Erbliche Veranlagung / genetische Faktoren

Autor:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 30.11.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e11385

Familiäre Veranlagung

Die ALL ist nicht im eigentlichen Sinne erblich. Allerdings hat man festgestellt, dass das Risiko für die Entstehung dieser Krebsart erhöht ist, wenn in der Familie schon häufiger bösartige Erkrankungen aufgetreten sind.

Geschwister eines leukämiekranken Kindes beispielsweise haben ein geringfügig erhöhtes Risiko (etwa 1,1fach), ebenfalls an einer Leukämie zu erkranken; ein deutlich erhöhtes Risiko besteht bei eineiigen Zwillingen: Bei unter 5 Jahre alten eineiigen Zwillingen ist das Risiko einer Leukämieerkrankung auch des anderen Zwillings so hoch (circa 25 %), dass in jedem Fall eine Blutuntersuchung, im Zweifel auch eine Knochenmarkuntersuchung beim nicht erkrankten Geschwister erfolgen sollte [HEN2004]. Es gibt Hinweise darauf, dass der gemeinsame Ursprung der Leukämie auf Chromosomenveränderungen zurückgeht, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Embryonalentwicklung stattfinden. Da allerdings nicht jedes Kind mit nachgewiesener chromosomaler Veränderung später eine Leukämie entwickelt, muss es nach der Geburt jedoch weitere Faktoren geben, die zu einer Leukämie beitragen [SCH2018] (siehe auch Abschnitt „Veränderte Chromosomen in den Leukämiezellen“).

Angeborene Vorerkrankungen

Kinder, die an bestimmten genetisch bedingten, angeborenen Erkrankungen leiden (zum Beispiel Down-Syndrom = Trisomie 21 oder Fanconi-Anämie), haben ein erhöhtes Risiko, an einer ALL zu erkranken [STA2018a]. Beim Down-Syndrom ist das Chromosom 21 dreimal statt zweimal vorhanden (daher auch die Bezeichnung Trisomie 21). Es tritt bei einem von 700 Neugeborenen auf und führt 14- bis 20-mal häufiger zu einer akuten Leukämie als dies bei gesunden Kindern der Fall ist. Das dritte Chromosom spielt dabei ohne Zweifel eine wesentliche Rolle bei der Leukämieentstehung [SHE1995] [ZWA2008].

Auch andere genetische Defekte – zum Beispiel die Neurofibromatose Typ 1 (NF1), das Bloom-Syndrom, Shwachman-Diamond-Syndrom, Louis-Bar-Syndrom und die Agammaglobulinämie – können mit einem erhöhten Leukämierisiko einhergehen. Da all diese Krankheitsbilder oder Syndrome mit einer Veranlagung für die Entwicklung von Krebserkrankungen einhergehen, werden sie auch als Krebsprädispositionssyndrome bezeichnet [RIP2017] [SCH2016].

Veränderte Chromosomen in den Leukämiezellen

Es hat sich gezeigt, dass Leukämiezellen häufig Veränderungen der Chromosomenstruktur (zum Beispiel fehlende oder falsch positionierte Chromosomenteile) aufweisen. Chromosomen sind die Träger des menschlichen Erbmaterials, die in einer ganz bestimmten Zahl in jeder Zelle vorliegen.

Ein Beispiel einer solchen Chromosomenveränderung bei ALL ist das so genannte Philadelphia-Chromosom. Es entsteht durch den Austausch von Genabschnitten zweier verschiedener Chromosomen (Translokation). Der daraus resultierende Gendefekt ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass aus einer gesunden Zelle eine Leukämiezelle wird [ESC2021] [PAN2002] [SCH2018].