- und Kultureinrichtungen oder Steuerbegünstigungen möglich.
  • Diese einzelnen Begünstigungen sind jedoch von den Zusatzeintragungen (wie Epilepsie, Blindheit) abhängig. Welche Zusatzeintragungen Ihr Kind erhält, wird bei einer Untersuchung von einer/einem Ärztin/Arzt des Sozialministeriumservice festgestellt.

Behindertenparkausweis (§ 29b StVo)

Voraussetzung, um den Behindertenparkausweis (§29b StVo) beim Sozialministeriumservice beantragen zu können, ist ein Behindertenausweis mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“. Diese Zusatzeintragung wird zum Beispiel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung erteilt. Mit dem Behindertenparkausweis ist man berechtigt, auf den gekennzeichneten Behindertenparkplätzen zu stehen.

Die Beantragung erfolgt mittels Antrag österreichweit beim Sozialministeriumservice Linz. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizulegen:

  • Pflegegeldbescheid
  • Bescheid über die erhöhte Familienbeihilfe
  • medizinische Befunde
  • Passfoto vom Kind/Jugendlichen

Nach Antragsstellung erfolgt eine ärztliche Begutachtung beim Sozialministeriumservice. Über diesen Termin werden Sie schriftlich verständigt.

Fahrkosten/Fahrtendienstmöglichkeiten

Aufgrund der notwendigen Therapie Ihres Kindes ist es oftmals nicht möglich, dass Sie die öffentlichen Verkehrsmittel benützen. Anbei finden Sie hilfreiche Tipps, die bei der Organisation der notwendigen Kontrolltermine im Krankenhaus unterstützen können:

Vertragsfahrtendienst der jeweiligen Krankenkasse

Erhält Ihr Kind eine Strahlen- oder Chemotherapie, gibt es die Möglichkeiten den Fahrtendienst der jeweiligen Krankenkasse zu nützen. Dabei wird Ihr Kind inklusive einer Begleitperson von zu Hause abgeholt, an die Klinik und wieder zurück nach Hause gebracht. Dafür ist ein „grüner Fahrtenschein“ notwendig, den Sie bei der ersten Abholung aushändigen müssen. Dieser Fahrtenschein ist für die Strahlen- und Chemotherapie von der Krankenkasse nicht bewilligungspflichtig und es entstehen für Sie keine Kosten. Den Fahrtenschein erhalten Sie an Ihrer betreuenden Klinik oder von Ihrem Hausarzt.

Privatauto

Fahren Sie gemeinsam mit Ihrem Kind mit Ihrem eigenen Auto zu ambulanten/stationären Terminen (während der Chemotherapie oder Strahlentherapie), erhalten Sie von Ihrer jeweiligen Krankenkasse einen festen Betrag pro Kilometer rückerstattet. Notieren Sie dafür all ihre Termine und lassen Sie diese von ihrer Klinik bestätigen/abstempeln. Sie sollten die Fahrten in regelmäßigen Abständen bei ihrer jeweiligen Krankenkasse einreichen.

Nützliche Links

Tipps zur Pflegefreistellung
Familienhospizkarenz
Informationen zur Familienhospizkarenz/Familienhospizteilzeit bzw. der Pflegekarenz/ Pflegekarenzteilzeit
Pflegegeld
Nähere Information zur Beantragung des Pflegegeldes und den Pflegegeldstufen
Behindertenpass
Informationen zum Behindertenausweis und Behinderten-Parkausweis
Rezeptgebührenbefreiung
Verband der Österreichischen Kinder-Krebs-Hilfe-Organisationen