Gesetzliche Vorgaben zur Prüfung von Arzneimitteln

Autor:  Dr. med. habil. Gesche Tallen, Zuletzt geändert: 26.02.2019 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e204178

Bevor ein neues Medikament auf den Markt beziehungsweise bei Kindern und Jugendlichen zum Einsatz kommt, müssen strenge gesetzliche Vorgaben erfüllt sein.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency, EMA) ist als zentrale Behörde für die Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln in der EU zuständig. Die EMA ist beispielsweise befugt, eine laufende klinische Studie abzubrechen, wenn sich herausstellt, dass die Verwendung eines Arzneimittels zu schädlich ist. Die zentrale Behörde in den USA, die Food and Drug Administration (FDA), führte 1977 als erstes Land zusätzlich Good-Clinical-Practice-Regeln (GCP, englisch für “Gute klinische Praxis“) ein. In Deutschland wurden die GCP-Regeln zunächst als Leitlinie umgesetzt, bevor sie zu einer verbindlichen nationalen Verordnung führten. Seit 2004 gilt in Deutschland die GCP-Verordnung (GCP-V), die bestimmte Anforderungen an die Durchführung einer Studie enthält. So ist beispielsweise vorgeschrieben, dass es einen Prüfplan für den Arzneimitteleinsatz geben muss (GCP-Kriterien). Das Arzneimittelgesetz (AMG) regelt die Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit von neuen Medikamenten. Erst nach seiner erfolgreichen präklinischen Prüfung darf ein Arzneimittel in der klinischen Prüfung eingesetzt werden.

Wichtig zu wissen: Auch von klinischen Forscherteams neu entwickelte Diagnoseverfahren, Operationstechniken und Behandlungskonzepte unterliegen in der Regel zusätzlichen klinischen Prüfungen durch weitere Mediziner. Erweisen sich die neuen Entwicklungen dabei als besser als ihre Vorgänger, dürfen sie als Empfehlungen in medizinischen Leitlinien veröffentlicht und daraufhin auch in der Praxis angewandt werden.

Hingegen benötigen neue, so genannte Medizinprodukte (medizinische Geräte, Materialien, Hilfsmittel etc.) meist keine gesetzliche Zulassung, jedoch eine besondere Kennzeichnung („CE“-Kennzeichnung). Dabei handelt es sich um eine Registrierung, die nur die erfüllten Sicherheitsanforderungen des Produkts, nicht aber seine Wirksamkeit bestätigt. Zahlreiche Medizinprodukte, die bei Krebspatienten eingesetzt werden, müssen inzwischen allerdings auch eine klinische Prüfung durchlaufen, bevor sie für den Markt zugelassen werden.

In Deutschland ist eine weitere Behörde zuständig, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Es erteilt die Genehmigung für klinische Studien. Diese Standards und Bedingungen verlangen zumeist eine klinische Studie bei erwachsenen Patienten, bevor die neuen Substanzen bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer Studie eingesetzt werden dürfen (siehe Klinische Studien).

Wichtig zu wissen: Von der Entwicklung eines neuen Medikaments oder einer neuen diagnostischen- oder Behandlungsmethode bis zu seiner Marktzulassung oder Anwendung können bis zu 15 Jahre und mehr vergehen.

Für neue Medizinprodukte beziehungsweise neue diagnostische oder Behandlungsmethoden lässt sich die Zeit bis zur Einsatz in der Praxis nur schwer vorhersagen. Diesen unterschiedlichen Zeiten bis zur Marktzulassung eines neuen Medikaments beziehungsweise zur Praxisreife eines Medizinprodukts können ganz unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen:

Es kann sein, dass eine Methode oder Substanz sich im Labor zwar als erfolgreich erwiesen hat, beim Menschen jedoch nicht wie erwartet wirkt oder mit nicht vertretbaren unerwünschten Nebenwirkungen verbunden ist. Ein Beispiel hierfür ist die Kernspin- oder Magnetresonanztomographie. Die Funktionsweise dieses bildgebenden Verfahrens wurde bereits im Jahre 1946 veröffentlicht, fand jedoch erst in den 70er Jahren Anwendung beim Menschen – so lange hat die Prüfung von Sicherheit und Wirksamkeit in Anspruch genommen.