Welche möglichen Krankheitsverläufe/-phasen gibt es bei Patienten in Behandlung?

Autor:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 01.05.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e96684

Bei Patienten mit einem Retinoblastom kann die Erkrankung auch im Rahmen einer Behandlung individuell sehr verschieden verlaufen. Neben Art und Ausdehnung des Tumors spielt für den Krankheitsverlauf dabei unter anderem eine Rolle, ob es sich um einen neu aufgetretenen Tumor oder einen Krankheitsrückfall (Rezidiv) handelt, wie erfolgreich die Krankheit behandelt werden kann und wie dauerhaft der Erfolg der Therapie ist.

Die Experten benutzen während der Behandlungsplanung und im Rahmen der Verlaufsbeurteilung bestimmte Begriffe, die im Folgenden erklärt werden.

Verschiedene Ergebnisse nach einer Enukleation

Die Entfernung des Augapfels durch einen chirurgischen Eingriff (Enukleation) ist manchmal die einzige Möglichkeit, ein Retinoblastom vollständig zu entfernen und damit den Patienten von dieser Erkrankung zu heilen. Die Prognose des Patienten hängt wesentlich davon ab, ob mit der Enukleation der Tumor komplett entfernt werden konnte oder nicht. Begriffe, die das Ausmaß der Tumorentfernung durch Enukleation beschreiben, sind:

Vollständige Tumorentfernung

„Vollständige Tumorentfernung“ bedeutet, dass der Tumor durch die Enukleation komplett entfernt werden konnte. Dies ist in aller Regel bei Retinoblastomen der Fall, die zum Zeitpunkt der Diagnose auf das Auge beschränkt waren (intraokulare Retinoblastome). Die feingewebliche Untersuchung des entfernten Auges ergibt in diesem Fall keinen Hinweis darauf, dass der Tumor die Organgrenzen bereits überschritten hatte.

Unvollständige Tumorentfernung

Von "unvollständiger Tumorentfernung" spricht man, wenn nach der Entfernung des Augapfels festgestellt wird, dass das Retinoblastom die Organgrenze bereits überschritten hat, also zum Beispiel der Sehnerv oder die Aderhaut infiltriert ist. In diesem Fall besteht das Risiko, dass der Tumor bereits Metastasen außerhalb des Auges gebildet hat.

Allerdings kommt es bei uns und in anderen westlichen Industrieländern sehr selten vor, dass ein Retinoblastom nur unvollständig entfernt wird. Denn selbst bei Augapfel-überschreitenden Tumoren (der Nachweis erfolgt durch bildgebende Verfahren) wird eine Enukleation nur dann vorgenommen, wenn der Tumor zuvor durch lokale Behandlungsmaßnahmen (wie Strahlentherapie, Kryotherapie, Lasertherapie) so verkleinert wurde, dass mit der Augapfel-Entfernung auch der Tumor selbst entfernt werden kann.

Ansprechen der Erkrankung auf die Therapie

Das Ansprechen der Erkrankung auf die Therapie kann ebenfalls individuell verschieden sein, je nachdem, ob die Tumorzellen eines Retinoblastoms durch die Behandlung (Chemotherapie, Strahlentherapie, Kryo- oder Lasertherapie) erfolgreich vernichtet werden können oder nicht. Folgende Definitionen sind gebräuchlich:

Vollständige Tumorrückbildung

Vollständige oder komplette Tumorrückbildung (Regression) bedeutet, dass das Retinoblastom sehr gut auf die Behandlung angesprochen hat und dass nach Abschluss der Behandlung weder Tumor, noch Metastasen, noch Tumorzellen in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) oder im Knochenmark nachweisbar sind.

Fortschreitendes Tumorwachstum (bei Augapfel-erhaltender Therapie)

Von fortschreitendem Tumorwachstum (Progression) ist die Rede, wenn ein Retinoblastom nach Rückbildung (Regression) oder auch während des Einsatzes einer Chemotherapie oder Strahlentherapie (oder einer anderen lokalen Therapieform) erneut beziehungsweise weiter wächst, also nicht auf die Behandlung anspricht. In einem solchen Fall ist grundsätzlich eine andere Art der Behandlung notwendig, wie diese im Einzelfall aussieht, hängt von der individuellen Situation des Patienten ab, also zum Beispiel von der Ausdehnung des Tumors und der zuvor erfolgten Therapie.

Krankheitsrückfall nach vollständiger Tumorzerstörung

Krankheitsrückfall (Rezidiv) bedeutet, dass der Tumor nach einer zunächst erfolgreichen Behandlung, das heißt, nach einer scheinbar vollständigen Rückbildung oder Inaktivierung, erneut auftritt oder zu wachsen beginnt. Rezidive können im Auge, im Gewebe um das Auge oder in anderen Körperregionen auftreten.

Krankheitsrückfalle betreffen in der Regel Patienten, die eine Augapfel-erhaltende Therapie erhalten haben. Äußerst selten treten sie nach einer Entfernung des Augapfels auf und nur dann, wenn der Tumor außerhalb des Augapfels in die Augenhöhle gestreut hat. Weitere Informationen zum Rezidiv finden Sie im Kapitel "Krankheitsrückfall".