Allgemeine (unspezifische) Krankheitszeichen

Autor:  Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, Redaktion:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 05.05.2020 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e48378

Wie andere ZNS-Tumoren, so führen auch Ependymome meist zu einer Steigerung des Drucks im Schädelinneren (intracranieller Druck).

Dieser erhöhte Druck kann einerseits direkt durch den Tumor bedingt sein, der in normales Hirngewebe hineinwächst oder auf dieses drückt und der zudem meist eine Schwellung (Ödem) in seiner Umgebung verursacht. Andererseits kann es, je nach Lage und Größe des Tumors, zu Zirkulations- oder Abflussstörungen der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) kommen, was ebenfalls zu einem erhöhten Schädelinnendruck und infolgedessen zu einem “Wasserkopf" (Hydrocephalus) führt (siehe auch Informationen zu Aufbau und Funktion des Zentralnervensystems, Abschnitt: "Das Liquorsystem").

Die mit einem erhöhten Schädelinnendruck einhergehenden Krankheitszeichen sind anfangs eher unspezifisch und richten sich in erster Linie nach dem Alter des Patienten.

Mögliche Symptome bei Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter

Bei Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter werden als erste Zeichen eines erhöhten Schädelinnendrucks häufig folgende Symptome beobachtet:

  • Leistungsknick, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen
  • Wesensveränderungen
  • zeitweiliges Auftreten von Kopfschmerzen

Im weiteren Verlauf kommen, durch weiter steigenden Druck im Schädelinneren, meist folgende Symptome hinzu:

  • regelmäßige, morgendliche Kopfschmerzen
  • hormonelle Störungen / verzögerter Beginn der Pubertät, Wachstumsstörungen
  • Übelkeit und Erbrechen (bei einem Hirntumor typischerweise unabhängig von der Nahrungsaufnahme [Nüchternerbrechen] und oft morgens und im Liegen)
  • Gewichtsverlust
  • zunehmende Müdigkeit bis Lethargie

Anmerkungen: Ein länger bestehender erhöhter Schädelinnendruck zeigt sich auch bei der Augenhintergrundspiegelung, und zwar als Schwellung und knopfförmige Vorwölbung des Sehnervs in Richtung des untersuchenden Auges (so genannte Stauungspapille, siehe auch Informationen zu Aufbau und Funktion des Zentralnervensystems, Abschnitte zu "Hirnstamm und Hirnnerven"; "Sehnerv").

Dadurch, dass sich der erhöhte Druck auch auf das Brechzentrum im Hirnstamm (Area postrema) auswirkt, sind Übelkeit und Erbrechen unabhängig von der Nahrungsaufnahme (Nüchternerbrechen) und oft auch morgens und im Liegen ausgeprägt (denn im Liegen ist der Druck im Schädelinneren immer etwas höher als in aufrechter Position).

Die Kopfschmerzen, über die von jungen Hirntumorpatienten berichtet wird, zeigen viele Facetten: Sie werden oft wie Spannungskopfschmerzen im Bereich des ganzen Kopfes beschrieben, zeigen aber auch migräneartige Eigenschaften. Sie sind besonders heftig im Liegen, da in horizontaler Körperlage prinzipiell ein höherer Druck im Schädelinneren besteht als in aufrechter Position. Die Kopfschmerzen nehmen mit dem Wachstum des Tumors beziehungsweise mit dem langsam steigenden Druck zu. Deshalb sind bei Kindern und Jugendlichen, die wiederholt über Kopfschmerzen klagen, weiterführende Untersuchungen äußerst wichtig, um einen Hirntumor als Ursache auszuschließen oder ihn so früh wie möglich behandeln zu können. Rückblickende Untersuchungen haben nämlich gezeigt, dass bei 100 % der Hirntumorpatienten dieser Altersgruppe schon sechs Monate nach Beginn der ersten Kopfschmerzen gleichzeitig auch neurologische Ausfälle wie Seh- und Gleichgewichtsstörungen auftreten.

Mögliche Symptome bei Babies und Kleinkindern

Bei Babies und Kleinkindern kann sich der Schädel dem steigenden Schädelinnendruck bis zu einem gewissen Grad noch anpassen, denn die Schädelnähte und Fontanellen beginnen erst nach dem sechsten Lebensmonat, sich nach und nach zu schließen/zu verknöchern. Daher finden sich in dieser Altersgruppe andere Krankheitszeichen als bei Schulkindern, vor allem treten diese erst sehr spät auf, wenn der Tumor bereits ein großes Ausmaß einnimmt.

Bei Babies und Kleinkindern werden im Zusammenhang mit einem erhöhten Druck im Schädelinnern beispielsweise beobachtet:

  • Unruhe, Nesteln
  • regelmäßige Trinkunlust/Nahrungsverweigerung
  • Entwicklungsverzögerungen/Entwicklungsrückschritte
  • Wachstumsstörungen
  • nicht altersgemäße Kopfumfangszunahme (Makrocephalus)
  • klaffende Schädelnähte
  • gespannte oder vorgewölbte vordere Fontanelle und häufiges schrilles Schreien
  • "Sonnenuntergangsphänomen", das heißt, beidseits nach unten gerichtete Augäpfel mit Lähmung für den Blick nach oben
  • neu aufgetretenes Schielen
  • Störungen der Pupillenreaktionen
  • Blickrichtungsstörungen (Nystagmus)
  • Schiefhaltung des Kopfes.

Anmerkungen: Das "Sonnenuntergangsphänomen" und die anderen Hinweise auf Sehstörungen entstehen dadurch, dass der steigende Schädelinnendruck sich beispielsweise auf die Ursprungsorte der Augenmuskelnerven im Hirnstamm ausgebreitet hat oder er deren Verlauf in der Schädelhöhle beeinträchtigt. Auch die Kopfschiefhaltung ist in diesem Fall Folge von Augenmuskellähmungen: Die Kinder versuchen, durch die veränderte Kopfhaltung die Bewegung des Augapfels zu ersetzen.

Bei fortschreitender Druckerhöhung kann es durch den Verbrauch des Reserveraums im Schädelinneren zu einer Verschiebung von Großhirn- oder Kleinhirnanteilen in Richtung Hirnstamm und dadurch zu lebensbedrohlichen Einklemmungs- und Hirnstammsymptomen kommen. Dabei handelt es sich um einen Notfall, der so schnell wie möglich durch einen operativen Eingriff und weitere intensive medizinische Maßnahmen behandelt werden muss (siehe auch Informationen zu Aufbau und Funktion des Zentralnervensystems, Abschnitt: "Hirnstamm und Hirnnerven").