Hepatoblastom – Kurzinformation

Das Hepatoblastom ist ein bösartiger Tumor der Leber, der vor allem bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern vorkommt. In diesem Text erhalten Sie die wichtigsten Informationen zu Krankheitsbild, Häufigkeit, möglichen Ursachen, Symptomen, Diagnose, Therapieplanung, Behandlung sowie zur Prognose der Erkrankung.

Autor:  Maria Yiallouros, Redaktion:  Maria Yiallouros, Freigabe:  Prof. Dr. med. Irene Schmid, Zuletzt geändert: 23.01.2024 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e63973

Krankheitsbild

Hepatoblastome sind hochgradig bösartige (hochmaligne) solide Tumoren der Leber. Da sie direkt in der Leber entstehen, werden sie auch „primäre“ Lebertumoren genannt. Hepatoblastome gehen, bereits vorgeburtlich, aus entarteten aus entarteten Vorläuferzellen des Lebergewebes hervor. Da die Entartung dieser Vorläuferzellen zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Leberentwicklung erfolgen kann, gibt es verschiedene feingewebliche Hepatoblastomtypen (zum Beispiel fetales oder embryonales Hepatoblastom); manche Hepatoblastome können auch unterschiedlich ausgereifte Vorstufen anderer Gewebetypen enthalten. Die verschiedenen Tumortypen unterscheiden sich zum Teil auch in ihrem Wachstumsverhalten voneinander.

Hepatoblastome entstehen bevorzugt im rechten Leberlappen. Meist handelt es sich um einzelne große, gut durchblutete Tumoren, die sich auf einen Bereich des Organs beschränken (unifokale Tumoren). Nur bei etwa 15 % der Betroffenen findet man – als Zeichen eines aggressiven Wachstums – Tumoren an mehreren Stellen gleichzeitig (multifokale Tumoren). Sehr selten dehnt sich ein Hepatoblastom über die Leber hinaus (extrahepatisch) aus. Eine Streuung des Tumors über die Blutbahn in entfernte Körperregionen mit Bildung von Tochtergeschwülsten (Fernmetastasen) erfolgt meist erst bei fortgeschrittener Erkrankung; häufig ist die Lunge betroffen. So haben etwa 10 bis 20 % der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Lungenmetastasen. Eine Metastasierung in die Lymphknoten kommt sehr selten vor.

Häufigkeit

Das Hepatoblastom ist der häufigste primäre Lebertumor im Kindes- und Jugendalter und der dritthäufigste Bauchtumor in dieser Altersgruppe (nach dem Neuroblastom und dem Nephroblastom). Nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters (Mainz) erkranken in Deutschland jährlich etwa 25 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (das entspricht zwei pro Million) neu an einem Hepatoblastom. Der Anteil dieser Tumoren an allen bösartigen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters liegt bei etwa 1 %. Weltweit nimmt die Häufigkeit von Hepatoblastomen seit ein paar Jahrzehnten zu, vermutlich im Zusammenhang mit der zunehmenden Zahl an Frühgeburten und niedrigem Geburtsgewicht (siehe Kapitel „Ursachen").

Da Hepatoblastome embryonale Tumoren sind, treten sie vor allem bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern, also im frühen Kindesalter, auf : Der Großteil der Patienten ist zwischen sechs Monate und drei Jahre alt. Das durchschnittliche Erkrankungsalter bei Diagnosestellung beträgt 1,5 Jahre. Bei Kindern über 4 Jahren kommt ein Hepatoblastom nur selten vor. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen (Geschlechterverhältnis: 1,4 : 1).

Ursachen

Die Ursache für die Entstehung eines Hepatoblastoms ist noch nicht geklärt. Man geht davon aus, dass ein vorgeburtlicher Auslöser besteht. Bekannt ist, dass Frühgeborene und Kinder mit sehr niedrigem Geburtsgewicht ein erhöhtes Risiko für die spätere Entwicklung eines Hepatoblastoms haben. Da beide Faktoren in den Industrienationen zunehmen, wird weltweit auch eine erhöhte Häufigkeit von Hepatoblastomen verzeichnet.

