Medulloblastom, embryonale, nicht-rhabdoide ZNS-Tumoren und Pineoblastom

Das Medulloblastom sowie die embryonalen, nicht-rhabdoiden ZNS-Tumoren (früher ZNS-PNET genannt) und das Pineoblastom sind Tumoren, die sich in Gehirn oder Rückenmark bilden. In diesem Text erhalten Sie ausführliche Informationen zu den verschiedenen Krankheitsbildern, zu möglichen Ursachen und Symptomen sowie zu Krankheitsverlauf, Diagnostik, Therapieplanung, Behandlung, Rehabilitation, Nachsorge und Prognose.

Autor:  PD Dr. med. Gesche Tallen, Redaktion:  Maria Yiallouros, Freigabe:  Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, studienbezogene Infos: Prof. Dr. med. Stefan Rutkowski, Prof. Dr. med. Gudtrun Fleischhack, Zuletzt geändert: 29.06.2019 https://dx.doi.org/10.1591/poh.patinfo.medullo.1.20080109

Tumoren, die aus Gewebe des Zentralnervensystems (ZNS) entstanden sind, werden primäre Hirn-, Rückenmarks- oder, zusammenfassend, ZNS-Tumoren genannt. Sie sind mit circa 24 % aller bösartigen Neubildungen die häufigsten soliden Tumoren im Kindes- und Jugendalter und, nach den Leukämien, die zweithäufigsten Krebserkrankungen in dieser Altersgruppe.

Der häufigste ZNS-Tumor im Kindes- und Jugendalter ist, mit einem Anteil von circa 25 %, der primitiv neuroektodermale Tumor (PNET), der zu 75 bis 85 % vom Kleinhirn ausgeht und dann Medulloblastom genannt wird. Die Gesamtheit der primitiv neuroektodermalen Tumoren bildet, nach den niedrigmalignen Gliomen, die zweitgrößte Gruppe innerhalb der ZNS-Tumoren. PNET können in jedem Alter vorkommen, am häufigsten sind sie jedoch im Kleinkindalter [KAA2019] [KAA2001].

Während Medulloblastome definitionsgemäß im Kleinhirn entstehen, gehen ZNS-PNET (oder CNS-PNET) überwiegend von einer der Großhirnhälften oder vom Zwischenhirn aus. Beide Tumorformen wachsen rasch und unkontrolliert in das sie umgebende Gewebe hinein und können über die (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) auch in andere Bereiche des Zentralnervensystems streuen.

Die Behandlung und Überlebenswahrscheinlichkeit von Kindern und Jugendlichen mit einem Medulloblastom konnten in den letzten Jahren dank moderner Diagnose- und Therapieverfahren deutlich verbessert werden. Die Überlebensrate (5-Jahres-Überlebensrate) liegt heute bei über 60 %, bei Kindern mit einem günstigen Risikoprofil werden Überlebensraten von über 80 % erreicht [HOF2009] [KOR2000b] [KUE2006] [RUT2010b].

Die Behandlungsmöglichkeiten und damit auch die Prognose der Erkrankung hängen allerdings maßgeblich von Art und Ausdehnung des Tumors, dem Grad der Metastasierung und dem Lebensalter des Patienten ab. Darüber hinaus können neurologische, intellektuelle, hormonelle und psychosoziale Defizite zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität führen [CAL2004c]. Patienten mit einem ZNS-PNET oder Pineoblastom zeigen generell deutlich ungünstigere langfristige Überlebensraten [KUE2006] [TIM2002] [TIM2006].

Anmerkungen zum Text

Der folgende Informationstext richtet sich an Patienten und deren Angehörige sowie an die interessierte Öffentlichkeit. Er soll dazu beitragen, diese Erkrankung und die Möglichkeiten ihrer Behandlung zu erklären. Die Informationen ersetzen nicht die erforderlichen klärenden Gespräche mit den behandelnden Ärzten und weiteren Mitarbeitern des Behandlungsteams; sie sollen aber dabei behilflich sein, diese Gespräche vorzubereiten und besser zu verstehen.

Die Informationen sind vor allem auf der Grundlage der unten angegebenen Literatur sowie unter Berücksichtigung der aktuellen Leitlinien und Therapieempfehlungen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Medulloblastom / ZNS-PNET erstellt worden. Weitere Literaturquellen werden im Text genannt.

Bitte beachten Sie, dass es sich im Folgenden um allgemeine Informationen und Empfehlungen handelt, die – aus der komplexen Situation heraus – nicht notwendigerweise in ihrer Gesamtheit bei jedem Patienten zutreffen. Viele Therapieempfehlungen müssen im Einzelfall und interdisziplinär entschieden werden. Ihr Behandlungsteam wird Sie über die für Sie zutreffenden Maßnahmen informieren.

Basisliteratur

  1. Rutkowski S, Trollmann R, Korinthenberg R, Warmuth-Metz M, Weckesser M, Krauss J, Pietsch T: Leitsymptome und Diagnostik der ZNS-Tumoren im Kindes- und Jugendalter. Gemeinsame Leitlinie der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie 2016 [URI: https://register.awmf.org/ assets/ guidelines/ 025-022l_S1_ZNS-Tumoren_Kinder_Jugendliche_2016-09-abgelaufen.pdf] RUT2016
  2. Kühl J, Korinthenberg R: ZNS-Tumoren. In: Gadner H, Gaedicke G, Niemeyer CH, Ritter J (Hrsg.): Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Springer-Verlag 2006, 777 [ISBN: 3540037020] KUE2006
  3. Gutjahr P: Tumoren des Zentralnervensystems, in: Gutjahr P (Hrsg.): Krebs bei Kindern und Jugendlichen. Deutscher Ärzte-Verlag Köln 5. Aufl. 2004, 373 [ISBN: 3769104285] GUT2004a
  4. Kühl J: Therapie von Kindern mit einem Medulloblastom. WIR Informationsschrift der Aktion für krebskranke Kinder e.V. (Bonn) 2001, 4: 8 [URI: http://www.kinderkrebsstiftung.de/ fileadmin/ KKS/ files/ zeitschriftWIR/ 2001_4/ behandlungsnetzwerk05.pdf] KUE2001
  5. Stöhr M, Brandt T, Einhäupl KM (Hrsg): Neurologische Syndrome in der Intensivmedizin. Differentialdiagnose und Akuttherapie. Kohlhammer Verlag 1190 [ISBN: 3-17-010223-0] STO1990