Strahlentherapie

Autor:  Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 03.06.2021 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e11598

Bei Patienten mit einer akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) kann in bestimmten Fällen zusätzlich zur Chemotherapie auch eine Bestrahlung des Kopfes notwendig sein, um Leukämiezellen in den Hirnhäuten zu vernichten. Leukämiezellen, die sich im Zentralnervensystem (ZNS) angesiedelt haben, lassen sich durch eine Chemotherapie nicht immer in ausreichendem Maße bekämpfen. Durch die Strahlenbehandlung sollen die bösartigen Zellen sicher beseitigt werden, um zu verhindern, dass sie den Ausgangspunkt für einen Krankheitsrückfall bilden.

Welche Patienten erhalten eine Strahlentherapie?

Im Rahmen der heutigen Therapiepläne wird eine Strahlenbehandlung des Kopfes nur dann durchgeführt, wenn aufgrund eines sehr hohen Rückfallrisikos nicht darauf verzichtet werden kann und eine Zytostatikabehandlung des ZNS keine gleichwertige Alternative bietet.

Das gilt zum Beispiel für Patienten, bei denen bereits zum Zeitpunkt der Diagnose ein Befall des Zentralnervensystems nachweisbar ist: Sie erhalten immer eine Bestrahlungsbehandlung, sofern sie das erste Lebensjahr erreicht haben. (Kinder im ersten Lebensjahr sollten grundsätzlich keine Strahlentherapie erhalten.) Eine vorbeugende Strahlentherapie kann bei bestimmten Hochrisikopatienten sinnvoll sein, also bei Patienten, die ein überdurchschnittlich hohes Risiko für ein ZNS-Rezidiv haben. Dies kann beispielsweise Patienten mit einer T-ALL (etwa 10 % aller Patienten) betreffen oder Patienten, die schlecht auf eine Chemotherapie ansprechen.

Für alle anderen Patienten hat sich im Rahmen langjähriger Therapieoptimierungsstudien gezeigt, dass eine Kombination aus hoch dosierter systemischer Chemotherapie (insbesondere mit Hochdosis-Methotrexat) und häufigen Methotrexat-Gaben in das ZNS (intrathekale Chemotherapie) ebenso wirksam ist. Auf eine Strahlentherapie kann daher verzichtet werden [ESC2010] [MOE2010] [MOE2008] [PUI2009] [REI2000c] [SCH2011b] [SCH2018] [SCH2000e].

Patienten, die bestrahlt werden müssen, erhalten aber ebenfalls eine intensive systemische und intrathekale Zytostatikabehandlung, denn auf diese Weise können die Strahlendosis und somit auch strahlenbedingte Nebenwirkungen und Komplikationen gesenkt werden.

Wie wird die Strahlentherapie durchgeführt?

Die Strahlentherapie erfolgt mit energiereichen, elektromagnetischen Strahlen, die von außen durch die Haut auf die Region eingestrahlt werden. Die Strahlen verursachen Schäden im Erbgut der Zellen. Da Leukämiezellen ein weniger gut funktionierendes Reparatursystem haben als gesunde Zellen, können sie strahlenbedingte Schäden schlechter beheben, sie sterben ab.

Die eingesetzte Gesamt-Strahlendosis – sie wird in Gray- (kurz: Gy-)Einheiten gemessen – beträgt bei ALL-Patienten in der Regel 12 Gy, in Einzelfällen (bei diagnostiziertem ZNS-Befall, abhängig vom Alter) 18 Gy. Um das gesunde Gewebe in der Umgebung zu schonen, wird die Gesamtdosis nicht in einmaliger Behandlung verabreicht, sondern in kleinen Portionen von 1,5 Gy eingestrahlt, zum Beispiel über zwei bis drei Wochen täglich. Die Wochenenden bleiben bestrahlungsfrei.

Welche Nebenwirkungen hat die Strahlentherapie und welche Möglichkeiten zur Behandlung und Vorbeugung gibt es?

Die Strahlentherapie schädigt leider nicht nur die bösartigen Zellen. Trotz der sorgfältigen Therapieplanung und -durchführung wird zwangsläufig auch gesundes Gewebe, das sich in unmittelbarer Nähe der bestrahlten Region befindet, in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch kann es zu Nebenwirkungen kommen, die das Wohlbefinden des Patienten beeinträchtigen. Einige Nebenwirkungen sind akut, aber vorübergehend:

  • Dazu gehören zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwellungen im Bereich der Bestrahlung, Hautrötungen bis hin zu sonnenbrandähnlichen Hautveränderungen, Entzündungen der Mundschleimhaut und Haarausfall.
  • Eine Bestrahlung kann, wie die Chemotherapie, zu einer Verminderung von weißen Blutzellen und Blutplättchen und somit zu einer erhöhten Infektionsgefahr und erhöhtem Blutungsrisiko führen.
  • Bei manchen Patienten verursachen Kopfbestrahlungen Müdigkeit und ein erhöhtes Schlafbedürfnis; sie können bis zu mehreren Wochen nach Abschluss der Therapie andauern.
  • Auch Fieber, Appetitlosigkeit, Schwindelgefühl und Sehstörungen kommen vor.

Gut zu wissen: Um den Nebenwirkungen der Strahlentherapie vorzubeugen oder diese zu behandeln, erfolgen, wie bei der Chemotherapie, unterstützende Behandlungsmaßnahmen. Auch der Patient selbst beziehungsweise seine Angehörigen können zur Linderung strahlenbedingter Folgeerscheinungen beitragen. Tipps hierzu finden Sie in unserem Text "Empfehlungen für zu Hause". Individuelle Empfehlungen erhalten Sie von Ihrem Behandlungsteam.

Eine Strahlenbehandlung kann, abgesehen von Therapie begleitenden Nebenwirkungen, auch mit Spätfolgen verbunden sein; sie treten zum Teil erst Jahre nach der Therapie auf. Informationen dazu finden Sie im Kapitel "Spätfolgen".