In seltenen Fällen besteht ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten eines Hepatoblastoms und dem Vorliegen eines so genannten Krebsprädispositionssyndroms. Es handelt sich dabei um genetisch bedingte Krankheitsbilder, die mit einer erblichen Veranlagung (Prädisposition) für Tumoren einhergehen. Krebsprädispositionssyndrome, die bei der Entstehung eines Hepatoblastoms eine Rolle spielen können, sind das Beckwith-Wiedemann-Syndrom (BWS), das Edward’s Syndrom (Trisomie 18) und die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP).

Darüber hinaus finden sich in den Zellen fast aller Hepatoblastome Veränderungen in den Genen und/oder Chromosomen, die dazu beitragen, dass aus einer Leberzelle eine Tumorzelle wird. Das gilt auch dann, wenn kein erbliches Krebssyndrom vorliegt. Die Veränderungen erfolgen in solchen Fällen spontan.

Krankheitszeichen

Wie andere Tumoren im Bauchraum fallen Hepatoblastome meist als sicht- und tastbare, schmerzlose Bauchtumoren auf, zum Beispiel bei einer kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchung. Darüber hinaus können vor allem bei fortgeschrittenen Krankheitsstadien allgemeine Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Störung des Ess- und Trinkverhaltens, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sowie Bauchschmerzen und Übelkeit auftreten. Der Tumor kann auch eine Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle (Aszites oder Bauchwassersucht), eine Thrombozytose und/oder eine Anämie verursachen.

Sehr selten kommt es zu Leberfunktionsstörungen, die sich zum Beispiel in Form einer Gelbfärbung der Haut, Schleimhäute und Augen (einem so genannten Ikterus) oder einer erhöhten Blutungsneigung bemerkbar machen können. Auch eine Tumorruptur mit Blutung oder eine verfrüht einsetzende Pubertät (Pubertas praecox) gehören zu den seltenen Symptomen.

Diagnose

Findet der (Kinder-)Arzt durch Krankheitsgeschichte (Anamnese) und körperliche Untersuchung Hinweise auf ein Hepatoblastom oder einen anderen Lebertumor, wird er den Patienten in ein Krankenhaus überweisen, das auf diese Form der Krebserkrankung spezialisiert ist (kinderonkologische Behandlungseinrichtung). Denn bei Verdacht auf einen solchen Tumor sind umfangreiche Untersuchungen und die Zusammenarbeit von Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen notwendig, um festzustellen, ob tatsächlich ein bösartiger Lebertumor vorliegt und, wenn ja, um welche Form des Tumors es sich handelt und wie weit sich die Erkrankung im Körper ausgebreitet hat. Die Klärung dieser Fragen ist Voraussetzung für eine optimale Behandlung und für die Einschätzung der Prognose des Patienten.

Klinische Untersuchung und Labortests

Das Behandlungsteam in der Klinik wird zunächst eine weitere sorgfältige Anamnese erheben und eine körperliche Untersuchung vornehmen. Darüber hinaus werden Blutuntersuchungen durchgeführt. Von besonderem Interesse sind bestimmte Substanzen im Blut (so genannte Tumormarker), die – wenn sie erhöht vorliegen – Hinweis auf ein Hepatoblastom geben können. Bei 80 bis 90 % der Hepatoblastom-Patienten beispielsweise ist die Substanz Alpha-1-Fetoprotein (auch α-Fetoprotein, AFP) deutlich erhöht. Der Tumormarker β-HCG liegt bei etwa 20 % der Patienten in erhöhten Werten vor.

Bildgebende Untersuchungen zum Tumornachweis und zur Metastasensuche

Mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der Bauchorgane können die Lage, Ausdehnung, Struktur und Gefäßversorgung eines Lebertumors sichtbar gemacht werden. Für eine umfassendere und genauere Diagnose sind weitere bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) und in seltenen Fällen zusätzlich die Computertomographie (CT) erforderlich. Sie werden mit Kontrastmittel durchgeführt und ermöglichen es, die Ausdehnung des Tumors in der Leber und in angrenzende Strukturen sowie einen eventuellen Tumoreinbruch in eine große Vene (Gefäßeinbruch) oder einen Lymphknotenbefall besser zu beurteilen. Auch Hinweise auf die Art des Tumors sind möglich. Aufgrund des jungen Alters der Patienten erfolgen diese bildgebenden Untersuchungen in Narkose. Um eventuell vorhandene Metastasen zu orten, werden eine Röntgenuntersuchung und eine Computertomographie der Lunge, ebenfalls mit Kontrastmittel und in Narkose, durchgeführt.

