Welche konkreten Gefühle können bei Eltern auftauchen?
Autor: Iris Lein-Köhler, Zuletzt geändert: 12.07.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e227229
Die folgende Liste enthält einige Beispiele, wie Menschen sich in einer schwierigen Situation fühlen können. Vielleicht geht es Ihnen so oder so ähnlich und es kann erleichternd sein, zu sehen, dass andere ein ähnliches Wechselbad der Gefühle erleben und das Behandlungsteam darum weiß.
- sehr unterschiedlichen Gefühlen
- dem Spagat zwischen der Liebe zu meinem Kind und der ungewissen Zukunft
- der Vielzahl praktischer Bedenken, beispielsweise ob die anderen Familienmitglieder zu Hause zurechtkommen, wenn ich nicht da bin
- der Herausforderung, arbeiten gehen zu müssen, obwohl ich lieber bei meinem Kind sein möchte
- so vielen Menschen, die meine Aufmerksamkeit fordern (Menschen, die mir helfen oder raten wollen - obgleich mir die Energie fehlt, ihnen zu sagen, wie sie es tun sollen)
- der Situation der Behandlung in einem mir nicht vertrauten Gesundheitssystem
- mein Kind sterben könnte, weil ich Menschen kannte, die an Krebs gestorben sind
- mein Kind einsam oder unglücklich ist
- es meinem Kind schlecht geht, es Schmerzen hat und leidet
- es weitere schlechte Nachrichten geben könnte
- die Zukunft ungewiss ist
- ich nicht die Antworten habe, die mein Kind auf seine Fragen braucht
- ich nicht die Geduld und Gelassenheit habe, meinem Kind beizustehen
- ich meinen Glauben oder die Hoffnung auf Heilung verlieren könnte
- mein/e Partner/in und ich in dieser Krise nicht gut miteinander kommunizieren können und so meine Ehe/ Beziehung möglicherweise nicht stark genug ist, um das alles zu überstehen
- ich nicht stark genug bin, um das alles auszuhalten und meinem Kind die Unterstützung zu geben, die es braucht
- mein Kind nicht ganz gesund wird oder Spätschäden bleiben
- meine anderen Kinder leiden und ich nicht so oft für sie da sein kann, wie ich möchte und sie mich brauchen
- mein Kind und die anderen Familienmitglieder psychischen Schaden nehmen oder traumatisiert werden könnten
- meine Kraft nicht reicht, mir einfach die Energie ausgeht und ich zusammenbreche
- ich meinen Job verlieren könnte und wir nicht wissen, wie wir unsere Rechnungen bezahlen sollen
- mein Kind durch die lange Behandlungszeit den Anschluss in der Schule verlieren könnte
- alles niemals wieder so sein wird, wie vor der Erkrankung
- Warum passiert das gerade meinem Kind/unserer Familie?
- Wie kann Gott/das Schicksal das zulassen?
- Unser ganzer Alltag und das Familienleben geraten durcheinander!
- Wir erhalten nicht die Unterstützung, die wir brauchen und die wir erhofft haben!
- Das Leben „draußen“ geht einfach weiter!
- Mein Arbeitgeber und meine KollegInnen haben zu wenig Verständnis für unsere Situation und sind nicht so unterstützend und flexibel, wie es jetzt nötig wäre.
- Unsere finanzielle Situation ist schwierig: Wir müssen Kredite abzahlen, die Besuchsfahrten zur Klinik sind teuer, die Krankenkasse übernimmt nicht alle Kosten.
- Das Klinikpersonal mutet uns lange Wartezeiten oder meinem Kind schmerzhafte und anstrengende Untersuchungen/Behandlungen zu.
- Einige KlinikmitarbeiterInnen verhalten sich nicht immer geduldig und zuvorkommend.
- nicht sicher bin, dass ich die Erkrankung und den Plan für die Behandlung meines Kindes wirklich verstehe.
- nicht weiß, wer wirklich für die Betreuung meines Kindes zuständig ist – ich muss mich auf immer neue Menschen einlassen, da sich so viele verschiedene MitarbeiterInnen um unser Kind kümmern.
- noch nicht weiß, wem ich vertraue und es noch niemanden gibt, der uns so gut kennt, wie unser Kinderarzt/Hausarzt.
- der Raum im Krankenhaus beengt ist und wir das Zimmer mit anderen teilen müssen.
- sehe, dass es meinem Kind nicht gut geht und ich nicht weiß, wie ich ihm helfen kann.
- mich noch nicht gut auskenne und alles neu und fremd ist.
- nichts mehr ist, wie es war.
- mein Kind leidet.
- mein Kind nun vielleicht keine glückliche Kindheit mehr hat.
- wir unseren Glauben in das gesunde und sichere Aufwachsen unserer Kinder verloren haben.
- mein Kind leiden sehe und ich ihm nichts ersparen oder abnehmen kann.
- von meiner Familie und den Freunden getrennt bin.
- andere Kinder und ihre Familien leiden sehe.
- oft allein bin mit dem Schmerz über die Krankheit meines Kindes, obwohl ich viele Menschen in der Nähe habe.
