Akute Nebenwirkungen einer Strahlentherapie

Autor:  Dr. med. Gesche Riabowol (geb. Tallen), Redaktion:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 08.10.2025 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e211450

Weil Kinder und Jugendliche sich noch in der körperlichen und geistigen Entwicklung befinden, sind ihre Organe besonders strahlensensibel. Die akuten Nebenwirkungen können während und/oder Wochen nach der Strahlentherapie auftreten. Sie sind in erster Linie abhängig vom Alter des Kindes, der bestrahlten Körperregion und der Strahlendosis.

Treten bei einer Strahlentherapie akute Nebenwirkungen auf, so bedeutet das nicht, dass die Behandlung unsachgemäß durchgeführt worden ist. Es handelt sich vielmehr um mögliche, unmittelbare Behandlungsfolgen, deren Auftreten im Sinne einer erfolgreichen Krebstherapie als vertretbar angesehen wird.

Die akuten Nebenwirkungen einer Strahlentherapie entstehen dadurch, dass oberflächliche Gewebeschichten der gesunden Organe, die nahe dem oder im Bestrahlungsfeld liegen, vorübergehend zerstört werden und sich aufgrund der Bestrahlung nur relativ langsam erholen können. Dies betrifft vor allem Gewebearten, die sich schnell teilen, wie beispielsweise das Knochenmark, Hautzellen, Schleimhautzellen (zum Beispiel im Mund oder im Magen-Darm-Trakt) oder die Haarwurzeln (Haarfofollikel).

Typische Nebenwirkungen

Typische akute Nebenwirkungen, die während einer Bestrahlung vorkommen können, also nicht unbedingt bei jedem Patienten mit Sicherheit auftreten, und die nach der Therapie meist wieder abklingen, sind beispielsweise:

  • Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen („Fatigue“)
  • Hautreizungen im Bereich des Strahlenfeldes (akute Strahlendermatitis)
  • Zeichen eines erhöhten Drucks im Schädelinneren (erhöhter intrakranieller Druck): Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen (nach Bestrahlung des Gehirns)
  • Augenlidschwellung nach Bestrahlung des Auges
  • akute Mittelohrentzündung (seröse Otitis media) nach Bestrahlung des Ohrs
  • Nacken-, Rückenschmerzen (nach Bestrahlung des Rückenmarks)
  • Mundtrockenheit, Schluckstörungen und Entzündung der Mundschleimhaut (Mukositis) nach Bestrahlung im Mundbereich
  • Schleimhautentzündungen (Mukositis), Appetitlosigkeit, Durchfall, Übelkeit nach Bestrahlung des Magen-Darm-Trakts
  • strahlenbedingte Lungenentzündung, Husten (Pneumonitis) nach Bestrahlung der Lunge
  • Blutbildveränderungen nach Bestrahlung des Knochenmarks

Bei Bestrahlungen im Kopfbereich kann es zusätzlich auch zu vorübergehendem Haarausfall sowie speziellen, manchmal unangenehmen Licht- oder Geruchsempfindungen kommen.

Art und Intensität von Nebenwirkungen

Art und Intensität akuter Nebenwirkungen einer Strahlentherapie hängen von zahlreichen Faktoren ab, zunächst vor allem von der Art und dem Ausmaß der zugrundeliegenden Krebserkrankung und damit dem zugehörigen Behandlungsprotokoll. Wichtige Aspekte/Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, sind zum Beispiel:

  • wo bestrahlt wird (bestrahlte Körperregion)
  • wie stark bestrahlt wird (Strahlendosis und Größe des Bestrahlungsfeldes)
  • ob der Patient schon einmal bestrahlt wurde (denn vorbestrahltes Gewebe reagiert sensibler auf eine erneute Schädigung – zum Beispiel möglich bei Bestrahlung eines Erkrankungsrückfalls)
  • ob vor Bestrahlungsbeginn bereits eine Chemotherapie stattgefunden hat (denn eine vorangehende Chemotherapie schwächt den Organismus, insbesondere das Knochenmark
  • ob der Patient gleichzeitig eine Chemotherapie erhält (denn eine begleitende Chemotherapie erfordert intensivere Reparaturarbeiten als eine alleinige Strahlentherapie)
  • ob der Patient eine Vorerkrankung hat (bestimmte Erkrankungen, zum Beispiel Neurofibromatose und Down-Syndrom, gehen mit einer verminderten Reparaturfähigkeit nach einer Zellschädigung und in der Folge mit einer gesteigerten Strahlensensibilität der Körperzellen einher)

Wichtig zu wissen: Akute Nebenwirkungen einer Strahlentherapie sind behandelbar und vorübergehend. Ihre Art und Intensität hängen von zahlreichen Faktoren ab.

Vorbeugung und Behandlung akuter Nebenwirkungen

Mit bestimmten unterstützenden Behandlungsmaßnahmen (Supportivtherapie) können akute Nebenwirkungen einer Strahlentherapie erfolgreich behandelt oder zumindest gelindert werden. Zu den Maßnahmen gehören beispielsweise:

  • bestimmte Salben bei Hautreizungen (Strahlendermatitis)
  • Antibiotika bei Husten / strahlenbedingter Lungenentzündung
  • Antiemetika bei Übelkeit
  • Schmerzmedikamente (Analgetika) bei Schmerzen in der Mundschleimhaut (orale Mukositis)
  • Glukokortikoide bei Kopfschmerzen im Rahmen einer Kopfbestrahlung oder bei strahlenbedingter Lungenentzündung.