Gewebeentnahme (Biopsie)

Für die endgültige Diagnose ist eine feingewebliche (histologisch)e Untersuchung des Tumors erforderlich. Die dazu benötigte Gewebeprobe kann zum einen im Rahmen einer Bauchoperation (Laparotomie) entnommen werden (so genannte offene Biopsie), die auch der Tumorentfernung dient. Alternativ kann eine perkutane Stanzbiopsie in Frage kommen. In diesem Fall werden, unter Ultraschall-Beobachtung und unter Narkose, von außen durch die Haut mehrere Gewebezylinder aus dem Tumor gewonnen. Seltener wird eine Laparoskopie durchgeführt. Die Art der Biopsie hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von der Größe, Ausdehnung und Operabilität des Tumors.

Gut zu wissen: Bei Kindern im Alter zwischen sechs Monaten und drei Jahren kann ausnahmsweise auf eine Biopsie verzichtet werden, wenn die bildgebenden Untersuchungen einen Lebertumor zeigen, gleichzeitig der AFP-Wert im Blut einen bestimmten Vergleichswert überschreitet (über 1.000 ng/ml) und dieser Wert zudem dreimal höher ist als für das Alter typisch. In diesem Fall weiß man aus Erfahrung, dass immer ein Hepatoblastom vorliegt. Im Rahmen von Studien kann allerdings auch in solchen Fällen eine Biopsie erforderlich sein, zum Beispiel zur genaueren feingeweblichen Bestimmung des Tumors und für molekulargenetische Zwecke.

Behandlungsvorbereitende Untersuchungen

Je nach Art der geplanten Behandlung kommen vor Therapiebeginn weitere Untersuchungen hinzu, um Zustand und Funktion bestimmter Organe zu überprüfen. Vor einer Chemotherapie gehören dazu vor allem die Überprüfung der Herzfunktion (Elektrokardiographie [EKG] und Echokardiographie‎), der Hörfunktion (Audiometrie), der Nieren- und Lungenfunktion und verschiedene Blutuntersuchungen. Veränderungen, die möglicherweise im Laufe der Therapie auftreten, können aufgrund solcher Ausgangsbefunde besser beurteilt und bei der Behandlung entsprechend berücksichtigt werden.

Anmerkung: Nicht alle der genannten Untersuchungen sind bei jedem Patienten notwendig. Andererseits können eventuell aber auch Untersuchungen hinzukommen, die hier nicht erwähnt wurden. Fragen Sie Ihre behandelnden Ärzte oder das Behandlungsteam, welche Untersuchungen bei Ihrem Kind geplant sind und warum die jeweilige Untersuchung erforderlich ist.

Die Krebserkrankung eines Kindes ist für die ganze Familie eine belastende Situation. Das Psychosoziale Team der Klinik oder später der Nachsorgeeinrichtung steht Patienten und ihren Angehörigen von der Diagnose bis zum Abschluss der Behandlung sowie während der Nachsorge beratend und unterstützend zur Seite. Zögern Sie nicht, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. Es ist fester Bestandteil des Behandlungskonzepts aller kinderonkologischen Zentren im deutschsprachigen Raum. Hier finden Sie umfassende Informationen zum Thema.

Therapieplanung

Nachdem die Diagnose feststeht, erfolgt die Therapieplanung. Um eine möglichst individuelle, auf den Patienten zugeschnittene (risikoadaptierte) Behandlung durchführen zu können, berücksichtigt das Behandlungsteam bei der Planung bestimmte Faktoren, die die Prognose des Patienten beeinflussen (so genannte Risiko- oder Prognosefaktoren).