- das Sprechen über die Situation mit dem Partner/der Partnerin und anderen Unterstützern schwierig finde.
- glaube, dass andere besser zurechtkommen. Deshalb möchte ich meine Gefühle nicht zeigen und ich fürchte, dass es niemanden gibt, mit der/dem ich darüber sprechen könnte, wie ich mich fühle.
- keine Familie in unserem Umfeld kenne, die sich jemals mit Ähnlichem auseinandersetzen musste und meine Freunde und Bekannten uns deshalb nicht wirklich verstehen können.
- meine Eltern nicht noch mehr belasten will, die sich um ihr Enkelkind sorgen, wenn ich mit ihnen offen spreche.
- nicht gut Deutsch spreche und deshalb mit anderen betroffenen Eltern und dem Behandlungsteam wenig Austausch haben kann.
- mich noch nicht auskenne, von den medizinischen Dingen wenig verstehe und/oder dem Krankenhauspersonal (noch) nicht vertrauen kann.
- meinem Kind die Krankheit vererbt haben könnte.
- mein Kind nicht früher zum Arzt gebracht oder nicht deutlich genug auf einer genaueren Untersuchung bestanden habe.
- mein Kind nicht konsequent gesund ernährt habe.
- am liebsten weglaufen oder mich verkriechen würde.
- manchmal meinem Kind oder dem Krankenhauspersonal gegenüber meinen Frust nicht zurückhalten kann und ungerecht reagiere.
- sauer auf meine/n Partner/in bin, die/der die Dinge nicht so macht, wie ich sie tun würde oder sie/er anders mit der Situation umgeht als ich.
- mich nicht ausreichend um meine eigene Gesundheit kümmere (mehr als sonst trinke oder rauche, wichtige Termine verschiebe).
- Raucher/in bin und mir Sorgen mache, dass mein Kind deswegen an Krebs erkrankt ist.
- oft weinen muss und meine Gefühle nicht verbergen kann.
- andere Menschen um Unterstützung bitten muss.
- meine Nachbarn und Freunde dafür brauche, um meine anderen Kinder zur Schule zu bringen und ihnen Dinge zu ermöglichen, die ich normalerweise für sie tue.
- so vielen Menschen Dinge über unsere Familie preisgeben muss und manche dadurch mit belastet sind.
- manchmal wütend werde und Dinge sage, die ich bereue, weil ich so müde und ängstlich bin und einfach nicht anders kann.
- nicht ausreichend in der Lage bin, mit all dem Stress umzugehen.
- nicht immer alles verstehe oder mich nicht daran erinnern kann, was die Ärzte gesagt haben.
- so erschöpft und überfordert bin.
- nicht gut klar komme, obwohl mein Kind nicht so krank ist wie andere.
- Freunde und Familienmitglieder mit gesunden Kindern.
- Menschen, die hier im Krankenhaus mehr Unterstützung haben.
- Menschen, die ihre Familie in der Nähe haben und deshalb regelmäßig Besuch bekommen.
- Eltern, deren Kinder weniger krank zu sein scheinen als meines.
- Familien, deren Kinder bereits mit der Behandlung fertig sind und alles gut geschafft haben.
- Eltern, die besser deutsch sprechen als ich.
- Paare, die sich gegenseitig unterstützen oder Familien, die nicht getrennt sind.
- dass ich noch nicht verstehe, wie die Dinge im Krankenhaus funktionieren.
- wie ich meinen Kindern konkret helfen kann.
- welche Lebensmittel ich meinem Kind geben soll und wie ich es zum Essen bewegen kann, wenn es keinen Appetit hat.
- wie ich die Hygiene- und Verhaltensregeln umsetzen soll.
- dass mein Ehepartner und ich nicht zur gleichen Zeit die gleichen Gefühle bezüglich der aktuellen Situation unseres Kindes haben und diese unterschiedlich bewerten.
- ich einerseits froh sein sollte, in der Nähe meines kranken Kindes bleiben oder bei ihm übernachten zu können, das aber andererseits ungewohnt und anstrengend ist.
- ich mir Sorgen um mein Kind mache, wenn ich nicht im Krankenhaus bin - aber mich in der Klinik Sorgen um Dinge zu Hause und/oder bei der Arbeit umtreiben.
- den Zeiten, bevor mein Kind krank wurde.
- einem Nachmittag allein mit meinem anderen Kind/meinen anderen Kindern.
- liebevollem Zusammensein mit meiner Partnerin/meinem Partner
- einem ruhigen Tag ohne schlechte Nachrichten.
- einem Tag außerhalb des Krankenhauses.
- meinem eigenen Bett.
- einem Tag, an dem ich keine Angst habe.
- Bewegung an der frischen Luft bei Sonnenschein.
- die gute medizinische Versorgung.
- gute Freunde und Familienmitglieder, die uns unterstützen wollen.
- die deutliche Besserung der Beschwerden meines Kindes und dass es die Behandlung gut verträgt.
- die Wissenschaft, die zu besseren Heilungschancen für krebskranke Kinder beiträgt.
- die Freundlichkeit des Personals (der meisten von ihnen!).