Grundprinzipien psychosozialer Versorgung

Autor:  Iris Lein-Köhler, Barbara Grießmeier, Redaktion:  Ingrid Grüneberg, Zuletzt geändert: 26.06.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e269590

Psychosoziale Teams verpflichten sich in ihrer täglichen Arbeit folgenden Grundprinzipien, um den Bedürfnissen von an Krebs erkrankten Kindern/Jugendlichen und deren Familien gerecht zu werden und eine kontinuierliche, bedarfsgerechte Unterstützung zu ermöglichen:

Eine lebensbedrohliche Erkrankung bringt spezielle Belastungen und verständliche Reaktionen mit sich, die im großen Zusammenhang mit der meist plötzlich und unerwartet eingetretenen Erkrankungssituation zu verstehen sind und alle Familienmitglieder betreffen. Dieser Einschnitt in den Lebensalltag trifft Familien in sehr verschiedenen Lebenslagen.

Die Unterstützungsangebote orientieren sich immer an den Bewältigungsmöglichkeiten der einzelnen Familie im Behandlungsverlauf, die als Ausdruck vorhandener Kompetenzen angesehen werden. Dabei werden krankheitsabhängige Belastungen und bereits vor der Erkrankung bestehende familiäre Belastungen (krankheitsunabhängige Faktoren) einbezogen. Psychosoziale Fachkräfte richten ihren Blick also nicht nur auf die Erkrankung des Kindes/Jugendlichen und ihre Folgen, sondern auch auf die ganze Familie in ihrer aktuellen Lebenssituation.

Psychosoziale Unterstützung gehört zum Gesamtbehandlungskonzept der Pädiatrischen Onkologie, um frühzeitig möglichen Problemen zu begegnen und psychische Folge- und Begleiterkrankungen zu verhindern. Soziale Isolation, finanzielle Notlagen und familiäre Überlastung sollen so möglichst vermieden oder frühzeitig erkannt werden, um alle Familienmitgliedern so weit zu stabilisieren, dass sie sich allen Belastungen/Herausforderungen stellen und sie bewältigen können. Deshalb beginnt psychosoziale Begleitung mit der Diagnosestellung und steht bis in die Nachsorge hinein zur Verfügung.

Kinder benötigen die emotionale Unterstützung ihrer Bezugspersonen, die ihnen Sicherheit und Geborgenheit geben. Die Eltern sind der wichtigste Halt bei der Bewältigung der Erkrankung und der Therapie. Deshalb zielen die Angebote der Psychosozialen Teams auch auf die Stärkung der elterlichen Rolle und Kompetenz im Umgang mit dem erkrankten Kind/Jugendlichen sowie auf die Begleitung und Entlastung des ganzen Familiensystems (gegebenenfalls werden Geschwister und/oder Großeltern einbezogen). Alle Familienmitglieder sollen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

Je nach Alter/Entwicklungsstand und Art der Erkrankung/Behandlung brauchen einerseits die Kinder/Jugendlichen unterschiedliche Angebote und Strategien zur Bewältigung und Entlastung, und die psychosozialen MitarbeiterInnen andererseits ein breites Spektrum an Methoden, Interventionen und Materialien. Informationen zu und Vorbereitungen auf Behandlungen werden dem Alter der Kinder/Jugendlichen angepasst und erfolgen kindgerecht sowie auf die einzelne Familie zugeschnitten: Kulturelle, sprachliche, religiöse und innerfamiliäre Besonderheiten sollen berücksichtigt werden.

Jede Familie bringt ihre eigenen Erfahrungen, Stärken und Schwierigkeiten mit. Psychosoziale Begleitung will die Widerstandskräfte gegenüber den krankheits- und behandlungsbedingten Herausforderungen stärken. Besonders beachtet werden dabei Interessen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für die Bewältigung der jeweiligen Situation hilfreich sind (wie beispielsweise Hoffnung, optimistische Grundhaltung, Durchhaltevermögen). Wichtige Bausteine dafür sind stabile familiäre Beziehungen und ein guter Zusammenhalt, ein tragfähiges soziales Netz, offene Kommunikation und ein haltgebendes Erziehungsverhalten.

Psychosoziale Begleitung beginnt mit der Diagnosestellung und steht an jeder behandelnden Klinik, in der Rehabilitation sowie in der Nachsorge zur Verfügung. Personelle Kontinuität durch feste psychosoziale Ansprechpersonen erleichtert den Weg durch die Behandlungszeit. So können tragfähige Beziehungen entstehen, die gegebenenfalls auch über den Tod eines Kindes/Jugendlichen hinausreichen.

Häufig wirken psychosoziale Fachkräfte auch unterstützend und vermittelnd bei Konflikten mit dem Behandlungsteam, mit anderen Familien oder innerhalb der Familie. Eine gute psychosoziale Begleitung trägt so zum Vertrauen in die Behandlung und die BehandlerInnen bei.

Der aktuelle Betreuungsbedarf kann im regelmäßigen Austausch mit dem Behandlungsteam und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der einzelnen Familienmitglieder zu unterschiedlichen Zeiten im Behandlungsverlauf verschieden stark sein. Art und Intensität der psychosozialen Angebote orientieren sich am körperlichen und seelischen Befinden der Patientin/des Patienten und der Familie sowie an der jeweiligen Behandlungsphase.

Zum Psychosozialen Team gehören VertreterInnen unterschiedlicher Berufsgruppen: Auf jeden Fall gibt es in einem Psychosozialen Team PsychologInnen, SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen und ErzieherInnen/HeilpädagogInnen. Musik- und/oder KunsttherapeutInnen, SporttherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, PädagogInnen und andere vervollständigen viele Teams und ermöglichen ein breitgefächertes Angebot. Die psychosozialen MitarbeiterInnen treffen sich regelmäßig zum fachlichen Austausch, stimmen Maßnahmen und Angebote ab und überprüfen deren Wirksamkeit:

Darüber hinaus koordinieren und vernetzen die psychosozialen MitarbeiterInnen externe Unterstützungsangebote (wie ambulante Therapien, Elternvereine, Selbsthilfegruppen) unter Berücksichtigung des Wohls der erkrankten Kinder/Jugendlichen und ihrer Familien.

Das Psychosoziale Team arbeitet sehr eng mit den ärztlichen MitarbeiterInnen und Pflegefachkräften der Klinik/der Nachsorge zusammen und bringt sich mit den Anliegen der Familien in interdisziplinäre Besprechungen ein, damit Patientenversorgung und Abläufe kontinuierlich verbessert werden können.