Etoposid (VP16, Etophos)

Der folgende Text informiert über Anwendung, Wirkung und mögliche Nebenwirkungen des Etoposids sowie darüber, welche Wechselwirkungen mit anderen Substanzen auftreten können und im welchen Fällen Etoposid nicht oder nur eingeschränkt verabreicht werden darf.

Autor:  Julia Dobke, Freigabe:  Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, Zuletzt geändert: 30.07.2025 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e285655

Anwendung: Wie wird Etoposid eingesetzt?

Etoposid wird in Kombination mit weiteren gegen Krebs wirksamen Arzneimitteln bei der Behandlung von Tumoren und Blutkrebs (Leukämien) verwendet. Es wird bei Kindern meist als Infusion in eine Vene (intravenös, i.v.) verabreicht, kann aber auch als Kapsel oral eingenommen werden. Die Dauer der Anwendung und die Höhe der Dosis sind unterschiedlich je nach Erkrankung und Therapieprotokoll.

Wirkung: Wie wirkt Etoposid?

Etoposid hemmt unter anderem das Enzym Topoisomerase II. Dieses ist an der korrekten Teilung jeder Zelle beteiligt. Wird es gehemmt, kann sich die Zelle nicht mehr teilen und die Vermehrung der Krebszelle ist gestört.

Nebenwirkungen: Welche Begleiterscheinungen können während oder nach der Behandlung mit Etoposid auftreten?

Im Folgenden sind nur die sehr häufig bis häufig und gelegentlich auftretenden Nebenwirkungen dargestellt. (Definition: aufgetretene Fälle pro Anzahl der Behandelten)

Sehr häufig: mehr als 1 von 10; häufig: mehr als 1 von 100; gelegentlich: mehr als 1 von 1000; selten: mehr als 1 von 10 000; sehr selten: weniger als 1 von 10 000.

Für mehr Informationen zu den selten bis sehr selten auftretenden Nebenwirkungen informieren Sie sich bitte in den Fach- und Gebrauchsinformationen des jeweiligen Herstellers.

Sehr häufige Nebenwirkungen

Knochenmark / Immunsystem

Abhängig von der Medikamenten-Dosis können unterschiedlich schwere Grade von Knochenmarkschädigung (eine so genannte Knochenmarkdepression oder Myelosuppression) auftreten, die mit einem Abfall der Zahl weißer Blutkörperchen (Leukozytopenie) sowie einem Abfall der Zahl der Blutplättchen (Thrombozytopenie) und der roten Blutkörperchen (Blutarmut, Anämie) einhergehen.

Eine schwere Immunsuppression kann zu schwerwiegenden Infektionen mit manchmal tödlichem Ausgang führen. Im schwersten Fall kann es zu einer Sepsis und einem septischen Schock kommen. Letzteres ist aber nur sehr selten der Fall.

Allergische Reaktion: Während der direkten Behandlung mit Etoposid kann es zu einer akuten allergischen (anaphylaktischen) Reaktion des Immunsystems kommen. Anzeichen dafür sind das Auftreten von Schüttelfrost, Fieber, erhöhtem Herzschlag (Tachykardie), Verengung der Atemwege (Bronchospasmus), Atemnot (Dyspnoe) und Abfall des Blutdrucks (Hypotonie)

Magen- / Darmtrakt

Sehr häufig kommt es nach der Gabe von Etoposid zu Verstopfung (Obstipation), Bauchschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen. Es kommt häufig zu Appetitlosigkeit.

Haut und Unterhaut

Durch die Gabe von Etopsid kommt kann es zu Haarausfall (Alopezie) und einer Überpigmentierung der Haut kommen.

Leber

Es kommt sehr häufig zu einer Leberfunktionsstörung, die sich durch eine Erhöhung der Leberwerte im Blut-Serum (Transaminasen und Bilirubin) äußert. Nach Ende der Therapie bilden sich diese Werte wieder zurück.

Häufig auftretende Nebenwirkungen

Herz

Etoposid kann unerwünschte Nebenwirkungen am Herz hervorrufen. Es kann zu Herzrhythmusstörung und Herzinfarkt kommen.

