Carboplatin
Der folgende Text informiert über Anwendung, Wirkung und mögliche Nebenwirkungen des Carboplatin sowie darüber, welche Wechselwirkungen mit anderen Substanzen auftreten können und wann Carboplatin nicht oder nur eingeschränkt verabreicht werden darf.
Autor: Julia Dobke, Redaktion: Ingrid Grüneberg, Zuletzt geändert: 27.08.2025 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e286228
Inhaltsverzeichnis
- Anwendung: Wie wird Carboplatin eingesetzt?
- Wirkung: Wie wirkt Carboplatin?
- Nebenwirkungen: Welche Begleiterscheinungen können während oder nach der Behandlung mit Carboplatin auftreten?
- Wechselwirkungen: Mit welchen anderen Medikamenten / Substanzen kann Carboplatin interagieren?
- Gegenanzeigen: Wann darf Carboplatin nicht angewendet werden?
Anwendung: Wie wird Carboplatin eingesetzt?
Carboplatin wird in Kombination mit weiteren krebswirksamen Arzneimitteln zur Behandlung von Tumoren eingesetzt. Es wird als Infusion in eine Vene (intravenös, i. v.) verabreicht.
Wirkung: Wie wirkt Carboplatin?
Carboplatin gehört zur Substanzgruppe der Platinderivate aus der Reihe der Schwermetallkomplexe. Platinsubstanzen bilden mit der Erbsubstanz DNA Metallkomplexe und stören dadurch deren Struktur und Funktionsfähigkeit. Der Zellstoffwechsel kommt zum Erliegen und eine Zellteilung ist ebenfalls nicht mehr möglich. Da Platinsubstanzen auch die Reparaturmechanismen der Zelle hemmen, kann der Schaden nicht mehr behoben werden und die Zelle stirbt ab.
Nebenwirkungen: Welche Begleiterscheinungen können während oder nach der Behandlung mit Carboplatin auftreten?
Im Folgenden werden die sehr häufig bis häufig und gelegentlich auftretende Nebenwirkungen dargestellt. )
Definition der aufgetretenen Fälle pro Anzahl der Behandelten:
Sehr häufig: mehr als 1 von 10;
häufig: mehr als 1 von 100;
gelegentlich: mehr als 1 von 1000; s
elten: mehr als 1 von 10 000;
sehr selten: weniger als 1 von 10 000.
Für mehr Informationen zu den selten bis sehr selten auftretenden Nebenwirkungen informieren Sie sich bitte in den Fach- und Gebrauchsinformationen des jeweiligen Herstellers.
Sehr häufige Nebenwirkungen
Knochenmark
Abhängig von der Medikamenten-Dosis können unterschiedlich schwere Grade einer Knochenmarkschädigung (eine so genannte Knochenmarkdepression oder Myelosuppression) auftreten.
Sehr häufig zu rechnen ist mit einem Abfall der Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) mit oder ohne Fieber und infolgedessen mit der Gefahr von zum Teil lebensbedrohlichen Infektionen. Ebenfalls häufig ist ein Abfall der Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) und entsprechend der Gefahr eines erhöhten Blutungsrisikos sowie der Abfall der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) mit der Folge des Auftretens einer Anämie.
Nieren
Carboplatin verursacht sehr häufig eine Nierenfunktionsstörungen mit Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Die Schwere der Nierenfunktionsstörung hängt von der Carboplatin-Dosis ab und nimmt bei Mehrfachgabe zu. In der Folge können eine akute Einschränkung der Urinproduktion in den Nierenkörperchen und eine Erhöhung des Serum-Harnstoffs und des Serum-Kreatinins auftreten. In den meisten Fällen ist die Nierenfunktionsstörung jedoch nur vorübergehend.
Stoffwechsel/Blutwerte
Sehr häufig kommt es im Blut einerseits zur Erhöhung des Harnstoffs, der alkalischen Phosphatase, der Aspartataminotransferase (AST) und andererseits zu einer Erniedrigung der Elektrolyte Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium.
Magen-Darmtrakt
Sehr häufig kommt es 6 - 12 Stunden nach der Gabe von Carboplatin zu Übelkeit und Erbrechen. Meist klingen diese Erscheinungen jedoch innerhalb von 24 Stunden wieder ab und können im Allgemeinen durch Antiemetika beherrscht werden.