Wesentliche Prognosefaktoren bei Patienten mit einem Hepatoblastom sind die Lage und Ausdehnung des Tumors zum Zeitpunkt der Diagnose und somit seine Operabilität (siehe auch Folgekapitel zu den Krankheitsstadien). Die vollständige Entfernung des Tumors und eventueller Metastasen spielt eine wichtige Rolle für die Heilungsaussichten des Patienten, so dass die genaue Bestimmung des Krankheitsstadiums für eine zuverlässige Risikobewertung und Therapieplanung unerlässlich ist. Da bei den meisten Patienten vor der Operation eine Chemotherapie mit dem Ziel der Tumorverkleinerung durchgeführt wird, ist auch das Ansprechen auf diese präoperative Behandlung für die Prognose des Patienten wichtig.

Weitere Prognosefaktoren sind das Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose, bestimmte Laborwerte (Alpha-1-Fetoprotein, AFP) und zusätzlich die feingewebliche Art des Hepatoblastoms, wenn der Tumor bei Diagnose schon entfernt werden konnte. Alle Faktoren fließen in die Behandlungsplanung ein mit dem Ziel, für jeden Patienten das jeweils bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen.

Einteilung des Hepatoblastoms nach Krankheitsstadien (PRETEXT-System)

Die Beurteilung des Hepatoblastom-Stadiums erfolgt nach dem so genannten PRETEXT-Gruppierungssystem (PRETEXT steht für „pre-treatment extension“) der Lebertumorstudiengruppe der internationalen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie (SIOPEL). Dieses Einteilungssystem berücksichtigt – anhand bildgebender Untersuchungen – die Ausdehnung des Tumors in der Leber vor der Operation (präoperativ): Je nachdem, wie viele von insgesamt vier (chirurgisch relevanten) Lebersektoren eines Leberlappens betroffen sind, werden vier Krankheitsstadien unterschieden (I-IV).

Bei der Bestimmung der Tumorausdehnung wird auch berücksichtigt, ob der Tumor die großen Lebergefäße wie Pfortader (P) oder Lebervenen (V) befallen oder sich über die Leber hinaus ausgebreitet hat (E für extrahepatische Ausdehnung) beziehungsweise ob eine multifokale Tumorausdehnung (F), eine Tumorruptur zum Zeitpunkt der Diagnose (R), ein Lymphknotenbefall (N) oder gar Fernmetastasen (M) vorliegen. Solche Befunde gelten als zusätzliche Risikofaktoren und werden durch entsprechende Zusatzbuchstaben vermerkt.

Einteilung der Hepatoblastom-Patienten nach Risikogruppen

In Abhängigkeit vom ermittelten Krankheitsstadium sowie der weiteren Prognosefaktoren ergeben sich therapeutische Konsequenzen, zum Beispiel bezüglich der Entscheidung, ob eine Tumorentfernung (Resektion) oder eine Transplantation angezeigt ist beziehungsweise wie intensiv die Chemotherapie sein muss. Für eine möglichst optimale individuelle Behandlung werden die Patienten daher verschiedenen Risiko- oder Therapiegruppen zugeordnet, in denen unterschiedliche Therapiepläne zur Anwendung kommen. Je höher das Rückfallrisiko des Patienten ist, umso intensiver ist in der Regel die Behandlung.

Gut zu wissen: Die internationale Therapieoptimierungsstudie PHITT (Paediatric Hepatic International Tumour Trial), die derzeit für alle Patienten mit neu diagnostiziertem Hepatoblastom offensteht, unterscheidet insgesamt vier Risikogruppen. Informationen zur Risikogruppeneinteilung und Behandlung im Rahmen der Studie erhalten Sie in unserer Patienteninformation zur Behandlung gemäß PHITT-Studie.

Behandlung

Die Behandlung eines Patienten mit Lebertumor muss in einer kinderonkologischen Behandlungseinrichtung erfolgen. Dort ist das hoch qualifizierte Fachpersonal (Ärzte, Fachpflegekräfte) auf die Behandlung krebskranker Kinder spezialisiert und mit den modernsten Therapieverfahren vertraut. Die Ärzte dieser Klinikabteilungen stehen in fachorientierten Arbeitsgruppen in ständiger, enger Verbindung miteinander und behandeln ihre Patienten nach gemeinsam entwickelten und stetig weiter verbesserten Therapieplänen.

