Therapieoptimierungsstudien und Therapieerfolge

Autor:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 12.07.2021 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e11861

Ohne die langfristige Entwicklung wirksamer Behandlungsstrategien im Rahmen der Therapieoptimierungsstudien wären die Therapiefortschritte, die in den letzten drei Jahrzehnten bei der Behandlung von Patienten mit ALL erzielt wurden, nicht möglich gewesen. Die 10-Jahres-Überlebensraten gen derzeit bei durchschnittlich etwa 90 % [ERD2020].

Bis in die Sechzigerjahre hinein waren die Heilungschancen bei Kindern und Jugendlichen mit Leukämien noch sehr gering, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits alle Wirkstoffe zur Verfügung standen, die heute in der Chemotherapie eingesetzt werden. Erst als 1970 mit der Entwicklung aufwändiger Kombinations-Chemotherapien begonnen wurde, konnten die Überlebensraten der Patienten Schritt für Schritt verbessert werden. Die dazu erforderlichen klinischen Studien wurden anfangs vor allem in Berlin, Frankfurt und Münster durchgeführt und mündeten in die so genannten BFM-Protokolle (BFM heißen sie nach den Anfangsbuchstaben der beteiligten Städte). Nach diesen Protokollen sind bisher – in immer weiter verbesserten Versionen – über 15.000 Kinder und Jugendliche mit ALL behandelt worden.

Wichtige Erkenntnisse konnten aus den BFM-Studien bisher gewonnen werden.

  • So hat sich beispielsweise gezeigt, dass die Reinduktionstherapie für alle Patienten, also auch jene mit einem niedrigen Rückfallrisiko, ein entscheidender Teil der Behandlung ist.
  • Eine weitere Erkenntnis war, dass die früher allgemein übliche vorbeugende Strahlentherapie des Zentralnervensystems entweder komplett durch eine systemische und intrathekale (das heißt, in den Liquorraum gegebene) Chemotherapie ersetzt oder zumindest in ihrer Dosierung gesenkt werden kann, was zu einer deutlichen Reduktion behandlungsbedingter Nebenwirkungen und Spätfolgen führt.
  • Des Weiteren hat sich das frühe Therapieansprechen der Patienten als wichtiger Prognosefaktor etabliert und dient heute der Zuordnung der Patienten zu Risikogruppen [MOE2010] [SCH2004a] [SCH2000c] [SCH2000f]. Die Ermittlung der Restleukämiezellen mittels molekulargenetischer Diagnoseverfahren [siehe minimale Resterkrankung, MRD] spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Heute sind die BFM-ALL-Studien weltweit anerkannt. Die Studien werden gemeinsam mit Österreich und Italien, und in weiteren Studiengruppen in Osteuropa, Mittel- und Südamerika, zum Teil in adaptierter Form, durchgeführt.

In der zweiten in Deutschland laufenden Therapieoptimierungsstudie, der Hamburger CoALL-Studie (Cooperative ALL-Studie), wurden ähnliche Erkenntnisse und Ergebnisse mit etwas anders gestalteten Therapiekonzepten (an inzwischen über 4.000 Patienten) gewonnen [GRA2007] [ESC2010] [HAR2000].

Verwendete Basisliteratur

  1. Schrappe M, Möricke A, Attarbaschi A, von Stackelberg A: Akute lymphoblastische Leukämie. in: Niemeyer C, Eggert A (Hrsg.): Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Springer-Verlag GmbH Deutschland, 2. vollständig überarbeitete Auflage 2018, 269 [ISBN: 978-3-662-43685-1] SCH2018
  2. Rossig C, Jürgens H, Schrappe M, Moericke A, Henze G, von Stackelberg A, Reinhardt D, Burkhardt B, Woessmann W, Zimmermann M, Gadner H, Mann G, Schellong G, Mauz-Koerholz C, Dirksen U, Bielack S, Berthold F, Graf N, Rutkowski S, Calaminus G, Kaatsch P, Creutzig U: Effective childhood cancer treatment: the impact of large scale clinical trials in Germany and Austria. Pediatric blood & cancer 2013, 60: 1574 [PMID: 23737479] ROE2013
  3. Creutzig U, Henze G, Bielack S, Herold R, Kaatsch P, Klusmann J, Graf N, Reinhardt D, Schrappe M, Zimmermann M, Jürgens H: Krebserkrankungen bei Kindern. Erfolg durch einheitliche Therapiekonzepte seit 25 Jahren. Deutsches Ärzteblatt 2003, 100:A842 [URI: http://www.aerzteblatt.de/ v4/ archiv/ artikel.asp?id=36271] CRE2003b
  4. Creutzig U, Bielack S, Henze G, Jürgens H, Herold R, Kaatsch P, Klussmann J, Graf N, Reinhardt D, Schrappe M, Zimmermann M: Bedeutung der Therapie-Optimierungs-Studien für die erfolgreiche Behandlung krebskranker Kinder – Ein Rückblick auf 25 Jahre Pädiatrische Onkologie. WIR Informationsschrift der Aktion für krebskranke Kinder e.V. (Bonn) 2002, 3: 7 [URI: http://www.kinderkrebsstiftung.de/ fileadmin/ KKS/ files/ zeitschriftWIR/ 2002_3/ optimierungsstudien.pdf] CRE2002c