Weitere Therapieformen
Autor: Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 23.03.2022 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e101721
Bei Patienten, die ein erhöhtes Rückfallrisiko haben (zum Beispiel durch ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium und/oder ungünstige molekulargenetische Tumoreigenschaften), schließt sich an die intensive Therapiephase (Induktions-Chemotherapie, Hochrisiko-Chemotherapie / Stammzelltransplantation) eine meist weniger intensive Behandlungsphase (so genannte Konsoliderungsphase) an, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt.
Über viele Jahre wurde dazu die Behandlung (Differenzierungstherapie) mit Retinsäure eingesetzt. Die Retinsäurebehandlung erfolgt in mehreren Therapiezyklen; dabei wechseln sich in der Regel 14-tägige Behandlungsphasen mit 14-tägigen oder längeren Therapiepausen ab. Da das Medikament in Tablettenform eingenommen wird, kann die Behandlung weitgehend zu Hause oder ambulant durchgeführt werden. Die Gesamtdauer der Behandlung beträgt etwa ein Jahr (sechs Monate Therapie, drei Monate Pause, drei Monate Therapie). Die Behandlung mit Retinsäure wird aktuell nicht mehr standardmäßig durchgeführt. Weitere Studien zur Wirkung von Retinsäure sind jedoch vorgesehen. Als Standardtherapie gilt derzeit eine Immuntherapie mit dem Antikörper Dinutuximab beta [PEI2017] [SIM2017] [SIM2019].
Immuntherapie
Mit Hilfe der Immuntherapie versucht man, das körpereigene Abwehrsystem des Patienten so zu beeinflussen, dass es die Krebszellen selbst besser bekämpfen kann. Bei der derzeit standardmäßig eingesetzten Immuntherapie wird der Antikörper Dinutuximab beta verwendet, der eine Oberflächenstruktur (Antigen) auf Neuroblastomzellen (das Gangliosid GD2) erkennt und attackiert. Der Antikörper wird im Anschluss an die Hochdosis-Chemotherapie und autologe Stammzelltransplantation über zehn Tage als Dauerinfusion verabreicht [SIM2019]. Eine zusätzliche Gabe von Zytokinen wie GM-CSF und Interleukin-2, die die Aktivierung der körpereigenen Immunzellen weiter verstärken sollen, wird aufgrund von erhöhten Nebenwirkungen derzeit nicht empfohlen [LAD2018] [MUE2018] [PAR2013] [SIM2011a].
Zu den Nebenwirkungen einer Immuntherapie gehören häufig Schmerzen, Fieber, niedriger Blutdruck und eine Störung des Wasser- und Elektrolythaushaltes mit Flüssigkeitsansammlung im Körper (Ödeme). Die Behandlung in einem erfahrenen kinderonkologischen Zentrum ist daher wichtig.
Neue Therapieansätze
Abgesehen von der erwähnten Immuntherapie werden weitere Methoden erprobt, die die Therapie dieser Erkrankung verbessern sollen. So können molekulare Zielstrukturen, das heißt, Moleküle der Tumorzellen, die wesentlich für das Tumorgeschehen sind, mit neu entwickelten Medikamenten therapeutisch genutzt werden.
Der enorme Erkenntnisgewinn aus molekularbiologischen Studien trägt langsam Früchte. So wird beispielsweise derzeit die therapeutische Wirkung von Hemmstoffen für ALK-Mutationen klinisch bei Patienten mit Neuroblastom-Rückfall geprüft. ALK-Mutationen sind Genveränderungen im so genannten ALK-Gen, die wesentlich an der Krebsentstehung und -entwicklung beteiligt ist. Durch Einsatz passender Wirkstoffe, die die mutierten Anteile der Tumorzellen blockieren, wird versucht, dem Gendefekt entgegenzuwirken [OBE2009]. Andere Wirkstoffe sind in der Entwicklung und dürften in den nächsten Jahren Anwendungsreife erreichen [EGG2018a] [SIM2019].