Welche persönlichen Faktoren (Krebssyndrome) erhöhen das Risiko für eine Zweitkrebserkrankung (Genetisches SMN-Risiko)?

Zuletzt geändert: 29.04.2016 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e164556

Bestimmte erblich bedingte Faktoren erhöhen das Risiko einer Zweitkrebserkrankung (sekundäre maligne Neoplasie, SMN). Neben der Art der Behandlungen (Zytostatika, Strahlentherapie, hämatopoetische Stammzelltransplantation [HSZT]) spielen Erbanlagen eine große Rolle. Solche genetischen Risikofaktoren gehen meist mit einem erblichen Krebssyndrom einher. Die Betroffenen dieser seltenen Erkrankungen werden oft mit Fehlbildungen geboren und leiden außerdem an einem erhöhten Krebsrisiko. Die Ursache dafür sind vererbte Defekte in bestimmten Genen, so genannten Tumorsuppressor- und DNA-Reparaturgenen. Dabei handelt es sich um Gene, die normalerweise dazu beitragen, Krebsentstehung zu unterdrücken beziehungsweise krebsauslösende Schäden zu reparieren.

Die folgende Tabelle enthält Informationen zu verschiedenen erblichen Krebssyndromen/-Gendefekten, für die ein Zusammenhang mit der Entstehung von SMN nach einer Krebstherapie im Kindes- oder Jugendalter besteht.
Erbliches Krebssyndrom/
Defektes Gen
Typische Tumor-/Krebserkrankungen
Bourneville-Pringle-Syndrom (tuberöse Sklerose)/TSC1- oder -2-Gen
Herzmuskeltumoren (Rhabdomyome), Tumoren des Zentralnervensystems (Gliome), Netzhauttumoren (Hamartome), gutartige Nierentumoren, Rhabdomyosarkome
BRCA1/2
Brustkrebs, Magen-Darm-Krebs, Eierstockkrebs
DICER1-Syndrom/DICER1-Gen
Lungentumoren (Blastome), Nierentumoren, Eierstocktumoren, Rhabdomyosarkome
Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)/APC-Gen
Polypen/Tumoren des Darms (Adenome, Adenokarzinome)
Gorlin-Syndrom/PTCH1-Gen
Hautkrebs (Basalzellkarzinome)
Gorlin-Syndrom/SUFU-Gen
Hautkrebs (Basalzellkarzinome), Medulloblastom
Li-Fraumeni-Syndrom/TP53-Gen
Brustkrebs, Tumoren des Zentralnervensystems, Rhabdomyosarkome, Nebennierenrindentumoren
Lynch-Syndrom ("monoallelic mismatch repair deficiency")/MLH1-, MSH2- oder -6-Gene
Tumoren des Magen-Darm-Trakts, Tumoren der weiblichen Geschlechtsorgane
Multiple endokrine Neoplasie Typ 1/MEN1
Hormon-produzierende Tumoren (Magen-Darm-Trakt, ZNS, Nebenschilddrüse, Nebennieren), Gefässtumoren (Angiofibrome des Gesichts), Tumoren des Zentralnervensystems, Lipome
Multiple endokrine Neoplasie Typ 2/MEN2
Schilddrüsenkarzinom, Nebennieren-, Nebenschilddrüsentumoren
Neurofibromatose Typ 1/NF1-Gen
(Sehbahn-)Gliome, maligne periphere Nervenscheidentumoren,
t-AML
Njmegen-Breakage-Syndrom/NBS1- oder -2-Gen
ALL (mit ZNS-Beteiligung), B-Zell-Lymphome, Tumoren des Zentralnervensystems (Medulloblastom, Gliome), Rhabdomyosarkome, Brustkrebs
Peutz-Jeghers-Syndrom/LKB1-Gen
Darmpolypen, Darmkrebs (Kolonkarzinome)
Prädispositionssyndrom für maligne Rhabdoidtumoren/hSNF5-Gen
maligne Rhabdoidtumoren (ZNS, Niere), Medulloblastom, ZNS-PNET
Retinoblastom/RB1-Gen
Netzhauttumoren (Retinoblastome), Tumoren des Zentralnervensystems, Osteosarkom, Melanom, Rhabdomyosarkome
Turcot-Syndrom ("biallelic mismatch repair deficiency")/MLH1-, MSH2- oder -6-, PMS2-Gene
Tumoren des Darms (Kolonkarzinome), Tumoren des Zentralnervensystems, Leukämien, Lymphome
von-Hippel-Lindau-Syndrom (VHL-Gen)
Gefäßtumoren (Hämangioblastome), Tumoren des Zentralnervensystems, Nierentumoren (Nierenzellkarzinome)
WAGR-Syndrom/Wilms-Tumor-(WT)-Gen
Wilms-Tumor

Erläuterungen von Zeichen und Abkürzungen: ALL: akute lymphoblastische Leukämie; t-AML: therapiebedingte akute myeloische Leukämie (siehe Behandlungsbedingte Risikofaktoren); ZNS: Zentralenervensystem; ZNS-PNET: primitiver neuroektodermaler Tumor des ZNS;

Wichtig zu wissen: Um das SMN-Risiko so gering wie möglich zu halten, wird im Rahmen einer Krebstherapie bei Patienten mit genetischen Risikofaktoren darauf geachtet, dass sie insgesamt weniger intensive Behandlungen erhalten. Dennoch sind die empfohlenen Nachsorgeuntersuchungen (siehe Welche Nachsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Zweitkrebserkrankungen werden derzeit empfohlen?) auch für diese Gruppe der Langzeitüberlebenden unverzichtbar.