Alters- und situationsgerechte Erfassung, Messung und Dokumentation von Schmerzen

Autor:  Dr. med. Gesche Riabowol (nee Tallen), Redaktion:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 22.02.2024 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e172600

Für die tägliche Arbeit stehen dem Palliativteam in der Regel standardisierte Dokumentationsbögen zur Schmerzerfassung zur Verfügung. Bei aller Fachkompetenz im Behandlungsteam bleiben letztlich aber doch die Kinder und Jugendlichen selbst die größten Experten ihrer eigenen Schmerzen. Deshalb müssen sie auch als solche akzeptiert werden. Schmerzen sollten also einerseits von den Angehörigen und vom Palliativteam, andererseits aber auch, sofern möglich, vom Patienten selbst gemessen und dokumentiert werden. Dabei können die im Folgenden genannten Hilfsmittel hilfreich sein.

Aufzeichnungen im Schmerztagebuch

Aufzeichnungen in einem Schmerztagebuch ist für die Patienten, mit oder ohne Hilfe ihrer Eltern, die Möglichkeit, die Stärke und Art ihrer Schmerzen täglich aufzuschreiben, um sie anschließend mit Hilfe einer sogenannten Schmerzskala zu bewerten (siehe Folgekapitel).

Ebenfalls sollte der Patient notieren, wann die Schmerzen wie stark auftreten: Dazu protokolliert und bewertet er alltägliche Ereignisse wie Mahlzeiten, Besuche oder andere Aktivitäten. So kann der Patient, aber auch das Palliativteam ermitteln, wodurch welcher Schmerz verursacht wird. Wenn der Patient nicht mehr oder noch nicht schreiben kann, können ihn Angehörige unterstützen.

Das tägliche Aufzeichnen von Schmerzen und Allgemeinbefinden kann (zum Beispiel im Zusammenhang mit Mahlzeiten, Besuchen oder anderen speziellen Aktivitäten) dabei helfen, Ursachen sowie verstärkende und lindernde Faktoren von Schmerzen zu ermitteln und dadurch die Schmerztherapie individueller zu steuern.

Messen der Schmerzintensität mit Schmerzskalen

Mit Hilfe von Schmerzskalen kann die Stärke der Schmerzen gemessen werden.
Kriterien für die Schmerzmessung sind beispielsweise:

  • das Verhalten des Patienten (zum Beispiel bezüglich Essen, Zugewandtheit, Schlafen)
  • Lautäußerungen (wie Weinen, Stöhnen)
  • die Mimik des Patienten
  • das Aktivitätslevel des Patienten

Für die Schmerzerfassung gibt es unterschiedliche Skalen; gebräuchlich sind zum Beispiel:

  • Messskalen: Sie arbeiten beispielsweise mit Zahlen- oder Punkteschemata, mittels derer Schweregrade für den Schmerz vergeben werden.
  • Gesichterskalen: Mit Hilfe einer solchen Skala wählt der Patient, je nach der empfundenen Schmerzsituation, zwischen insgesamt fünf verschiedenen Gesichtern aus. Am Anfang der Skala steht ein eher fröhliches, am Ende ein schmerzverzerrtes Gesicht. Häufig eingesetzte Schmerzskalen sind beispielsweise die Gesichterskalen aus dem STOP-Projekt oder das englische "Paediatric Pain Profile (PPP)".

Auswertung der Schmerzmessungen

Basierend auf der Punktezahl beziehungsweise dem Gesichtsausdruck der oben erwähnten Skalen entscheidet das Behandlungsteam, ob eine medikamentöse Schmerztherapie angezeigt ist und, wenn ja, welche (siehe Kapitel „Schmerzbehandlung mit Medikamenten“ unten).

Wichtig zu wissen: Die Schmerzmessung hilft dabei, die Auswahl und Dosierung von Medikamenten sowie die Steuerung anderer Maßnahmen dem Alter sowie der persönlichen Situation und Wahrnehmung des Patienten anzupassen. Durch die Erfassung der Schmerzqualität, -stärke und -dauer und eine genau darauf abgestimmte Behandlung kann einer Unter- oder Überdosierung von Medikamenten vorgebeugt werden. Außerdem helfen die Messungen dem Behandlungsteam dabei, die optimalen Zeiten zur Schmerzmitteleinnahme festzulegen, so dass der Patient das Medikament rechtzeitig erhält, das heißt, bevor er seine Schmerzen wieder spürt.