Ziel der Behandlung ist, eine möglichst hohe Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten zu erreichen und gleichzeitig die Nebenwirkungen und Spätfolgen so gering wie möglich zu halten.

Behandlungsmethoden

Zu den bei einem Hepatoblastom eingesetzten Therapiemethoden gehören prinzipiell eine Operation zur Entfernung des Lebertumors (lokale Therapie) und fast immer eine Chemotherapie. Bei manchen Patienten kann eine Lebertransplantation in Frage kommen. Eine Strahlentherapie ist bei Hepatoblastomen nach derzeitigem Wissensstand nicht wirksam. Art und Ablauf der Behandlung hängen in erster Linie von der Art, Lage und Ausdehnung des Tumors (und somit seiner Operabilität) ab (siehe Kapitel "Therapieplanung"). Die Gesamtdauer der Therapie beträgt etwa drei bis zwölf Monate.

Die Behandlung eines Patienten mit Hepatoblastom basiert im Wesentlichen auf zwei Säulen: der Chemotherapie und der chirurgischen Tumorentfernung. Die vollständige Tumorentfernung (Resektion) ist der wichtigste Faktor für das Überleben des Patienten.

In seltenen Fällen, in denen ein kleiner Einzeltumor vorliegt (zum Beispiel PRETEXT-Stadium I oder eventuell II), kann die Operation sofort im ersten Schritt erfolgen. Bei den meisten Patienten ist das Hepatoblastom allerdings zum Zeitpunkt der Diagnose schon zu groß, um erfolgreich operiert zu werden, oder es liegen bereits Metastasen in der Lunge vor. Bei diesen Patienten wird zunächst versucht, den Tumor und eventuelle Metastasen mit einer (präoperativen) Chemotherapie zu verkleinern und erst anschließend zu entfernen. Da die meisten Hepatoblastome gut auf eine Chemotherapie ansprechen, ist dieses Vorgehen bei bis zu 90 % der Patienten erfolgreich.

Nach der Chemotherapie wird geprüft, ob der Tumor gut auf die Behandlung angesprochen hat, das heißt, ob er operabel ist. Sollte dies nicht der Fall sein, können weitere Chemotherapiezyklen sinnvoll sein. Im Anschluss an die chirurgische Tumorentfernung wird die Chemotherapie fortgesetzt (postoperative Chemotherapie), um eventuell verbliebene Tumorzellen zu vernichten und damit das Rückfallrisiko zu minimieren.

Chemotherapie

Bei der Chemotherapie werden zellwachstumshemmende Medikamente (Zytostatika) verabreicht, die darauf abzielen, Krebszellen in ihrem Wachstum zu stoppen oder zu vernichten. Um die Wirksamkeit der Behandlung zu optimieren, kommen mehrere und unterschiedlich miteinander kombinierte Zytostatika zum Einsatz, die blockweise verabreicht werden. In der Regel besteht die Chemotherapie aus zwei großen Phasen: einer präoperativen Induktions-Chemotherapie und einer postoperativen Chemotherapie (Konsolidierung).

Das wichtigste Zytostatikum ist Cisplatin (CDDP), das auch in Kombination mit anderen Medikamenten (wie Carboplatin, Doxorubicin, Vincristin, 5-Fluorouracil, Etoposid und Irinotecan) eingesetzt werden kann. Die Intensität der Chemotherapie (Art und Zahl der eingesetzten Medikamente, Gesamtdosis, Zahl der Therapiezyklen) richtet sich nach der Risikogruppe, der der Patient aufgrund der Ausdehnung seiner Erkrankung zugeordnet wurde. Je weiter fortgeschritten die Erkrankung ist, umso intensiver wird die Behandlung sein.

Operation (chirurgische Tumorentfernung)

Die vollständige Entfernung des Tumors sowie auch eventuell vorhandener Fernmetastasen ist entscheidend für das Überleben der Patienten. Es wird daher versucht, auch ausgedehnte Hepatoblastome (mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand im gesunden Gewebe) radikal zu entfernen. Dies geschieht gegebenenfalls auch mit Hilfe spezieller Techniken, zum Beispiel einem vollständigen Verschluss (Okklusion) der zu- und abführenden Blutgefäße. In aller Regel werden vollständige Lebersegmente oder der gesamte Leberlappen entfernt. Letzteres wird auch als Lobektomie bezeichnet. Auch mittels Bildgebung sichtbare Fernmetastasen müssen nach der Chemotherapie entfernt werden, wenn sie nach der präoperativen Chemotherapie noch nachweisbar sind.

