Ursachen: Wie entsteht die angeborene Kugelzellenanämie?
Autor: Prof. Dr. med. Stefan Eber, Zuletzt geändert: 27.08.2025 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e285864
Inhaltsverzeichnis
Die angeborene Kugelzellenanämie ist eine Erbkrankheit. Sie ist nicht ansteckend und kann auch nicht im Laufe des Lebens erworben werden.
Erbkrankheiten wie die Kugelzellenanämie entstehen durch veränderte Erbanlagen (Gene), die vom Vater und von der Mutter auf ihre Kinder übertragen werden. Beinahe all unsere körperlichen Eigenschaften werden von den Eltern durch die Weitergabe von Genpaaren auf uns vererbt. So zum Beispiel auch die Eigenschaften der Erythrozytenwände.
Die Kugelzellenanämie wird durch Fehler (Mutationen) unterschiedlicher Gene verursacht, welche bestimmte Eiweiße wie "Ankyrin", "Bande 3" oder "Spektrin" produzieren, aus denen die Erythrozytenwand aufgebaut ist. Aufgrund dieser krankhaft veränderten Eiweiße besteht eine erhöhte Durchlässigkeit der Erythrozytenwände für Wasser und Salze, die nun leichter in sie hineinströmen können. Daraufhin entstehen aus den normalen Erythrozyten die sogenannten Kugelzellen, die von der Milz vermehrt abgebaut werden.
Die genetischen Veränderungen, die zur angeborenen Kugelzellenanämie führen, können auf folgende unterschiedliche Arten vererbt werden:
- autosomal-dominant
- nach Spontanmutationen
- autosomal-rezessiv.
Autosomal-dominante Kugelzellenanämie
Die meisten Kinder (etwa zwei Drittel) haben die Erkrankung über den "autosomal-dominanten" Weg geerbt. Es handelt sich hierbei um einem geschlechtsunabhängigen Vererbungsweg, bei dem es ausreicht, wenn das Kind das veränderte (mutierte) Gen von einem Elternteil erhält. Bei einem autosomal dominanten Erbgang beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass das Merkmal bzw. die Erkrankung bei den Nachkommen auftritt, bei jeder Schwangerschaft 50 %.
Spontanmutationen
Bei den Eltern mancher Kinder mit angeborener Kugelzellenanämie können keinerlei genetische Veränderungen, die typisch für eine Kugelzellenanämie sind, nachgewiesen werden. Bei diesen Kindern geht man davon aus, dass die Genveränderungen spontan aufgetreten sind, es also zu einer sogenannten "Spontan-" oder "Neumutation" gekommen ist. Bei der Kugelzellenanämie werden solche Spontanmutationen meist von den weiblichen Betroffenen an die nächste Generation weitervererbt. Warum und bei wem es zu solchen Spontanmutationen kommen kann, ist noch nicht vollständig geklärt.
Autosomal-rezessive Kugelzellenanämie und Erkrankungsträger
Bei etwa 15 % der Patienten findet sich ein sogenannter "autosomal-rezessiver" Erbgang. Dabei handelt es sich um einen geschlechtsunabhängigen Vererbungsweg, bei dem ein Merkmal oder eine Erkrankung nur dann vererbt wird, wenn beide Eltern das betroffene Gen an ihre Nachkommen weitergeben. Beide Eltern sind dabei sogenannte Anlageträger. Sie tragen zwar die Genveränderungen für die Kugelzellenanämie, jedoch in zu schwacher Ausprägung, um die Erkrankung bei sich selbst auszulösen beziehungsweise alleinig auf das Kind zu übertragen. Deshalb erkranken Anlageträger nicht. Bei einem autosomal rezessiven Erbgang beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung bei den Nachkommen auftritt, bei jeder Schwangerschaft 25 %.
Anmerkung: Patienten mit angeborener Kugelzellenanämie und den Trägern der Krankheit beziehungsweise, wenn die angeborene Kugelzellenanämie in der Familie schon vorgekommen ist, wird empfohlen, bei Kinderwunsch eine fachgebundene oder humangenetische Beratung wahrzunehmen. Dort kann man die Risiken bestimmen und besprechen, die sich für das Kind ergeben könnten und auch die Möglichkeiten, die zur Geburt eines gesunden Kindes führen.
