Lokale (spezifische) Krankheitszeichen

Autor:  Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 28.04.2020 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e25454

Hochmaligne Gliome können (wie ZNS-Tumoren im Allgemeinen) in allen Bereichen des Gehirns und des Rückenmarks auftreten und entsprechend lagespezifische Symptome verursachen.

Im Folgenden erhalten Sie Informationen zu den Krankheitszeichen, die meist den Zeichen eines erhöhten Schädelinnendrucks vorausgehen, in Abhängigkeit vom Tumorsitz auftreten und auf der direkten Schädigung eines bestimmten Hirn- oder Rückenmarkareals durch den Tumor beruhen.

Mögliche Symptome bei Tumoren in Großhirn, Zwischenhirn und Sehbahn

Tumoren im Bereich des Großhirns, des Zwischenhirns (Thalamus, Hypothalamus) und der Sehbahn (so genannte supratentorielle Tumoren) können beispielsweise die folgenden neurologischen Ausfälle verursachen:

  • Halbseitenlähmungen
  • halbseitige Empfindungsstörungen
  • unwillkürliche, das heißt ungesteuerte, spontane Muskelregungen (durch gesteigerte Muskeleigenreflexe)
  • Krampfanfälle
  • Sehstörungen (Verschlechterung oder Verlust der Sehfähigkeit)
  • Sprachstörungen
  • Verhaltensstörungen
  • Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Appetitregulationsstörungen

Die oben aufgezählten Krankheitszeichen und der genaue Mechanismus ihres Zustandekommens sind im Detail in den Informationen zu Aufbau und Funktion des Zentralnervensystems erläutert (siehe entsprechende Abschnitte zu Großhirn, Hirnstamm und Hirnnerven (I. Hirnnerv), Zwischenhirn).

Anmerkung: Die Art der jeweiligen Sehstörung hängt von der Lage des Tumors (zum Beispiel eines Opticusglioms) in der Sehbahn ab: So verursachen Tumoren im Bereich des Sehnervs meist eine einseitige Sehminderung, während Gliome im Bereich der Sehnervenkreuzung (dort vereinigen sich die Nervenfasern aus dem rechten und linken Auge und werden ins Gehirn weitergeführt) oder im Bereich der Sehrinde des Großhirns zu beidseitigen Sehstörungen (Gesichtsfeldausfällen) führen.

Krampfanfälle kommen bei Kindern und Jugendlichen mit Tumoren des Zentralnervensystems seltener vor als bei Erwachsenen. Dennoch bedarf jeder erstmalig aufgetretene Krampfanfall einer weiteren Untersuchung (Magnetresonanztomographie) zur Klärung der Ursache.

Mögliche Symptome bei Tumoren des Kleinhirns und des Hirnstamms

ZNS-Tumoren, die – wie viele niedrigmaligne Gliome – vom Hirnstamm oder vom Kleinhirn ausgehen (so genannte infratentorielle Tumoren), verursachen beispielsweise:

  • Gleichgewichtsstörungen, Gangstörungen, Unsicherheiten beim Springen, Treppensteigen
  • zunehmende Ungeschicklichkeit
  • sich verschlechternde Handschrift
  • Störungen von Bewegungsabläufen und Gefühlsempfindungen
  • Sehstörungen, zum Beispiel Schielen, Doppelbilder, Augenzittern (Nystagmus) (durch Störung von Hirnnerven, besonders von Augenmuskelnerven)
  • Ausfall von Hirnnervenfunktionen
  • Häufiges, heftiges Erbrechen
  • Wasserkopf) (Hydrocephalus) und dadurch allgemeine Zeichen des erhöhten Drucks im Schädelinneren (siehe oben)

Anmerkungen: Tumoren, die von einer Kleinhirnhemisphäre ausgehen, verursachen vor allem einseitige Koordinationsstörungen. Tumoren im Bereich der Mittellinie des Kleinhirns erzeugen in erster Linie einen Hydrocephalus als Zeichen eines erhöhten Schädelinnendrucks (durch Einengung oder Verschluss des IV. Hirnventrikels); (siehe auch Informationen zu Aufbau und Funktion des Zentralnervensystems, Abschnitt "Liquorsystem")

Hochmaligne Hirnstammgliome, die unkontrolliert in das sie umgebende Gewebe hineinwachsen (diffus-infiltrierende Ponsgliome), haben in der Regel eine Krankengeschichte von circa sechs Monaten (erste Krankheitszeichen bis zur Diagnosestellung).

Mögliche Symptome bei Tumoren des Rückenmarks

Niedrigmaligne Gliome, die im Rückenmarkskanal wachsen, verursachen ebenfalls lage- und altersabhängige Krankheitszeichen, zum Beispiel:

  • Rückenschmerzen (bei kleinen Kindern Bewegungsunlust, Ruhelosigkeit)
  • Gangstörungen, Gleichgewichtsstörungen im Sitzen
  • veränderte Muskelspannung (schlaffe oder spastische Lähmungen)
  • Querschnittslähmung
  • Lähmung einzelner Gliedmaßen
  • Störungen von Gefühlswahrnehmungen
  • Störungen der Blasen- und Mastdarmfunktion (durch Schädigung im Bereich des Hals- oder Lendenwirbelmarks)
  • Schiefhals (durch Schädigung im Halsmark)

Anmerkungen: Die oben erwähnten Krankheitszeichen und der genaue Mechanismus ihres Zustandekommens sind im Detail in den Informationen zu Aufbau und Funktion des Zentralnervensystems erläutert (siehe entsprechende Abschnitte zu "Funktionelle Systeme", "Hirnstamm und Hirnnerven", "Kleinhirn", und "Das Rückenmark und seine Nerven").