Lebertransplantation

In Fällen, in denen eine chirurgische Tumorentfernung zu risikoreich ist, kann eine Leber-Transplantation erwogen werden. Dies gilt zum Beispiel für Patienten, bei denen alle vier Sektoren befallen sind (PRETEXT IV) oder die an einem multifokalen Befall in verschiedenen Sektoren erkrankt sind. In diesem Fall ist es wenig wahrscheinlich, dass durch eine Operation alle vorhandenen Hepatoblastomherde in der Leber entfernt werden können. Auch für Patienten mit Stadium PRETEXT IV und Gefäßinvasionen, die auf die Chemotherapie nicht mit einer Verkleinerung des Tumors auf ein Stadium III reagieren, kann eine Transplantation in Betracht kommen.

Weitere Therapiemethoden

Wenn der Tumor nicht auf die Chemotherapie anspricht oder aus anderen Gründen eine Tumorentfernung oder Lebertransplantation nicht in Frage kommt, müssen andere Möglichkeiten der Behandlung in Erwägung gezogen werden. Die vielversprechendste Methode ist die so genannte Chemo-Embolisation. Dabei werden unter Bildkontrolle Medikamente gemeinsam mit Trägersubstanzen direkt in die zuführenden Lebergefäße injiziert und diese dadurch „verschlossen“ (emboliert). Ziel dieser lokalen Chemotherapie ist, das Tumorvolumen durch die Zerstörung von Tumorzellen zu verkleinern. In manchen Fällen kann im Anschluss eine Tumorresektion erfolgen oder die Zeit bis zu einer Lebertransplantation überbrückt werden. Der Eingriff kann jedoch mit Komplikationen verbunden sein und ist daher individuell genau abzuwägen.

Andere Therapiemethoden, wie sie bei der Behandlung von Lebertumoren im Erwachsenenalter eingesetzt werden – zum Beispiel Laserbehandlung, Kryoablation (Einfrieren von Tumorgewebe), Radiofrequenzablation (Erhitzung von Tumorgewebe durch hochfrequente Radiowellen) – haben bisher keinen Stellenwert im Kindes- und Jugendalter und finden höchstens in der Palliativtherapie Anwendung.

Therapieoptimierungsstudien und Register

Der Großteil der Kinder mit einem Hepatoblastom wird in Deutschland nach standardisierten Behandlungsprotokollen behandelt, in aller Regel im Rahmen von Therapieoptimierungsstudie. Therapieoptimierungsstudien sind kontrollierte klinische Studien, die das Ziel haben, erkrankte Patienten nach dem jeweils aktuellsten Wissensstand zu behandeln und gleichzeitig die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern und weiterzuentwickeln.

Patienten, die an keiner Studie teilnehmen, entweder, weil zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung keine Studie (zum Beispiel im behandelnden Zentrum) verfügbar ist oder weil sie die Einschlusskriterien einer bestehenden Studie nicht erfüllen, werden oft in einem so genannten Register dokumentiert. Ein solches Register dient in erster Linie der Erfassung erkrankungs- und therapiebezogener Daten, mit deren Hilfe das Wissen über die Erkrankung und deren Versorgung gebündelt und die Behandlung somit weiter optimiert werden soll. Im Lebertumor-Register werden auch molekulargenetische Daten zum Tumor gesammelt, womit man sich ein besseres Verständnis der Tumorbiologie erhofft. Darüber hinaus unterstützt die zuständige Registerzentrale das Behandlungsteam in der Regel mit (unverbindlichen) Therapieempfehlungen auf der Grundlage der zum Zeitpunkt bekannten bestmöglichen Therapie, so dass der Patient auch außerhalb einer Studie optimal versorgt ist.