Häufig und gelegentlich auftretende Nebenwirkungen
Gehör
Eine durch Carboplatin verursachte Hörschädigung geht überwiegend mit einem Verlust der Wahrnehmung im Bereich hoher Töne (Frequenzen über 4000 Herz) einher. Bei mit Cisplatin vorbehandelten Patienten, die unter dieser Therapie einen Hörverlust entwickelten, kann die Beeinträchtigung des Hörvermögens anhalten oder sich verschlechtern. Ein klinisch signifikanter Hörverlust wurde bei Kindern beobachtet, denen höhere als die empfohlenen Carboplatin-Dosen in Kombination mit anderen gehörschädigenden Arzneimitteln verabreicht wurden.
Mehr zu therapiebedingten Hörstörungen erfahren Sie hier.
Nervensystem
Nach der Nierenschädigung stellt die Schädigung des Nervensystems (Neurotoxizität) die zweitwichtigste Form der chronischen Schädigung dar. Sie kann zum Beispiel in Form von peripheren Polyneuropathien (Nervenschädigungen an Armen und Beinen), Hörverlust (siehe Gehör) und, hierbei seltener, Sehstörungen auftreten.
Periphere Polyneuropathien werden vor allem nach längerer Carboplatin-Anwendung (über Monate hinweg) beobachtet. Sie können aber auch nach einmaliger Anwendung auftreten.
Schwere Schäden des Nervensystems sind vor allem bei Patienten aufgetreten, die Carboplatin in höherer Dosierung oder häufiger als empfohlen erhalten haben. Ebenfalls schwere Nervenschädigungen liegen bei Patienten vor, bei denen aufgrund einer bei der Dosierung nicht berücksichtigten eingeschränkten Nierenfunktion das Carboplatin langsamer aus dem Körper ausgeschieden wurde als normalerweise.
Magen-Darmtrakt
Häufig kommt es zu Durchfall oder Verstopfung sowie zu einer Entzündung der Schleimhäute ((Mukositis).
Stoffwechsel/Blutwerte
Oft kommt es zu einer Erhöhung der Werte von Bilirubin, Kreatinin und Harnsäure im Blut. Geschlechtsdrüsen / Fortpflanzungsfähigkeit (Fertilität)
Carboplatin hat Auswirkungen auf die Entwicklung der weiblichen und männlichen Keimzellen. Bei Mädchen und Frauen kann es zu Störungen der Eizellreifung und des Eisprungs kommen, bei Jungen und Männern zur Störung der Samenreifung.
In sehr seltenen Fällen kann Carboplatin bei beiden Geschlechtern zu einer Zeugungsunfähigkeit führen. Männlichen Jugendlichen, die mit Carboplatin behandelt werden, wird daher empfohlen, sich vor Therapiebeginn über eine Spermakonservierung beraten zu lassen. Weitere Informationen zu therapiebedingten Fruchtbarkeitsstörungen bei Mädchen und Jungen erhalten Sie hier.
Schwangerschaft / Stillzeit
Die Behandlung mit Carboplatin kann bei Frauen und Männern erbgutschädigend wirken. Während der Behandlung mit Carboplatin sollten Frauen daher nicht schwanger werden und Männer keine Kinder zeugen. Tritt während der Behandlung dennoch eine Schwangerschaft ein, sollte die Möglichkeit einer genetischen Beratung genutzt werden.
Wenn die Behandlung einer Patientin mit Carboplatin während der ersten drei Monate einer Schwangerschaft lebensnotwendig ist, ist eine medizinische Beratung zum Schwangerschaftsabbruch zwingend erforderlich.
Nach den ersten drei Monaten der Schwangerschaft sollte, wenn eine Therapie mit Carboplatin dringend erforderlich ist und nicht aufgeschoben werden kann, diese auch durchgeführt werden. Allerdings sollte eine solche Chemotherapie erst nach vorheriger Aufklärung über das zwar geringe, aber nicht auszuschließende Risiko von Auffälligkeiten beim Fetus erfolgen.
Da Carboplatin in die Muttermilch übertritt, darf während der Behandlung nicht gestillt werden.?
Herz-Kreislauf-System
Generell treten Nebenwirkungen am Herz-Kreislauf-System nach Gaben von Carboplatin nur gelegentlich auf. In Kombination mit anderen Medikamenten (siehe Wechselwirkungen) kann es jedoch zu EKG-Veränderungen [siehe Elektrokardiographie] kommen, die Hinweise auf eine Schädigung des Herzmuskels geben können. Dies ist insbesondere in Kombination mit anderen Zytostatika der Fall und unabhängig von Dosierung oder Therapiedauer.