Welche Supportivmaßnahmen im Einzelnen in Frage kommen und auf welche Weise genau (zum Beispiel hinsichtlich Art und Dosierung der Medikamente), richtet sich nach der Art der Nebenwirkung, der Krebserkrankung, dem zugehörigen Behandlungs-/Bestrahlungsplan sowie nach individuellen Faktoren. Sie sind jeweils in den Behandlungsprotokollen festgelegt.

Bei manchen Patienten mit starken akuten Nebenwirkungen kann die Strahlentherapie auch kurzfristig unterbrochen werden. Um sowohl starken akuten Nebenwirkungen als auch schweren Spätfolgen vorzubeugen, erhalten Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen in der Regel geringere Strahlendosen als Patienten ohne diese Erkrankungen.

Das Behandlungsteam Ihres Kindes wird Sie über die unterstützenden Maßnahmen, die für Ihr Kind am besten geeignet sind, informieren.

Wichtig zu wissen: Akute Nebenwirkungen bei einer Strahlentherapie sollten NUR in Absprache mit dem Behandlungsteam, niemals alleine zuhause oder vom Hausarzt behandelt werden.

Das anschließende Kapitel erläutert ausschließlich Maßnahmen, die Patienten und Eltern selbst ergreifen können. Diese betreffen vorrangig den Bereich der Hautpflege und die Behandlung von Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut (Mukositis). Bei Nebenwirkungen, die andere Körperregionen, beispielsweise das Zentralnervensystem, die Lunge oder das Herz betreffen oder betreffen könnten, ist das Behandlungsteam gefragt.

Zu beachten: Die Bestrahlung ist eine lokale Therapie, das heißt, die entsprechenden Pflegeempfehlungen gelten nur für die bestrahlte Region.

Empfehlungen zur Hautpflege für Patienten und Eltern

Jede Bestrahlung, die von außen durchgeführt wird, geht durch die Haut des Patienten. Man spricht deshalb auch von perkutaner Bestrahlung. Die Empfehlungen zur Hautpflege betreffen einerseits die Vorbeugung und Behandlung gereizter Hautstellen und andererseits den Bereich auf der Haut, auf dem sich die Ziel-Markierungen für die Bestrahlung befinden.

Allgemeine Empfehlungen

  • Weite, nicht scheuernde, luftdurchlässige Kleidung tragen
  • Auf heiße Bäder, Schwimmen und Sauna verzichten
  • Nicht heiß duschen, besser lauwarm
  • Bei beginnender Rötung und Spannungsgefühl gegebenenfalls Basiscreme mit Urea (2–5 %) anwenden, alternativ Fett-Creme; Markierungen dabei aussparen.
  • Bitte sprechen Sie wohl gemeinte Pflege-/Cremeempfehlungen aus Ihrem Umfeld mit dem behandelnden Team ab, da es unter Umständen zu verstärkten Hautreaktionen in Kombination mit der Bestrahlung kommen kann.
  • Windeln wechseln: Bitte benutzen Sie kein Puder und keine harten Tücher. Das „Luft-an-den-Po-lassen“ hilft ebenfalls, sowie das Betupfen mit schwarzem Tee.
  • Bitte sprechen Sie die Anwendung von Wärme-Lampen / Rotlicht-Lampen mit dem Behandlungsteam ab. Sehr häufig wird eine solche Behandlung als angenehm empfunden.

Empfehlungen für den Umgang mit den Markierungen

  • Während der Therapie unbedingt darauf achten, dass die Markierungen auf der Haut erhalten bleiben, bitte nicht selber nachzeichnen
  • Es dürfen keine Pflaster auf die Markierungen geklebt werden.
  • Kein Duschgel auf Anzeichnungen aufbringen und vorsichtig abtrocknen (besser tupfen).
  • Keine Creme auf Markierungen auftragen

Anmerkung: Bei darüber hinausgehenden Beschwerden bitte im Rahmen der nächsten Bestrahlung das behandelnde Team informieren, bei Bedarf werden spezielle Hautpflegemaßnahmen empfohlen oder auf Rezept ausgestellt.

Empfehlungen zur Mundpflege (Bestrahlung im Mund-/Halsbereich)

  • Bitte achten Sie bei Speisen und Getränken darauf, dass diese nicht zu heiß und reizend sind. Stark gewürzte Speisen oder säuerliche Getränke wie Orangensaft sollten nicht eingenommen werden. Um den Speichelfluss zu erhöhen, können saure zuckerfreie Bonbons gelutscht werden.
  • Bitte achten Sie auf eine intensive Mundhygiene: Neben der regelmäßigen Zahnpflege mit einer weichen Zahnbürste können Spülungen die Schmerzen einer entzündeten Mundschleimhaut lindern.
  • Die Spülungen können mit Leitungswasser und/oder Salbeitee vorgenommen werden.
  • Bei Bedarf sind auch Spülungen mit dem Wirkstoff Benzydamin möglich. Diese Spülungen sind allerdings alkoholhaltig.
  • Bei kleineren Kindern sind Spülungen oft nicht möglich. Hier kann man sich mit Wattestäbchen behelfen und damit den Mund befeuchten.
  • Um die Zähne noch besser zu schützen, kann fluoridhaltige Zahnpasta benutzt werden. Das Gelee bitte 1–2 Minuten einwirken lassen.
  • Bei gereizten Nasenschleimhäuten kann fetthaltige Nasencreme verwendet werden.

Darmpflege / Blasenpflege

Im Fall von Darmproblemen ist eine Diätberatung sinnvoll. Bei der Bestrahlung der Blasenregion wird vorbeugend eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr empfohlen.