Derzeit stehen in Deutschland (mit internationaler Beteiligung) folgende Therapieoptimierungsstudien und Register für Patienten mit Hepatoblastom zur Verfügung:

  • Studie PHITT: Die internationale pädiatrische Lebertumor-Studie (englisch: Paediatric Hepatic International Tumour Trial, abgekürzt: PHITT) wurde im September 2018 in Deutschland neu eröffnet. Aufgenommen werden Patienten (unter 30 Jahren) mit Erstdiagnose eines Hepatoblastoms oder hepatozellulären Karzinoms. An der Studie sind weltweit alle großen Studiengruppen beteiligt; zahlreiche Kinderkliniken und pädiatrisch-onkologische Behandlungszentren in ganz Deutschland sowie in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern nehmen daran teil. Die nationale Studienzentrale befindet sich am Klinikum der LMU München (Dr. von Haunersches Kinderspital) unter der Leitung von Prof. Dr. Irene Schmid.
  • GPOH Lebertumorregister: Register für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (Alter: von 0-20 Jahren), die in Deutschland an einem gut- oder bösartigen Lebertumor erkranken. Das Register wurde 2011 nach Beendigung der Therapiestudie HB 99 eröffnet und dient seither vor allem der Datenerhebung mit dem Ziel, das Wissen über die Erkrankung und somit die zukünftigen Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern. Leiter des Registers ist Prof. Dr. med. Irene Schmid, Klinikum der LMU München (Dr. von Haunersches Kinderspital, Kinderchirurgie). In das Register können auch Patienten aufgenommen werden, die im Rahmen der PHITT-Studie behandelt werden.

Behandlung nach aktueller PHITT-Studie: Informationen zu den Behandlungsabläufen für Hepatoblastom-Patienten in den verschiedenen Therapiegruppen der PHITT-Studie erhalten Sie in unserer Patienteninformation zum Thema hier.

Prognose

Die Überlebensaussichten (Prognose) für Kinder und Jugendliche mit einem Hepatoblastom richten sich nach der Ausdehnung der Erkrankung, dem Ansprechen auf die Chemotherapie und dem möglichen Umfang der Tumorentfernung. Die vollständige Tumorentfernung ist wesentlich für eine gute Prognose.

In den letzten zehn bis zwanzig Jahren konnten die Möglichkeiten der chemotherapeutischen Behandlung deutlich verbessert werden, so dass zunehmend bessere Heilungsraten für Patienten mit einem Hepatoblastom erzielt werden. Insgesamt können, nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters, inzwischen etwa 85 % aller Hepatoblastom-Patienten geheilt werden (10-Jahres-Überleben). Die Prognose‎ für den einzelnen Patienten hängt allerdings in erster Linie davon ab, wie weit die Krankheit zum Zeitpunkt der Diagnose fortgeschritten war (Krankheitsstadium) und zu welcher Risikogruppe der Patient infolgedessen gehört.

Die günstigsten Aussichten haben Patienten in den Risikogruppen „sehr niedrig“ und „niedrig“. Da ihre Erkrankung in der Regel sehr gut auf die Chemotherapie anspricht, liegt die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Tumorentfernung bei über 90 %, mit entsprechend hohen Überlebensraten (5-Jahres-Überlebensrate von über 90 %). Patienten mit einem „mittleren Risiko“ haben ein 5-Jahres-Überleben von 70 bis 80%, während Patienten mit „hohem Risiko“, mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von bisher etwa 50 bis 60%, eine weniger gute Prognose haben. Die Lebertumor-Experten erhoffen sich mit der PHITT-Studie eine Verbesserung der Heilungsraten.

Anmerkung: Bei den genannten Überlebensraten handelt es sich um statistische Größen. Sie stellen nur für die Gesamtheit der an einem Hepatoblastom erkrankten Patienten eine wichtige und zutreffende Aussage dar. Ob der einzelne Patient geheilt werden kann oder nicht, lässt sich aus der Statistik nicht vorhersagen. Wenn Sie Fragen zur prognostischen Einschätzung der Erkrankungsart Ihres Kindes haben, wenden Sie sich daher bitte an Ihr Behandlungsteam.

PDF-Datei der Patienteninformation zum Hepatoblastom (429KB)
Autor: Maria Yiallouros; freigebende Expertin: Prof. Dr. med. Irene Schmid
Stand: 12.09.2022

Basisliteratur

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