Erhöhtes Zweittumor-Risiko bei erblichem Retinoblastom und nach Strahlentherapie
Autor: Dipl.-Biol. Maria Yiallouros, Erstellt am 30.05.2011, Zuletzt geändert: 09.01.2012
https://kinderkrebsinfo.de/doi/e97571
Patienten mit einem erblichen Retinoblastom (also Trägern des Retinoblastomgens) haben, genetisch bedingt, ein deutlich erhöhtes Risiko, zu einem späteren Zeitpunkt eine zweite bösartige Krebserkrankung zu entwickeln. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn sie im Rahmen der Behandlung eine externe, also perkutane Strahlentherapie erhalten haben [IMH1997] [WON1997] [ENG1993]. Hierbei ist vor allem das Strahlenfeld betroffen. Eine zweite Krebserkrankung, die nicht identisch ist mit der ersten, wird als "sekundäre maligne Neoplasie" (SMN) bezeichnet [KAA2002a] [KLE2002] [KLE2002a]. In der Regel tritt eine Zweitkrebserkrankung erst viele Jahre nach der Behandlung auf. Dabei steigt die Häufigkeit des Auftretens von Zweitmalignomen mit dem Lebensalter.
Rückblickende Untersuchungen in den USA haben beispielsweise gezeigt, dass 50 Jahre nach der Diagnosestellung insgesamt etwa 26 % der nicht bestrahlten Patienten und 58 % der bestrahlten Patienten mit erblichem Retinoblastom eine Zweitkrebserkrankung erleiden – das entspricht einer Zweittumor-Rate von etwa 1 % pro Jahr [WON1997]. Meist handelt es sich dabei um Tumoren der Knochen (Osteosarkome), der Weichteile (Weichteilsarkome) und um Melanome (schwarzer Hautkrebs).
Die Krebs erregende Wirkung der Bestrahlung steigt mit zunehmender Strahlendosis. Bei bestrahlten Patienten treten zwei Drittel der Zweittumoren im bestrahlten Gewebe, ein Drittel außerhalb des Bestrahlungsfeldes auf [WON1997]. Das Risiko hängt vermutlich vom Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Bestrahlung ab: Es scheint bei Patienten über 12 Monaten geringer zu sein [MOL2001] [ABR1998].
Quellen und Referenzen 
[IMH1997]
Imhof SM, Moll AC, Hofman P, Mourits MP, Schipper J, Tan KE: Second primary tumours in hereditary- and nonhereditary retinoblastoma patients treated with megavoltage external beam irradiation. Documenta ophthalmologica. Advances in ophthalmology 1997, 93: 337 [PMID: 9665291]
[WON1997]
Wong FL, Boice JD Jr, Abramson DH, Tarone RE, Kleinerman RA, Stovall M, Goldman MB, Seddon JM, Tarbell N, Fraumeni JF Jr, Li FP: Cancer incidence after retinoblastoma. Radiation dose and sarcoma risk. JAMA : the journal of the American Medical Association 1997, 278: 1262 [PMID: 9333268]
[ENG1993]
Eng C, Li FP, Abramson DH, Ellsworth RM, Wong FL, Goldman MB, Seddon J, Tarbell N, Boice JD Jr: Mortality from second tumors among long-term survivors of retinoblastoma. Journal of the National Cancer Institute 1993, 85: 1121 [PMID: 8320741]
[KAA2002a]
Kaatsch P, Klein G, Schulz B, Spix C: Epidemiological data on secondary malignant neoplasms after childhood cancer in Germany [Abstract]. Med Ped Oncol 2002, 39: 254 [PMID: 12651207]
[KLE2002]
Klein G, Schulz B, Spix C, Kaatsch P: Risikoabschätzung für Sekundärmalignome nach Krebs im Kindesalter. Monatsschr Kinderheilkd 2002, 150 : 564 [DOI: 10.1007/s001120200002]
[KLE2002a]
Klein G, Schulz B, Spix C, Kaatsch P: Risikoabschätzung für sekundäre Malignome nach kindlicher Krebserkrankung – bevölkerungsbezogene Analysen des Deutschen Kinderkrebsregisters. Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Biologie 2002, 2: 109
[MOL2001]
Moll AC, Imhof SM, Schouten-Van Meeteren AY, Kuik DJ, Hofman P, Boers M: Second primary tumors in hereditary retinoblastoma: a register-based study, 1945-1997: is there an age effect on radiation-related risk? Ophthalmology 2001, 108: 1109 [PMID: 11382638]
[ABR1998]
Abramson DH, Frank CM: Second nonocular tumors in survivors of bilateral retinoblastoma: a possible age effect on radiation-related risk. Ophthalmology 1998, 105: 573-9; discussion 579 [PMID: 9544627]