Haut und Schleimhaut

Bei hohen Dosen von Etoposid kann es dazu kommen, dass Handflächen und Fußsohlen sich röten und anschwellen (Hand-Fuß-Syndrom). Häufig tritt ein Hausausschlag auf, der auch jucken kann.

Durch die Schädigung der Schleimhäute (Mukositis, Stomatitis) kann es zu Schmerzen (Mund, Speiseröhre, Magen-Darmtrakt) und Durchfällen kommen

Nervensystem

Bei der Behandlung mit Etoposid kann es zu Schwindel kommen.

Gefäßsystem

Bei der Verabreichung von Etoposid in eine periphere Vene kommt es häufig zu einer Entzündung der Gefäßwand (Thrombophlebitis). Durch die Nutzung eines Zentralen Venenkatheters (zum Beispiel Broviac-Katheter) kann das Risiko stark gesenkt werden.

Wenn Etoposid zu schnell infundiert wird, kann währenddessen es zu einem akuten Abfall des Blutdrucks (Hypotonie) kommen. Aber auch ein Bluthochdruck (Hypertonus) kann häufig während der Behandlung mit Etoposid beobachtet werden.

Gelegentlich auftretende Nebenwirkungen

Zweittumoren (Zweitmalignome)

Nach der Behandlung mit Etoposid in Kombination mit anderen Zytostatika kann es auch viele Jahre nach der Behandlung zum Auftreten von Zweittumoren (zum Beispiel Blutkrebs) kommen. Mehr zu therapiebedingten Zweittumoren erfahren Sie hier.

Das Deutsche Kinderkrebsregister erfasst alle Zweiterkrankungen bei Kindern, die im Alter von unter 15 beziehungsweise 18 Jahren zum ersten Mal an Krebs erkrankt sind. Dort finden Sie auch nähere Informationen.

Fertilität/Fortpflanzungsorgane

Da Etoposid möglicherweise die männliche Fertilität verringert, kann zum Zweck einer späteren Vaterschaft eine Spermakonservierung in Betracht gezogen werden.

Wechselwirkungen: Mit welchen anderen Medikamenten / Substanzen kann Etoposid interagieren?

  • Cyclosporin: Bei gleichzeitiger Einnahme oralem Etoposid und Cyclosporin, einem Medikament, das die Immunabwehr unterdrückt, wird die Wirkung des Etoposids verstärkt und die unerwünschten Nebenwirkungen können zunehmen.
  • Weitere Zytostatika: Bei gleichzeitiger Gabe von anderen Zytostatika (im Rahmen einer Kombinationschemotherapie) können sich die unerwünschten Nebenwirkungen auf das Knochenmark und den Verdauungstrakt verstärken.
  • Antiepileptika: Die Aufnahme im Darm von Medikamenten gegen Krampfanfälle, zum Beispiel Carbamazepin, Phenytoin oder Valproat, ist nach einer gleichzeitigen Anwendung von Etoposid vermindert.

Lebendimpfstoffe: Die Anwendung von Gelbfieber-Impfstoff ist mit einem erhöhten Risiko einer tödlichen systemischen Impfkrankheit verbunden. Lebendimpfstoffe sind bei immunsupprimierten Patienten kontraindiziert.Gegenanzeigen: Wann darf Etoposid nicht angewendet werden?

Etoposid darf nicht angewendet werden:

  • Etoposid sollte während der Schwangerschaft grundsätzlich nicht angewendet werden, es sei denn, der klinische Zustand der Frau erfordert die Behandlung mit Etoposid. Grundsätzlich kann Etoposid den Fötus schädigen, wenn es schwangeren Frauen verabreicht wird.
  • Stillende Mütter: Etoposid geht in die Muttermilch über. Etoposid kann schwere Nebenwirkungen bei gestillten Säuglingen auslösen.

Quellen: Fach- und Gebrauchsinformationen der Hersteller; Stiftung Warentest: Medikamente im Test: Krebs