Diagnostisches Vorgehen vor der Tumorentfernung
Author: Dr. med. Gesche Tallen, Dipl.-Biol. Maria Yiallouros, Last modification: 2010/11/08 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e52519
Am Anfang der Erstdiagnose stehen immer eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und eine umfassende körperliche / neurologische Untersuchung des Patienten, die auch eine Augenhintergrundspiegelung beinhaltet.
Im Anschluss daran stehen Bild gebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns (kraniale MRT) und/oder des Rückenmarkskanals (spinale MRT) oder die Computertomographie (CT) im Vordergrund der Diagnostik von ZNS-Tumoren. Mit Hilfe dieser Methoden lässt sich genau feststellen, ob ein Tumor des Zentralnervensystems und gegebenenfalls Tumorabsiedlungen (Metastasen) vorliegen. Auch Lage und Größe des Tumors sowie seine Abgrenzung zu Nachbarstrukturen und gegebenenfalls ein Wasserkopf (Hydrocephalus) sind sehr gut sichtbar. Die MRT ist darin dem CT überlegen, so dass eine CT heute nur noch als die unter Umständen schneller verfügbare Methode in Notsituationen angezeigt ist. Bei Säuglingen mit noch offener fontanelle kann zum Nachweis eines Tumors zunächst auch eine Ultraschalluntersuchung des Schädels erfolgen. In manchen Fällen benötigt der Neurochirurg vor der Operation Informationen über die Gefäßversorgung des Tumors, so dass eine Darstellung der Gehirngefäße (Magnetresonanzangiographie oder digitale Subtraktionsangiographie) erforderlich wird. Zur endgültigen Sicherung der Diagnose muss in aller Regel eine Gewebeprobe entnommen und untersucht werden (Biopsie).
Behandlungsvorbereitend erfolgen in der Regel ferner eine Röntgenuntersuchung der Lunge zur Überprüfung der Lungenfunktion vor einer Narkose sowie eine Elektrokardiographie (EKG) und Echokardiographie zur Überprüfung der Herzfunktion. Umfangreiche Laboruntersuchungen dienen dazu, den Allgemeinzustand des Patienten zu überprüfen und festzustellen, ob die Funktion einzelner Organe (zum Beispiel Nieren und Leber) beeinträchtigt ist oder Stoffwechselstörungen vorliegen, die vor oder während der Behandlung besonders berücksichtigt werden müssen.
Bei bestimmten Fragestellungen oder bei Verdacht auf eine Streuung der Tumorzellen in andere Organe (Metastasen) werden möglicherweise weitere Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehören zum Beispiel eine Skelett-Szintigraphie (bei Knochen-/Gelenkschmerzen oder -schwellungen), die Knochenmarkuntersuchung nach Knochenmarkpunktion(bei Anämie, Thrombozytopenie oder Granulozytopenie und die Ultraschalluntersuchung verdächtiger Lymphknoten (das heißt, bei Lymphknoten mit mehr als zwei Zentimeter Durchmesser oder zunehmenden Lymphknotenschwellungen). Ein Octreotid-Scan kann angezeigt sein, wenn ein Resttumor nach der Erstoperation oder Metastasen mit anderen Bild gebenden Verfahren nicht sicher nachgewiesen beziehungsweise ausgeschlossen werden können.
Bei Patientinnen im gebärfähigen Alter wird ein Schwangerschaftstest durchgeführt.
Untersuchungen im Rahmen der Spätfolgenüberwachung dienen dazu, bereits bestehende Schäden, die der Tumor verursacht haben kann, so früh wie möglich zu entdecken, damit eventuell später auftretende behandlungsbedingte Probleme besser von diesen abgegrenzt werden können. Zu dieser Spätfolgendiagnostik gehören zum Beispiel folgende Untersuchungen:
- eine Elektroenzephalographie (EEG) zur Untersuchung der Gehirnströme beziehungsweise zum Auffinden von Hirngebieten, die möglicherweise durch den Tumor eine erhöhte Tendenz zu Krampfanfällen aufweisen
- eine Untersuchung der Hör- und Sehfunktion mittels elektrophysiologischer Untersuchungen (evozierte Potentiale), augenärztlicher Untersuchung (zum Beispiel von Sehkraft, Gesichtsfeld) und Hörprüfung durch den Hals-Nasen-Ohrenarzt
- Untersuchung der Hormondrüsenfunktion mittels Blutentnahme
- neuropsychologische Untersuchungen zur Erfassung der Lebensqualität
