Spätfolgen der LCH

Dieser Text informiert über mögliche Spätfolgen der Langerhanszell-Histiozytose (LCH) und deren Behandlung.

Autor:  Dr. med. Anke Barnbrock, Prof. Dr. med. Thomas Lehrnbecher, Redaktion:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 03.07.2025 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e273018

Eine Langerhanszell-Histiozytose (LCH) verläuft zwar meist komplikationslos, aber bei bis zu 30–40 % der Patienten kommt es auch zu bleibenden Schäden in verschiedenen Organen. Betroffen sind vor allem die Knochen, endokrine Drüsen wie die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), das Gehirn und, seltener, Lunge und Leber. Einige der Probleme können schon vor beziehungsweise zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vorhanden sein, andere treten erst Jahre danach auf. Deshalb ist eine strukturierte Nachsorge der Patienten bis in das Erwachsenenalter hinein wichtig.

Zu den häufigsten Langzeitfolgen gehören Hormonausfälle, Hörschäden und orthopädische Probleme; wesentlich seltener sind dagegen Lungen- und Leberprobleme sowie Störungen des Gehirns (neurokognitive Probleme). Bei chronischen Organschäden sollten die jeweiligen Spezialisten kontaktiert werden.

Hormonausfälle durch Schädigung der Hypophyse

Je nachdem, in welchem Bereich die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) geschädigt ist (Hinterlappen oder Vorderlappen), kann es zu unterschiedlichen Arten von Hormonstörungen und Hormonausfällen kommen:

  • Hypophysenhinterlappen: Der bei der LCH mit circa 30 % am häufigsten beobachtete Hormonausfall des Hypophysenhinterlappens betrifft das so genannte Antidiuretische Hormon (ADH) und führt zum Diabetes insipidus. Es handelt sich dabei um eine Störung des Wasser-Elektrolyt-Haushalts durch übermäßiges Ausscheiden von Urin. Die Nieren sind in diesem Fall nicht in der Lage, den Urin zu konzentrieren und Wasser zurückzuhalten. Übermäßiger Durst und häufiges Wasserlassen können Hinweis darauf sein. Der Diabetes insipidus kann vor, während oder nach der LCH-Diagnosestellung entstehen und ist in der Regel irreversibel.
  • Hypophysenvorderlappen: Zu den (mit bis zu 10 % der Fälle) häufigen Hormonausfälle des Hypophysenvorderlappens zählt der Wachstumshormonmangel. Es kann jedoch auch zu einer verzögerten Pubertätsentwickung, selten auch zu einem Komplettausfall des Hypophysenvorderlappens kommen. In der Nachsorge sind daher regelmäßige Wachstums- und Gewichtskontrollen sowie eine Erhebung des Entwicklungsstatus (beziehungsweise Pubertätsstatus) von entscheidender Bedeutung für die Erkennung und rechtzeitige Behandlung der Ausfälle.

Schädigung der Knochen

Während Krankheitsherde im Bereich des Schädelknochens und der Röhrenknochen der Arme und Beine meist ohne Folgen heilen, kann es bei Wirbelkörperbefall zum Auftreten einer Skoliose und/oder Kyphose kommen. Um solchen Spätfolgen entgegenzuwirken, sollte, gemeinsam mit Orthopäden und Physiotherapeuten, die Notwendigkeit von Präventivmaßnahmen (zum Beispiel orthopädisches Korsett, Halskrause, Physiotherapie/Heilgymnastik zur Stärkung der Rückenmuskulatur) geprüft werden.

Schädigung von Ohren / Kiefer / Zahnfleisch

Bei Patienten, bei denen das Mittel- oder Innenohr und/oder das Schläfenbein beteiligt ist, sind regelmäßige Hörtests bis zur endgültigen Heilung der Erkrankung angezeigt. Die Früherkennung erlaubt den rechtzeitigen Einsatz von Hilfsmitteln (zum Beispiel Hörgeräte) und kann eine mögliche Verschlechterung des Befundes verhindern.

Patienten mit Befall des Kiefers und des Zahnfleisches müssen sorgfältig im Hinblick auf die Zahnentwicklung beobachtet werden. Die Mitbeurteilung durch einen Kieferorthopäden/Zahnarzt ist bei diesen Patienten sinnvoll.

Schädigung des Zentralnervensystems (Gehirn/Rückenmark)

Patienten mit einer Multisystem-LCH weisen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung neurologischer Spätschäden („neurodegenerative LCH“) auf. Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) können bei etwa 15 % der Patienten Befunde (bildgebende Zeichen) festgestellt werden, die auf eine neurodegenerative LCH hinweisen, meist in großem Abstand zur Behandlung. Die Ursache hierfür ist noch weitgehend ungeklärt. Zu betonen ist jedoch, dass nur etwa jeder vierte Patient, der anhand bildgebender Verfahren [siehe bildgebende Verfahren] die typischen Veränderungen einer neurodegenerativen LCH zeigt, im weiteren Verlauf auch klinische, das heißt, von außen wahrnehmbare, Symptome entwickelt.

Die Anzeichen der neurodegenerativen LCH beginnen meist langsam, können jedoch im Verlauf rasch zunehmen und bis hin zu einer spastischen Lähmung reichen [siehe spastische Lähmung]. Typische Symptome sind Gleichgewichtsstörungen, Artikulationsstörungen oder Konzentrationsschwierigkeiten (unter anderem mit der Folge von Lernschwierigkeiten). Um klinisch nicht oder schwer erkennbare (subklinische) Veränderungen frühzeitig zu erfassen, werden bei Patienten mit bildgebenden Zeichen einer neurodegenerativen LCH regelmäßige neurophysiologische und neuropsychologische Untersuchungen empfohlen [siehe Neurophysiologie, Neuropsychologie].

Literaturliste

  1. Ronckers CM, Spix C, Grabow D, Erdmann F: German Childhood Cancer Registry - Annual Report 2022 (1980-2021). Institute of Medical Biostatistics, Epidemiology and Informatics (IMBEI) at the University Medical Center of the Johannes Gutenberg University Mainz 2025 [URI: https://www.kinderkrebsregister.de/ fileadmin/ kliniken/ dkkr/ pdf/ jb/ jb2022/ JB_2022_final.pdf] RON2025
  2. Lehrnbecher T, Minkov M: Leitlinie 025/015 - Langerhanszell-Histiozytose (LCH) im Kindes- und Jugendalter. S1-Leitlinie (Handlungsempfehlung) der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin AWMF online 2023 [URI: https://register.awmf.org/ assets/ guidelines/ 025-015l_S1_Langerhanszell-Histiozytose-LCH-Kinder-Jugendliche_2023-05.pdf] LEH2023a
  3. Lehrnbecher T, Minkov M: Histiozytosen inkl. Langerhans-Zell-Histiozytose. In: Niemeyer C, Eggert A (Hrsg.): Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Springer-Verlag GmbH Deutschland, 2. vollständig überarbeitete Auflage 2018, 94 [ISBN: 978-3-662-43685-1] LEH2018a