Zweittumoren (Zweitmalignome)
Wie bei allen Therapien mit Zytostatika besteht auch bei der Behandlung mit Carboplatin das Risiko, dass viele Jahre nach Beendigung der Therapie Zweitkrebserkrankungen oder Vorstufen davon als Spätfolge auftreten können. Mehr zu therapiebedingten Zweittumoren erfahren Sie hier.
Das Deutsche Kinderkrebsregister erfasst alle Zweiterkrankungen bei Kindern, die im Alter von unter 15 beziehungsweise 18 Jahren zum ersten Mal an Krebs erkrankt sind. Dort finden Sie auch nähere Informationen.
Wechselwirkungen: Mit welchen anderen Medikamenten / Substanzen kann Carboplatin interagieren?
Carboplatin kann mit anderen, im Rahmen der Therapie eingesetzten Substanzen in Wechselwirkung treten, was unerwünschte Folgen haben kann. Diese müssen die bei der Behandlung entsprechend berücksichtigt werden. Die wichtigsten Substanzen und ihre Wechselwirkungen mit Carboplatin sind im Folgenden aufgeführt. Die Erläuterung der Wechselwirkungen beschränkt sich auf Substanzen, die in der Kinderheilkunde angewendet werden können:
- Aluminium: Carboplatin reagiert mit Aluminium. Dadurch wird seine Wirkung gegen Krebszellen herabgesetzt. Carboplatin darf deshalb nicht mit aluminiumhaltigen Infusionsbestecken, Spritzen und Injektionsnadeln verabreicht werden.
- Mesna: Carboplatin darf nicht in direkten Kontakt mit Mesna kommen (einem Medikament, das die Nieren vor Nebenwirkungen von Cyclophosphamid und Ifosphamid schützt). Deshalb müssen bei Behandlungsschemata, in denen Carboplatin, Cyclophosphamid oder Ifosfamid und Mesna kombiniert werden, Wechselwirkungen mit Carboplatin und Mesna vermieden werden, indem sie nicht gleichzeitig verabreicht werden.
- Strahlentherapie: Bei der Kombination mit einer Strahlen-(Radio-)therapie ist mit einer Verstärkung der Knochenmarktoxizität zu rechnen.
- Chelatbildner: Chelatbildner, die zur Entfernung von Schwermetallen aus dem Körper eingesetzt werden, schwächen die Wirkung von Carboplatin und sollten nicht gleichzeitig angewendet werden.
- Medikamente gegen Krampfanfälle (Antikonvulsiva): Wenn während der Behandlung mit Carboplatin Medikamente gegen Krampfanfälle (Epilepsie) eingesetzt werden, kann deren Plasmaspiegel in einen Bereich absinken, der keine Wirkung mehr gegen Krämpfe hat (eventuell ist eine Anpassung der Dosis nötig).
- Medikamente zur Verbesserung der Urinausscheidung (Schleifendiuretika): Die Gabe von Schleifendiuretika wie zum Beispiel Furosemid (Lasix) während der Behandlung mit Carboplatin erhöht das Risiko einer Schädigung von Nieren und Gehör. Alternativ sollte zum Beispiel das Diuretikum Mannit verabreicht werden, um die Urinausscheidung zu verbessern.
Gegenanzeigen: Wann darf Carboplatin nicht angewendet werden?
Der Einsatz von Carboplatin darf nicht erfolgen bei:
- bekannter Überempfindlichkeit gegen Carboplatin oder einen der sonstigen Bestandteile
- schwerer Beeinträchtigung der Knochenmarkfunktion (insbesondere bei chemo- und/oder strahlentherapeutisch vorbehandelten Patienten)
- einer (stark) eingeschränkten Nierenfunktion
- blutenden Tumoren
- bereits bestehenden Nervenschädigungen (Neuropathie)
- eingeschränktem Hörvermögen (besonders im oberen Frequenzbereich)
- gleichzeitiger Anwendung mit einem Gelbfieberimpfstoff
- in der Stillzeit
Quellen:
1) Fach- und Gebrauchsinformationen der Hersteller
- Fach- und Gebrauchsinformationen der Hersteller
- Stiftung Warentest: Medikamente im Test: Krebs BOB2012]

