Kurative Strahlentherapie
Eine kurative Strahlentherapie kann vor oder nach einer Operation sowie als alleinige Behandlung erfolgen.
Autor: Dr. med. Gesche Riabowol (geb. Tallen), Zuletzt geändert: 21.10.2025 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e211241
Inhaltsverzeichnis
Kurative Behandlungskonzepte haben das Ziel, den Patienten von seiner Erkrankung zu heilen und einem Erkrankungsrückfall vorzubeugen, also alle bösartigen Zellen vollständig und dauerhaft zu vernichten. Die Strahlentherapie kann dazu, je nach Zeitpunkt ihrer Anwendung und ihrer Ausrichtung, auf unterschiedliche Weise beitragen.
Strahlentherapie vor einer Operation
Eine Strahlentherapie vor der Operation wird auch als präoperative oder neoadjuvante Strahlentherapie bezeichnet. Bei manchen Patienten mit großen soliden Tumoren [siehe solider Tumor] kann eine solche Vorbestrahlung, oft in Kombination mit einer Chemotherapie, den Behandlungserfolg verbessern. Mit Hilfe einer der Operation vorausgehenden Strahlentherapie kann erreicht werden, dass ein Tumor, der zum Zeitpunkt der Diagnose aufgrund seiner Größe nicht oder schwer operabel ist, sich so verkleinert, dass er ohne erhöhtes Risiko für den Patienten entfernt werden kann.
Strahlentherapie nach einer Operation
Die Strahlentherapie nach einer Operation wird postoperative oder adjuvante Strahlentherapie genannt. Bei vielen Kindern und Jugendlichen mit soliden Tumoren, insbesondere mit Tumoren des Zentralnervensystems (ZNS-Tumoren), erfolgt nach der operativen Tumorentfernung zusätzlich zur Chemotherapie eine Strahlentherapie (Radiochemotherapie). Dies geschieht vor allem dann, wenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte, zum Beispiel aufgrund seiner Nähe zu gesunden Nachbarorganen und dem Risiko, diese im Rahmen der Operation zu verletzen. Die Bestrahlung hat bei diesen Patienten das Ziel, das verbliebene Tumorgewebe vollständig zu vernichten.
Eine Bestrahlung nach der Operation kann aber auch der Vorbeugung von Erkrankungsrückfällen dienen. Das heißt, dass die ehemalige Tumorregion nachbestrahlt wird, wenn aufgrund bestimmter feingeweblicher (histologischer) und molekularbiologischer Eigenschaften des Tumors verbleibende bösartige Zellen befürchtet werden. Die Nachbestrahlung wird in diesem Fall auch dann durchgeführt, wenn der Chirurg keinen Resttumor mehr sieht oder wenn die postoperative bildgebende Diagnostik keinen Hinweis auf einen Resttumor ergibt.
Dies betrifft besonders häufig Patienten mit einem Medulloblastom, dem häufigsten bösartigen ZNS-Tumor bei Kindern und Jugendlichen. Sie erhalten – sofern sie ein bestimmtes Alter erreicht haben (in der Regel 3–5 Jahre) – auch nach einer kompletten Tumorentfernung und zusätzlich zur Chemotherapie eine Bestrahlung von Gehirn und Rückenmarkskanal (kraniospinale Bestrahlung) und darüber hinaus eine Bestrahlung der Tumorregion (so genannter „Boost“). Auf diese Weise sollen potenziell im Gehirn verbliebene und möglicherweise in den Spinalkanal abgetropfte Medulloblastomzellen („Abtropfmetastasen“) vernichtet werden (siehe Kapitel „Indikationen“) [TIM2018a].
Wichtig zu wissen: Das Gehirn sehr junger Kinder (unter 3– 5 Jahre) ist besonders strahlenempfindlich, weil seine Gewebeentwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist. Entsprechend ist das Risiko für diese Patienten, später an strahlenbedingten Funktionsausfällen des Gehirns, Intelligenzminderungen und Entwicklungsstörungen zu leiden, größer als bei älteren Kindern. Deshalb erhalten jüngere Kinder in der Regel keine Strahlentherapie im Bereich des Zentralnervensystems (ZNS).
Alleinige Strahlentherapie (ohne Operation)
Kinder und Jugendliche mit Blutkrebs (Leukämie) oder mit bestimmten Lymphomen erhalten in bestimmten Fällen ergänzend zur Chemotherapie auch eine Strahlentherapie des Gehirns. Denn Krebszellen, die sich dort (möglicherweise) angesiedelt haben, lassen sich durch eine alleinige Chemotherapie nicht immer ausreichend vernichten. Durch die Bestrahlung, die in der Regel mit Zytostatika-Gaben in den Spinalkanal (intrathekale Chemotherapie) kombiniert wird, sollen diese Zellen sicher beseitigt werden.
Ebenso werden auch manche Patienten mit bestimmten soliden Tumoren nicht operiert, sondern erhalten entweder eine alleinige Strahlentherapie oder eine Kombination von Chemo- und Strahlentherapie (Radiochemotherapie). Zu diesen Patienten gehören beispielsweise Kinder und Jugendliche mit kleinen Retinoblastomen, bei denen eine Augapfel-erhaltende Behandlungsstrategie erfolgen kann, sowie Patienten mit bestimmten Tumoren im Hirnstamm (hochmaligne Gliome), die aufgrund ihrer Lage nicht operiert werden können (siehe Kapitel „Indikationen“).

