Welche aktuellen Therapiestudien / Register gibt es für Patienten mit Medulloblastom / embryonalem ZNS-Tumor / Pineoblastom?

Autor:  Dr. med. habil. Gesche Tallen, Maria Yiallouros, Redaktion:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 24.04.2020 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e52267

In Deutschland ist Ende 2011 eine langjährige Therapieoptimierungsstudie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Medulloblastom, embryonalen, nicht-rhabdoiden ZNS-Tumoren (bislang ZNS-PNET genannt) und weiteren Tumoren ausgelaufen: die Studie HIT 2000. Die Studie war ein umfangreicher Versuch, allen Patienten mit einem Medulloblastom oder ZNS-PNET bis zum Alter von 21 Jahren eine nach dem damaligen Stand der Erkenntnisse bestmögliche und auf den einzelnen Patienten und seine Prognose zugeschnittene (risikoangepasste) Behandlung zu bieten. Zahlreiche Kinderkliniken und Behandlungseinrichtungen in ganz Deutschland und Österreich waren daran beteiligt. Seit Anfang 2012 wird die Studie HIT 2000 als Register für alle jene Patienten weitergeführt, die nicht an der europäischen Nachfolgestudie SIOP-PNET5 MB teilnehmen (siehe unten).

Derzeit stehen folgende Therapieoptimierungsstudien / Register zur Verfügung:

  • Studie SIOP-PNET5 MB für Medulloblastom-Patienten: Seit April 2014 haben Patienten in Deutschland die Möglichkeit, an der europäischen Therapieoptimierungsstudie SIOP-PNET5 MB teilnehmen. Zunächst nur für Patienten mit niedrigem Risiko oder Standardrisiko für einen Krankheitsrückfall eröffnet (LR- und SR-Medulloblastom), beinhaltet die Studie seit Herbst 2018 auch Behandlungsarme für bestimmte Hochrisikopatienten: Dazu zählen zum einen Patienten mit WNT-aktiviertem Medulloblastom, die aufgrund ihres Alters und dem Vorliegen von Metastasen und/oder einem Resttumor ein hohes Rezidivrisiko haben (WNT-HR), zum anderen Patienten mit einer bestimmten, genetisch bedingten Krebsprädisposition (SHH-Medulloblastom mit TP53-Mutation). Außerdem steht im Rahmen der SIOP-PNET 5 MB-Studie ein Register für Medulloblastom-Patienten offen, die nicht die Bedingung für eine Teilnahme in einem der Studienarme erfüllen, dazu gehören insbesondere Medulloblastom-Patienten mit anderen Formen von Krebsprädispositions-Syndromen. Voraussetzung für die Teilnahme an Studie oder Register ist ein Alter von 3-5 Jahren (je nach Medulloblastom-Subtyp). Die Studienzentrale dieser europaweiten Studie hat ihren Sitz am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und wird von Prof. Dr. med. Stefan Rutkowski geleitet.
  • I-HIT-MED Register (in Kürze I-HIT-MED Register): Patienten mit Medulloblastom, embryonalem, nicht-rhabdoidem ZNS-Tumor (ehemals ZNS-PNET) oder Pineoblastom, die derzeit oder künftig nicht an einer klinischen Studie teilnehmen können oder wollen, können in ein Register gemeldet werden (International HIT-MED Registry). Diese Patienten erhalten eine individuelle, das heißt, eine auf ihre Krankheitsform abgestimmte Behandlung. Die Studienzentrale stellt Therapieempfehlungen zur Verfügung; für die Teilnahme am I-HIT-MED Register spielt es jedoch keine Rolle, welche Art der Therapie gegeben wird; das Ziel des Registers ist nicht, eine bestimmte Therapie zu bewerten. Das Register befindet sich unter der Leitung der HIT-MED-Studienzentrale an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (Studienleiter Prof. Dr. med. Stefan Rutkowski).
  • HIT-REZ-Register: Für Patienten, deren Erkrankung nicht auf die Erstbehandlung anspricht (therapierefraktäres, progredientes Medulloblastom / ZNS-PNET oder Pineoblastom) oder die einen Krankheitsrückfall (Rezidiv) erleiden, besteht die Möglichkeit der Aufnahme in das im Januar 2015 eröffnete HIT-REZ-Register. Im Rahmen des Registers werden keine neuen Behandlungsmethoden oder Medikamente erprobt. Die für das Register zuständige Studienzentrale gibt jedoch Therapieempfehlungen, die sich an den aktuellen Ergebnissen nationaler Studien (zum Beispiel der 2016 abgeschlossenen HIT-REZ 2005-Studie) und internationaler Rezidivstudien orientieren. Die Studienzentrale befindet sich am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Essen (Studienleitung: Prof. Dr. med. Gudrun Fleischhack).

Das vorrangige Ziel der Studien beziehungsweise der aktuellen Therapieempfehlungen ist, die Therapie von Patienten mit einem Medulloblastom, einem embryonalen, nicht-rhabdoiden ZNS-Tumor oder Pineoblastom weiter zu verbessern und therapiebedingte Nebenwirkungen herabzusetzen. Darüber hinaus wird durch die intensive Therapie begleitende Forschung (im Rahmen von Begleitstudien) das Wissen über die Erkrankung vertieft. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in zukünftige Behandlungskonzepte einfließen.